Die rollende Konservendose |
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Sie ist für die Franzosen, und nicht nur für sie, zum gleichen Symbol geworden wie für die Deutschen der VW „Käfer“. Offiziell von Citroen auf dem Pariser Salon 1948 als 2 CV präsentiert, löste das ungewöhnliche spartanische Vehikel auf Anhieb eine Sympathiewelle aus. Am Anfang war die Idee, ein Fahrzeug auf die Räder zu stellen, das als eine Art „Sofa unter dem Regenschirm“ ,das absolute Minimum eines Automobils verkörpern und für jedermann erschwinglich sein sollte. Und der, der diese Idee hatte, Pierre-Jule Boulanger, damaliger Citroen-Generaldirektor, wollte sie auch realisieren. Im Herbst 1935 ließ er den Leiter seines Konstruktionsbüros einen Wagen entwerfen, der zwei Personen und einen Zentner Kartoffeln mit einer Geschwindigkeit von 60 km/h transportieren, nicht mehr als drei Liter Kraftstoff verbrauchen, auch auf schlechten Straßen zurecht kommen, von Anfängern gefahren werden und ein vernünftiges Maß an Komfort bieten sollte. Mit einem Wort: das Miniauto. Das Debut war für den September 1939 geplant. 250 Prototypen waren im Werk Paris- Levallois zu diesem Zeitpunkt produziert. Unter der weitgehend aus Aluminiumblechen konstruierten Karosserie werkelte ein vorn längs eingebauter wassergekühlter Zweizylinder-Boxer mit 372 ccm und 7 PS, der die Vorderräder antrieb und die knapp 500 kg auf eine Spitzengeschwindigkeit von 50 km/h brachte. Den Plan, die Öffentlichkeit mit diesem revolutionär einfachen einäugigen Vehikel zu überraschen, verhinderte der Beginn des Krieges. Boulanger ließ fast alle. Nur eine knappe Handvoll wurde als Basis für eine eventuelle spätere Weiterentwicklung versteckt. Den ersten Schritt dieser Weiterentwicklung tat Citroen dann in der Tat auch drei Jahre nach Kriegsende in Paris. Der jetzt luftgekühlte Zweizylinder-Boxer hatte bei unverändertem Hubraum 9 PS und war in eine Stahlkarosserie mit textilem Rolldach verpackt.. Spötter redeten prompt von einer rollenden Konservendose und mit der Frage, ob ein Dosenöffner zum Serienumfang gehöre. Die Deutschen – sie hatten ja inzwischen den „Käfer“ aus Wolfsburg – fanden auch für den französischen Volkswagen einen Begriff aus der Zoologie und nannten ihn eher liebevoll als abwertend das „hässliche Entlein“. Dessen Väter aber ließen sich von allen Spötteleien nicht beirren und den 2 CV unbeirrt weiter vom Band auf die Straßen dieser Welt laufen. Dabei konnte die Produktion der Nachfrage kaum folgen, so dass es zu Wartezeiten von bis zu sechs Jahren kam. Technisch watschelte die Ente aber auch nicht hinter der Entwicklung her. Die Moto-risierung erreichte im 2CV „007“ 1981 mit dem einzigen Vierzylinder und 65 PS bei 1299 ccm ihren Höhepunkt. Neben den Serien-Enten wurden auch besondere „Eier“ ausgebrütet. So der Sahara von 1958 (später als 2CV 4x4 deklariert) mit zwei 425-ccm-12,5-PS-Boxern (vorn und hinten montiert), der ein technisches Meisterwerk des Allradantriebs war. Für den Antrieb der Hinterachse wurde der komplette Vorderradantrieb einfach um 180 Grad gedreht auch hinten eingebaut. Besonders für kleine Handwerksbetriebe erwies sich die „Kastenente“ als äußerst praktisches Nutzgefährt. Und dann war da noch der Méhari, ein spartanischer Oben-ohne-Luftikus mit Kunststoffkarosserie, angetrieben von einem 602-ccm-28-PS-Zweizylinder und 105 km/h flott. Was im Laufe der Jahre an schier unglaublichen Histörchen und Anekdötchen über diese mit nichts zu vergleichende Familien- und vor allem Studentenkutsche gesammelt wurde, war zugleich die beste Werbung für seine Robustheit und Zuverlässigkeit. Am wenigsten spektakulär war da noch das Kompliment (und dazu bedurfte es keines „Elch-Tests!“), dass es unmöglich sei, eine Ente umzukippen (während der Fahrt, wohlweislich). Das kurioseste Beispiel in der ellenlangen Geschichte von „Entlein“-Geschichten dürfte das Erlebnis zweier Globetrotter gewesen sein, die –so man ihnen glauben will - nach Verlust der Ablass-Schraube mit trockener Ölwanne in der bolivianischen Atacama-Wüste stehen blieben und Hilfe von einem Einheimischen fanden, der das Kurbelgehäuse des Vehikels aus dem fernen Frankreich mit Bananen vollstopfte und die Ente damit wieder flügge machte. Von Rekorden soll hier gar nicht erst die Rede sein. Einer aber muss erwähnte werden. Den Dauerrekord der „Enten“-Kutscher hält der Bremerhavener Manfred Müller, der zwanzig Jahre lang mit seinem 2CV um die Welt zuckelte und dabei 370 000 Kilometer zu- rückgelegt hat. Filmstars haben das in seiner Art unerreichte pfiffige Vehikel aus Frankreich zu ihrem Lieblingsgefährt erkoren. Filmstar ist die Ente auch selbst geworden, ob in „American Graffiti“ oder in „Les Amants“ von Louis Malle. In der Serie „Les Gendarmes de Saint-Tropez“ mit Louis de Funès hat der „Döschwo“ ganz Frankreich zum Lachen gebracht. Ein Franzose hat es selbst auf den Punkt gebracht. Zitat Jacques Wolgensinger, ehemaliger Pressechef von Citroen: „Alles was paradox ist, ist interessant.“ Weil es so paradox ist, das hässliche Entleint, ist es auch so interessant. Weil es so hässlich ist, ist es schon wieder schön. Und weil es nicht nur ein Auto ist, sondern eine automobile Weltanschauung, ist es auch zur Legende geworden. |
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Schäffler, Manfred E. Friedrich |