Wer nie sein Brot mit Tränen aß...

- Manfred E. Friedrich -

Am Anfang waren das Benzin für den von Nikolaus Otto entwickelten Verbrennungsmotor und das „Lebenselixier“ für das von Rudolf Diesel konstruierte und nach ihm benannte Aggregat. Beide Kraftstoffarten beherrschen nach wie vor unangefochten den Markt. Unter dem Zwang von Umweltschutz und Energieeinsparung ist zugleich aber die Suche nach neuen Antriebsarten und alternativen Kraftstoffen zu einem hochaktuellen Thema geworden. Elektroauto, Hybrid oder Autogas rücken immer mehr in den Mittelpunkt der Innovationen. Auf eine Antriebsart allerdings, die im Zweiten Weltkrieg und der ersten Zeit danach „in Mode“ war, dürfte wohl kaum jemals wieder zurückgegriffen werden – den Holzgas-Generator.

Die junge Autofahrergeneration wird nur noch vom Hörensagen wissen, dass es in jenen Tagen einmal mit unförmigen „Kochkesseln“ bestückte und mit Holzgas statt mit Benzin oder Diesel betriebene Autos gab. Erfun- den hatte dieses System bereits in den 20er Jahren der gebürtige Lothringer George Imbert. Nur interessierte sich niemand dafür, weder die Autofahrer und noch weniger die Industrie. Benzin und Diesel waren genug vorhanden. Bis dann im „Tausendjährigen Reich“ die Räder für den Sieg rollen mussten, der bekanntlich nicht stattfand. Benzin wurde von der Wehrmacht gebraucht, vom Kübelwagen bis zum Panzer und für Flugzeuge.

Damit aber in der Heimat nicht alles zum Stillstand kam, entsann man sich Des Holzgas-Generator-Systems und entdeckte dabei zugleich eine bis da- hin unbekannte „Tankstelle“ – den deutschen Wald. Wieviel Wald für den Betrieb der rund 500000 gebauten Holzgas-Generatoren abgeholzt wurde, ist nie ermittelt worden. Der Begriff Umwelt war ohnehin kein Thema. Wer heute mit seinem fahrbaren Untersatz an eine Zapfsäule rollt, tankt Benzin oder Diesel. Gemessen in Litern. In der Holzgas-Ära wurde nicht getankt, sondern gefasst, eben Kleinholz. Und die Treibstoffsorten hießen nicht Benzin oder Diesel, sondern Buche, Birke, Erle, Kiefer oder Tanne. Mit oder ohne Rinde, pur oder untereinander gemischt, manchmal auch mit Zusatz von Sägespänen.

Wenn wir heute mit einer Tankfüllung Benzin oder Dieselkraftstoff Entfernungen von mehr als 800 Kilometern zurücklegen können, sah das beim Holzgasgenerator anders aus. Je nach Typ fassten die außen an den Fahrzeugen montierten unförmigen Kessel bis zu 150 Kilo Kleinholz, was bei Lkw und Omnibussen für Entfernungen um die 150 Kilometern, bei Pkw auch etwas weiter reichte. Wer längere Strecken hatte man zum „Nachtanken“ einen Sack mit Holzwürfeln an Bord. Ganz geschickte Fahrer bauten sich auch “Reservetanks“ aufs Dach.

Das Prinzip war bei allen gleich. Gestartet wurde nicht einfach mit dem Herumdrehen des Zündschlüssels. Das Holz wurde als fester Bennstoff in einem geschlossenen Kessel angezündet und brannte unter Zufuhr geringer Luftmengen unter dem dadurch entstehenden Luftmangel langsam vor sich hin. Die dadurch im Rauch entstandenen noch brennfähigen Gase gaben Kraft an den Motor ab. Im günstigsten Fall bildete sich bereits nach zwei bis drei, meistens aber erst nach mehr als fünf Minuten brennbares Gas, mit dem der Motor endlich in Gang gesetzt werden konnte.

Ganz ohne Wartung ging es natürlich auch bei den Holzvergasern nicht. Die Filter mussten regelmäßig gereinigt werden, eine Prozedur, bei der der Fahrer anschließend oft wie ein Schornsteinfeger aussah. Kein Wunder, dass es damals ein geflügeltes Wort unter den Holzgas-Piloten gab, das für sich sprach: „Wer nie sein Brot mit Tränen aß, der fahre Generatorgas“.

Auch als die Räder dann nicht mehr für den ausgebliebenen Sieg rollten, war die Ära der Holzvergaser noch nicht ganz vorbei. Die ersten Transportaufgaben der Nachkriegszeit wurden noch mit solchen Lkw bewältigt. Mit dem Wirtschaftswunder, das Entscheidend vom Automobil mitgeprägt wurde, verschwanden die „Holzkocher“ von unseren Straßen und sind heute nur noch in Museen zu bestaunen.





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Text: © Ermasch - Presse - Service, Schäffler, Manfred E. Friedrich
Fotos: © EPS-Schäffler, Werkfoto Ford
Quelle: Archiv Friedrich

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