„Eine gut gebratene Gans ist eine gute Gabe Gottes“ |
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So oder ähnlich formulierte der Volksmund schon zu Ur-Großmutters Zeiten seine besondere Wertschätzung, wenn es ihm nicht um die Wurscht sondern um die Gans ging. Das schnatternde Federvieh gehörte zur ländlich-bäuerlichen Lebensweise wie die Kirche zum Dorf. Eine Landwirtschaft ohne Gänse war schlichtweg unvorstellbar. Oftmals wurden die Tiere in Herden zusammen gefasst und von einer Magd – der „Gänseliesel“ – auf den örtlichen Anger (Weidewiese) mit Bachlauf geführt und dort gehütet. Doch beschränkte sich die Haltung der Watschelvögel im Laufe der Jahrhunderte nicht mehr allein auf Bauernhöfe und ländliche Regionen. In kleineren und größeren Städten – ja selbst in den Metropolen der Welt - wurden und werden Hausgänse wie selbstverständlich gehalten. Machen sie einmal Urlaub in Fernost - in Sachen Gänse- und Entenhaltung sind die fernöstlichen Weltbürger nicht zu überbieten. Kaum ein anderes geflügeltes Nutztier ist so genügsam wie die Hausgans und kommt bei ausreichender Weidefläche ausschließlich mit dem angebotenen Grasfutter aus. Wenn den Wasservögeln noch die Möglichkeit geboten wird über den Tag ein Bad zu nehmen, kennt ihre Zufriedenheit keine Grenzen mehr. Dazu reicht schon ein Bottich oder eine ausrangierte Badewanne, in der sich die Tiere der Reihe nach „puddeln“. Da der Gänse-Weideplatz in den Großstädten eher bescheiden ausfiel, gingen die Halter zur Brot- und/oder Kartoffelmast über; die Gänse wurden entweder mit den Abfällen aus den Bäckereien und Großküchen, oder den eigenen Küchenresten gefüttert. Überhaupt war das Kleinvieh, zu dem neben Hühnern, Enten und Kaninchen die Gänse zählen, das Rückgrat der häuslichen Ernährung, und nicht selten sorgten die anfallenden Produkte wie Eier, Fleisch, Fett und Federn für ein zusätzliches Einkommen oder Tauschvolumen, das besonders in wirtschaftlich und politisch illusionslosen Zeiten das Überleben sicherte. Stets hat es der Mensch verstanden die Vielfalt der Tierrassen- und Arten für seine Zwecke zu nutzen. Und immer gab es Vorlieben oder Trends, die sich auf die Haltung, die Zucht und Vermarktung von Nutztierarten auswirkten. Bis heute hat sich an diesem Kommen und Gehen nichts geändert, allein die Gans verteidigte vehement ihren angestammten Platz in der Gemeinschaft der Menschen und es sieht nicht danach aus, als würde sich das jemals ändern. Im Gegenteil, landauf – landab entdecken die Menschen wieder zunehmend ihr Interesse an den Schnattertieren und so ist es keineswegs verwunderlich, dass vielerorts kleinere und größere Herden bis hin zu Vieltausendköpfigen Pulks auf Weiden und Freilaufflächen anzutreffen sind. Hinzu kommen noch die zahllosen Liebhaber heimischer Landschläge die es sich zur Aufgabe gemacht haben, der guten alten Hausgans und ihren regionalen Varianten eine Heimstatt und Zukunft zu bieten. Der Verzehr der Tiere oder ihrer Vermarktung spielt bei diesem Personenkreis praktisch keine Rolle. Hinweis: Gänse sind Wasservögel, auch wenn sie sich stundenlang auf Weideflächen bewegen, was ausschließlich der Nahrungsaufnahme dient. Gänse in Masthallen ohne Bademöglichkeit zu halten ist nicht artgerecht, das ist Tierquälerei. Gänse – nur große weiße Vögel? Gänse sind Enten mit langem Hals, so feixten wir als Kinder. Gleiches galt übrigens auch für Schwäne. Wir machten da