Aufmarsch der Gladiatoren

Die Essen Motor Show als Mekka automobiler Höhepunkte

Motorshow Essen 2006

Sie ist eine besondere Messe, diese Motor Show, ohne Zweifel. Keine andere Veranstaltung in der Welt rund um das Auto und Motorrad ist derart vielseitig. Und was die Besucherzahlen betrifft, so kommt keine andere PKW Messe in Deutschland an diese Größenordnung heran.

Satte 400 Tausend werden in zehn Tagen durch 18 Hallen defilieren und ihre Augen und Gedanken in die Wirklichkeit gewordenen fahrbaren Pracht- und Prunkstücke versenken, von denen einige unbezahlbar sind und nie im "ordinären" Straßenverkehr anzutreffen sind.

Die anderen buhlen um die Gunst jener Zeitgenossen, denen das Auto oder Motorrad der Lebensinhalt schlechthin ist, sei es aus Spaß am Fahren, sei es aus Technikverliebtheit oder einfach aus dem Antrieb heraus sein Fahrzeug so zu verändern, dass es weithin sichtbar aus der Masse der Se-rienmodelle heraussticht. Und das ist wörtlich zu nehmen. Kaum ein anderes durch Menschenhand geschaffenes Produkt unterliegt intensiveren Umformungs- und Umgestaltungsvorgängen wie das Automobil und Motorrad.

Eine ganze Industrie hat sich nachhaltig auf die besonderen Bedürfnisse der Auto- und Motorradversessenen eingestellt und liefert im wahrsten Sinne des Wortes alles, was das automobile Herz des Bastlers und Tüftlers begehrt. Werkstätten, auf Tuning spezialisiert, verwandeln praktisch jedes Serienmodell in ein hochkarätiges Unikat, nach dem sich auf Straßen und Parkplätzen die Menschen umschauen. Es ist halt alles eine Frage der Finanzen. Das weiß auch die Automobil- und Zubehörindustrie, die von Ein-Euro Artikeln bis hin zum nach oben offen Preis Fahrzeuge und Ausstattung anbietet, dass dem staunenden Besucher die Ohren klingeln.

Rund 570 Aussteller aus 20 Ländern halten auf der Essen Motor Show Fahrzeuge und Zubehör in allen Preisklassen und Ausführungen bereit. Da werden "antike" und "edle" Karossen ausgestellt, die niemals mehr über deutsche Asphaltpisten donnern werden. Andere hingegen stehen schon in den Startlöchern und lassen die neugierige Schar der PS Dompteure hinter schwarzen Tüchern tüchtig zappeln.

Dazu gehört zweifellos der Materia von Daihatsu, der auf der Essen Motor Show seine Deutschland Premiere feiert. Gerade mal 3,8 Meter lang ist dieser markante Knubbel mit dem bulligen Gesicht. Viel Platz auf wenig Raum, dazu fünf Türen und die allseits bekannte üppige Ausstattung der japanischen Autos, die oftmals ohne Zusatzkosten mehr zu bieten haben als ihre gleichwertigen deutschen Mitbewerber. Bei 1,5 Liter Hubraum bringt der "Kleine" satte 105 PS auf die Straße. Ab Februar 2007 dürfte das Straßenbild in Deutschland um eine Aufmerksamkeit reicher sein.

Oldtimer, die Herzstücke einer jeden Essen Motor Show, haben auch nach Jahrzehnten nichts von ihrer Faszination und Ausstrahlung verloren, sie sind das lebendig gebliebene Relikt aus einer Zeit, die als "Belle Epoque" in die Geschichte unseres Planeten einging. Keine andere Zeit davor und danach brachte eine derartige Vielfalt exklusiver und virtuoser Motorfahrzeuge hervor.

Der Geist dieser Epoche weht alljährlich durch die Essener Messehallen und verzaubert bei aller Technikverliebtheit auch die jungen Heißsporne, die staunend und teilweise sprachlos vor den Limousinen, Sportwagen und Boliden ihrer Großväter und einer längst vergangenen Zeit stehen und den Veteranen der automobilen Freiheit Respekt zollen. Zu diesen Vertretern gehört der Edelklassiker schlechthin, der IF – Isotta Fraschini 8A SS Castagna Torpedo Spport 1930. Dieses Fahrzeug muss man sehen und auf sich wirken lassen wie eine Medizin, wie eine mystische Erscheinung, eine Offenbarung. Hier wurde der Automobilbau in Schönheit und Perfektion unerreichbar auf die Spitze gestellt. Lassen Sie sich vom Anblick, von der Ausstrahlung und Eleganz des IF verzaubern.

Doch nicht nur Oldtimer und PS starke Formelfahrzeuge ziehen in den Messehallen die Bewunderung der Besucher auf sich, auch die Serienfahrzeuge fühlen sich als das Objekt der Begierde. Allseits bekannte Namen sind auf riesenhaften Plakaten und Leuchtreklamen zu lesen. Was den Fahrzeugherstellern recht ist, das ist den Reifen- und Felgenherstellern und all den anderen längst billig.

