Alles Mini – oder was?
Der Insel-Zwerg mit den „Dackelbeinen“ wird 50

- Manfred E. Friedrich -

 

Schuld an allem war die Suez-Krise mit ihren Folgen: Das Benzin wurde (nicht nur) in England rationiert. Es schlug die große Stunde der auf der Insel „Bubble Cars“, hierzulande weniger poetisch einfach Kleinstwagen genannten Automobile. Diese wurden ausschließlich auf dem Festland, in erster Linie in Deutschland gebaut und aus Deutschland auch ins Royal Kingdom verschifft.


Das aber wurmte Sir Leonard Lord (Lord Lambury), den Chef der aus der Fusion von Austin und Morris entstandenen British Motor Company (BMC). Und er beauftragte BMC´s Chefdesigner Alexander Issigonis, Sproß einer im Ersten Weltkrieg eingewanderten griechisch-deutschen Familie, mit der Erfin- dung einer “Gegenwaffe“. Klein sollte das Auto sein. Noch kleiner als die damaligen BMC-Winzlinge Austin 35 und Morris Minor. Aber ein Viersitzer mit viel Platz. Und einen bereits im BMC-Programm vorhandenen Motor sollte es haben.


Issigonis, der als „Vater“ des Minor schon Erfahrung auf diesem Sektor hatte, entwickelte dieses Auto. Der ursprünglich „angedachte“ Plan eines luftgekühlten Zweizylinders erledigte sich angesichts der Entwicklungskosten inklusive der Errichtung einer Produktionsstätte von selbst. Zudem gab es ja, gemäß der Vorgabe Seiner Lordschaft, bereits ein passendes Aggregat aus eigenen Beständen – den 1952 von William Appleby für den Austin A entwickelten wassergekühlten 25- PS-Motor.


Im Mai 1959 begann die Produktion. Und was dann in einer europaweiten Vorstellung am 26. August jenes Jahres der staunenden Autowelt präsentiert wurde, revolutionierte den Automarkt in England von Grund auf. Genau genommen wa- ren es zwei verschiedene Typen, mit denen man den beiden Stammhäusern Austin und Morris gerecht werden wollte.. Es gab einen Austin Se7en (sic) und einen Morris-Mini-Minor. Wobei niemand ahnen konnte, dass ein Teil dieses Namens bald zum Synonym für Fahrzeuge dieser Größenordnung werden sollte.


Äußerlich unterschieden sich die beiden Modelle lediglich durch das Firmenemblem (heute „Logo“ genannt), den Kühlergrill und die Farben, Den Austin gab es in Farinagrau, Speedwellblau“ und Tartanrot, den Morris in Altenglischweiß, Clipperblau und Kirschrot. Das Herz hatten die Zwillinge gemeinsam, einen Vierzylinder mit 848 ccm Hubraum, der bei 5500 U/min mit einer Leistung von 35 PS aufwartete, also exakt zehn „Pferde“ mehr als in Appleby`s Motor.


Der Mini – bleiben wir bei diesem Namen – wartete mit für seine Zeit fast sensationellen technischen Details auf. Rundum Einzelradaufhängung mit progressiver Gummifederung war alles andere als Standard. Issigonis setzte auf den Frontantrieb, bei dem für ihn der DKW aus Vorkriegszeiten als Vorbild galt. Überrascht war das Publikum vor allem vom für einen Kleinwagen ungewöhnlich großzügig bemessenen Platzangebot. Diesen von Sir Leonard Lord gestellten Teil seiner Aufgabe hatte Issigonis auf seine Weise mit „von innen nach außen konstruiert“ gelöst, durch eine ideale Kombination von vorn quer eingebautem Motor mit der Getriebeeinheit. Ein Radstand von 2050 Millimetern trug ebenfalls dazu bei, dass achtzig Prozent der Gesamtlänge von 3,05 Metern für Insassenkabine und Gepäckraum zur Verfügung standen – ein bis dahin nie bei einem Pkw erreichtes Maß!


Ein Senkrechtstarter war er nicht gerade, das doppelte Lottchen von Austin und Morris. Knapp 20 000 Wagen wurden in den ersten acht Monaten 19595 gebaut. Aber im ersten vollen Produktionsjahr 1960 standen 100 000 Einheiten bereits dafür, dass dem Kleinen eine große Zukunft bevorstand. Sie ist im Stammbuch mit mehr als fünfeinhalb Millionen „Nachkommen“ dokumentiert.


Auch in den Geschichtsbüchern des Motorsports hat der kleine Tommy seine Spuren hinterlassen. Seit 1961 als Mini Cooper definiert, gewann er dreimal (1964, 1965 und 1967) die Rallye Monte Carlo mit so renommierten Piloten wie den „fliegenden Finnen“ Timo Makkinen und Rauno Aaltonen. Die ungewöhnlichste Piste, die ein Mini je unter den Rädern hatte, aber dürften die Dächer des Parkdecks des Deutzer Messegeländes gewesen sein, als im Herbst 1996 Motorjournalisten hier ihre Runden mit dem neuen Mini-Cooper drehten. Da dürften selbst die nur wenige hundert Meter entfernten Türme des ehrwürdigen Kölner Doms ihren Augen nicht getraut haben...


Der kleine Insulaner ist auch technisch mit der Zeit gegangen. Hat dabei aber bei allen so genannten Faceliftings nie sein Gesicht verloren und ist immer das geblieben, was er von Anfang an war –,eben der Mini. Das änderte sich auch nicht im Wechselspiel der Firmen, unter deren Flagge er segelte, von den Wurzeln bei BMC über de Tomaso bis zu British Leyland - und heute BMW.


Es hat ihn in Sonderversionen mit so klangvollen Namen (alle natürlich immer mit dem Vornamen „Mini“) wie Sprite, Chelsea, Ritz, Park Lane und Jet Black gegeben. Und natürlich hat der Volksmund auch für ihn ebenso wie für den VW Käfer und die Citroen Ente liebevolle Beinamen gefunden. Vom„Dackelauto“ (wegen der kleinen, etwas schrägstehenden Räder, für die übrigens Dunlop die speziellen Reifen entwickelte) bis zu einer Anleihe bei Karl May, nämlich „Minitu“.


Im Mai dieses Jahres feiert er nun seinen „Fünfzigsten“. Als ein Beispiel mehr, dass auch Autos zu lebenden Legenden werden können. Ob es den Mini ohne die Suez- Krise gegeben hätte? Wer weiß....





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Textzusammenstellung: © Ermasch - Presse - Service, Friedrich
Fotos: © EPS-Schäffler, Friedrich
Quelle: Manfred E. Friedrich

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