keinen Unterschied. Doch so einfach sind die Dinge nun doch nicht. Schon vom Körpervolumen her sind Enten und Gänse leicht auseinander zu halten. Gänse, das ist unbestritten, sind hervorragende Schwimmer und ausgesprochen gute Läufer. Und – sie sind wahre Meister im Langstreckenflug, der ihnen so schnell kein anderer Vogel nachmacht. Wiesen und Felder dienen den Tieren zur Futtersuche. Gänse lieben die Geselligkeit, was sie zu richtigen Schwarmvögeln macht. Während des Brutgeschäftes mag es die Gans jedoch etwas intimer und versteckter. Zur Nacht hin suchen die Schnattertiere offenes Gewässer auf, wo sie weitgehend vor den Nachstellungen ihrer natürlichen Feinde geschützt sind. Die Rede ist hier von den echten Gänsen oder Wildgänsen, von denen es mehr als fünfzehn Arten gibt. Aus der Wildform Graugans (lat. Anser anser) wurde durch menschliche Zuchtbemühungen die Hausgans domestiziert, die uns bis heute erhalten blieb und sich außerordentlicher Beliebtheit erfreut. Weitere Verwandte der Graugans sind die Blässgans (lat. Anser albifrans), die Saatgans (lat. Anser fabalis) sowie die Kleine Schneegans (lat. Anser caerulescens). Wildgänse sind überwiegend Grasfresser, die große Wiesen- oder Weideflächen für sich beanspruchen. Werden die Tiere gestört oder fühlen sie sich bedroht, starten sie fast aus dem Stand heraus ihren Fluchtflug. Fast alle Arten brüten im hohen Norden und finden nur als Wintergäste den Weg zu uns, wobei sie oftmals Tausende Kilometer Flugstrecke zurücklegen. Lediglich die Graugans lebt ganzjährig bei uns. Ihre Brutreviere liegen östlich der Elbe in den neuen Bundesländern. Damit keine Missverständnisse aufkommen: Wildgänse befinden sich in Deutschland außerhalb des menschlichen Speiseplanes und dienen somit nicht unserem Verzehr; die Wildgänse stehen bei uns ganzjährig unter Natur- und Artenschutz. Historisches und Histörchen Sind sie schon einmal an einem schlafenden Hund vorbeigegangen ohne diesen zu wecken? Ganz sicher, denn wenn ein Hund schläft, dann pennt er richtig. Versuchen sie das mal bei einer Gans. Aussichtslos – der zweibeinige Schnattervogel schlägt sofort Alarm, mag sein Kopf auch noch so tief im Gefieder stecken. Wachsamkeit ist ein wesentliches Merkmal der Gänse, aber auch der meisten anderen Wasservögel. Kein Haus- oder Wachhund kann es da mit der Gans aufnehmen. Diese Eigenschaft machten sich schon die Menschen in der Antike und davor zu Nutze, um sich und ihre Familien vor Feinden und wilden Tieren zu schützen. Ein historisches Ereignis haben wir alle in der Schule gelernt; die Bedrohung Roms durch feindliche Heere. Das Geschnatter und Geschrei der Gänse riss die Bürger und Soldaten der Stadt aus ihrem Schlaf – das Kapitol war gerettet – und die Gänse ebenso, die fortan geehrt und geschont wurden. Das änderte sich jedoch im Laufe der Zeit wieder, und als es mit Rom zu Ende ging, dachte niemand mehr daran den Gänsen den Weg in die Bratpfanne zu ersparen; sie wurden jetzt wieder als schmackhaftes Federvieh gehalten. Zum richtigen Star steigt die Gans jedoch erst zur Weihnachtszeit auf. Aber auch in den Wochen davor ist es Tradition geworden Gänsefleisch zu verzehren. Was dem Weihnachtsmann recht ist, das ist Sankt Martin billig. Zumindest kam die Martinsgans nicht wegen des Untergangs einer Flotte, der Spanischen Armada vor Englands Küste, zu Küchenehren. Die Erinnerung an den ersten Bischof von Tours, nämlich