Verkauft wird was erlaubt ist, mag es in den Augen der Normalsterblichen auch noch so bizarr sein. Deshalb hält die Messe Essen eine ganz besondere Halle für die Freunde der ganz besonders außergewöhnlichen Fahrzeuge bereit, die sowohl von der Motorisierung als auch vom Design einfach umwerfend sind.

Ich nenne sie der Einfachheit halber "Freakshow", denn das – was dort gezeigt wird, sprengt den Rahmen des technisch Bekannten zum einen und den des Designs zum anderen schon lange.

Wenn Sie glauben schon alles gesehen zu haben was sich im Segment Automobil und Motorrad bewegt, dann sollten Sie sich die Unikate dieser Show einmal genau ansehen. Ich bin sicher, dass Sie Ihr Weltbild vom fahrbaren Untersatz nachhaltig revidieren müssen. Mit einem Paukenschlag in Gestalt des Peugeot Moovie, einer transparenten Glaskugel, meldet sich der französische Automobilhersteller in Essen zu Wort. Mit großem Erfolg, denn das vorgestellte Fahrzeug erregte mehr als nur staunendes Interesse, obwohl der Einfallsreichtum der Besucher in Sachen Wortwahl immer wieder beein-druckt – "Käseglocke" oder "Gewächshaus". Wie dem auch sei, das Fahrzeug ging aus einem Modellwettbewerb der Firma Peugeot hervor – entwerfen sie ihren Traum-Peugeot von Morgen. Gesagt getan, hier ist er. Die beiden Schwenktüren haben zwei Funktionen; zum einem die Insassen aus- und einsteigen zu lassen, zum anderen das Fahrzeug fortzubewegen. Einfach genial.

Seinen Traum in Orange und Gold verwirklichte sich der US-Amerikaner Amor Barut. Er funktionierte einen VW Jetta Baujahr 1988 in einen Lowrider um, der keine Wünsche offen lässt. Aus vier Einzeltüren wurden zwei Schwenktüren, die sich nach oben öffnen. Die Motorhaube wird seitlich aufgestellt, und im Inneren wurde alles auf den Kopf gedreht. Nichts ist mehr wie es war. Ledersitze, Rechtslenkung, TV-Geräte in den Kopfstützen, zusätzliche Pumpen im Kofferraum für den Motor, und der Motor selbst wurde in ein technisch-ästhetisches Kunstwerk verwandelt. Das Fahrzeug mit dem Namen "The Passion" gewann in Las Vegas den Preis für europäische Fahrzeuge.

Kunst und Technik – zwei Gegensätze, wie sie unterschiedlicher nicht sein können, so glauben viele Zeitgenossen. Doch tatsächlich ist das Gegenteil der Fall. Ohne die Technik würde es die meisten Kunstwerke überhaupt nicht geben. Das dachte sich auch die Hochschullehrerin Rebecca Bass, als sie ihren "Atomic Doc" kreierte. Entstanden ist das virtuose Fabeltier unter der Mithilfe von 19 Schülern ihrer Klasse. Atomic Doc erinnert an einen Hit des afro-amerikanischen Sängers George Clinton, u.a. Mitglied der Gruppe Funkadelic. Dieses Fahrzeug wurde bereits auf der Art Car Parade in Houston/Texas/USA vorgeführt.

Eine Granate der anderen Art stellt der "Erlkönig" dar, ein Monster aus Antrieb, Stahl und Reifen, das nur noch entfernt an einen Traktor erinnert. Der Deutsche Matthias Vogelsang startet mit diesem 6000 PS Ungeheuer bei der Deutschen Meisterschaft und tritt auch zur Europameisterschaft an. Diese Kolosse starten in den Klassen 3,5 und 4,5 Tonnen, wobei ein Bremswagen über die Distanz von 100 Metern zu ziehen ist. Wer die weiteste Strecke oder sogar Hundert Meter schafft, der hat gewonnen. Das Unangenehme an der Sache; der Bremswagen wird über die Distanz immer schwerer.

Aufgepasst Autofahrer – denn sollten Sie diesem Fahrzeug einmal begegnen, so suchen Sie umgehend den nächsten Parkplatz auf oder fahren sofort rechts ran und bringen sich in Sicherheit. Was hier auf Sie zukommt ist ein ziviles Cockpit auf einem 12 Tonnen Panzerfahrgestell mit dem Namen Armourgeddon. Angetrieben von einem gigantischen Chevrolet Motor mit 7,4 Litern Hubraum, der die Turboaufladung besorgt. Also Freunde, nicht den Helden spielen und sich auf keinen Fall mit diesem Untier anlegen.

Flach, flacher am Flundersten – so kann man das Flach Mobil des Briten Andy Saunders getrost bezeichnen, denn mit 54,3 Zentimeter ist es das derzeit flachste und fahrbereite Automobil der Welt, das seinen Schöpfer sicher und zuverlässig dahin chauffiert, wo es der Meister gerne möchte. Der Eintrag ins Guinness Buch der Rekorde ist damit sicher.

Erdgas heißt das Zauberwort – ein Ausweg aus der zunehmend größer werdenden Erdölabhängigkeit. Vielleicht, jedenfalls haben sich die Grazer Autobauer der Firma Steyr einiges einfallen lassen, um diesem Anspruch gerecht zu werden. Bei diesem Fahrzeug handelt es sich um einen einsitzigen Sportwagen mit Mittelmotor (Motor vor der Hinterachse), der aus 4 Zylindern bei 1,6 Litern Hubraum saftige 150 PS zaubert. Der Flitzer fährt mit Erdgas und wiegt 850 Kilo. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei rund 200 Km/h. Die "Orange" nennt sich offiziell Magna Steyr Mila. Das Dach ist aus Plexiglas und nach vorne aufklappbar.

Der Tod fährt mit, jedenfalls bei diesem Motorrad, einer Schöpfung des US-Amerikaners John A. Holt. Der Scheinwerfer ist in den Schädel des stählernen Gevatters integriert. Erschrecken Sie nicht zu Tode, wenn Sie den Sensenmann auf sich zukommen sehen, es ist nur das Motorrad eines spleenigen Amis. Das Fahrgestell ist in Form eines Skelettes gestylt und wird angetrieben von einem 2,3 Liter Fordmotor. Der Wert dieses bizarren Gerätes wird auf 40 Tausend Dollar beziffert.

Zu diesem Fahrzeug ist eigentlich nicht viel zu sagen, außer dass es sich auf zwei Rädern bewegt und 1200 PS auf die Straße bringt. Wer mit diesem Teil auf die Piste geht sollte mehr als nur einen Schutzengel im Gepäck haben.

Ein 8,1 Liter Mopar Motor sorgt für den nötigen Antritt um den Fahrer an der "Schallmauer" schnuppern zu lassen. Je nach Treibstoff und Aufladung entwickelt die Maschine zwischen 900 und 1200 PS. Na dann – viel Fahrspaß.

Übrigens, diesmal ist ein Brite, nämlich Nick Argyle der Erfinder und Erbauer dieses Ungetüms.

Abschließend noch ein paar ganz "irdische und normale" Fahrzeuge des Motorsports aus Grovaters Zeiten, als die "gute alte Zeit" noch das war was sie sein wollte – eine Zeit der Besinnung und Lebensfreude. Schauen Sie sich die freundlichen Gesichter dieser Boliden an, die vor mehr als siebzig Jahren das Licht der Motorwelt erblickten und Automobil- und Renngeschichte schrieben.

Der Mercedes Benz W 25 von 1934 gehört ohne Zweifel in diese Kategorie, der Hall of Fame des Automobilrennsports. Aus acht Zylindern mit 3,7 Liter Hubraum schöpfte der Fahrer 400 PS, die das nur 750 Kilo schwere Fahrzeug wie einen Pfeil über die Piste des Nürburgrings sausen ließen. Hier gab der W 25 seinen Einstand.

Nicht minder berühmt der Auto Union C aus dem Jahre 1936. Mit ihm fuhr der legendäre Bernd Rosemeyer von Sieg zu Sieg bis zu jenem tragischen Tag, wo er bei einer Weltrekordversuchsfahrt ums Leben kam. Das ausgestellte Modell ist ein Nachbau, denn alle in Zwickau verblie-benen Rennwagen der Auto Union sind nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges als Reparationsleistungen an die Sowjetunion abgeliefert worden.

Nach Jahren der Abstinenz ist eine deutsche Automobilmarke wieder in der Oberliga des Motorsports präsent, die maßgeblich an der Entwicklung des Automobilrennsports in Deutschland und weltweit beteiligt war – Mercedes Benz mit ihrem Silberpfeil.

Berühmte Rennfahrer holten sich auf den Silberpfeilen zahlreiche Grand Prix Siege und den Weltmeistertitel.

Die Essen Motor Show – ein Muss für jeden Autofreund und für all jene, die sich ihr Herz für die freundlich blickenden Oldtimer bewahrt haben.

Information:

www.essen-motorshow.de


Für Sie entdeckt und zusammengestellt durch EPS-Schäffler / Körner / DIHT Verlag Günter Plump

Text: © Ermasch - Presse - Service, Schäffler / Hans Joachim Rech
Fotos: © EPS-Schäffler / Hans Joachim Rech
Quelle: Essener Motorschow 2006

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Layout und Gestaltung: Andreas Schefisch 30.06.2010