Martin, ehemals Missionar und römischer Soldat und die zeitgleich damit zusammenfallende Schlachtreife der Gänse als Abschluss des Erntejahres und Einstimmung auf den Winter, ließen die allseits beliebten Martinsgänseessen alle Zeiten überdauern. Was bei uns die Martins- und Weihnachtsgans ist, das ist in anderen Ländern zum Beispiel der Truthahn. Doch zurück zur Weihnachtsgans. Einen solchen Vogel soll sich die englische Königin Elisabeth I. im Dezember 1588 gegönnt haben. „Wildgänse rauschen durch die Nacht“(Walter Flex), "Fuchs, du hast die Gans gestohlen“(Ernst Anschütz) „Eia popeia was raschelt im Stroh“(Clemens Brentano)“Drei Gänse im Haberstroh“(Kinderlied von Johann Fischarts) oder das Märchen von Nils Holgerson, der mit den Wildgänsen fliegt. Hans im Glück, die Gans, die goldene Eier legt und die Geschichten von der Gänseliesel. Es gibt Gänsebrunnen, Gänseskulpturen und sogar Gänsedenkmäler, welche die „Schnattervögel“ in besonderer Weise würdigen. Die Gans ist also weit mehr als nur ein hochwertiger Genuss zu einem außergewöhnlichen Anlass. Hausgans gleich Weihnachtsbraten Zugegeben, zur Weihnachts- oder Martinszeit mundet eine gut zubereitete Gans in besonderer Weise. Die Tiere leben im Idealfall über das Jahr auf der Weide oder im Freilauf, sie haben Bewegung und können ihre natürlichen Verhaltensweisen ausleben. Diese Möglichkeiten schaffen die Voraussetzung für gesundes und bekömmliches Fleisch, aber auch für schmackhafte Eier und herrlich weiche Daunen. Darüber hinaus liefert uns die Hausgans noch wertvolles Fett, das sogenannte Gänseschmalz. Aus der Urform der Hausgans gingen im Laufe der Zeit zahlreiche andere Züchtungen hervor, so die Emdener-, die Toulouser-, die Pommerer-, die Franken- und die Höckergans. Besonders intensiv wurden die Gänse früher in den kleinbäuerlichen Betrieben Niedersachsens und Bayerns sowie in Frühstück ein Gänseei auf Brot gönnt, der ist über den Tag gesättigt. Unter den Hausgänsen zeichnen sich die Legerassen durch ihre immense Legeleistung von bis zu 40 Eiern aus. Legt die Gans die Eier ins Brutnest, so ist sie nicht in der Lage diese „Eiermenge“ allein zu bebrüten, da hilft nur noch eine Brutmaschine. Heute sieht es so aus, dass die meisten Gänsezüchter die Gänseküken aus wirtschaftlichen Gründen zukaufen. Die Schlachtreife nach Aufzucht und Mast liegt zwischen dem 3. und 4. Lebensmonat. Wer sich zur Martins- und/oder Weihnachtszeit für eine Gans entscheidet sollte wohl überlegen, wo er das Tier kauft. Wenn sie Glück haben, betreibt der Gänsezüchter im gleichen Ort die Gänsehaltung. In meiner niederrheinischen Heimat „stolpert“ man im wahrsten Sinne des Wortes über kleine private sowie größere und große hauptberufliche Gänsezüchter/Mäster, welche die Tiere überwiegend auf der freien Weide heranziehen, was der Qualität und dem Geschmack des Fleisches eine unnachahmliche Güte verleiht. Doch Vorsicht – schon manche Gans wurde durch falsche Vorbereitung in der Küche und fehlerhaften Bratvorgang verdorben. Das muss nicht sein, und so sollten sie schon bei der Auswahl des Geflügels kritisch zu Werke gehen. Tiefkühlkost hin oder her, beim Gänsebraten geht nichts über ein frisches, abgehangenes Weidetier direkt vom Bauern oder Züchter. Schauen sie sich beizeiten in der Region um. Besuchen sie die Gänsebauern und machen sie sich ein Bild von der Haltung und von der Hofanlage und – vom Allgemeinzustand der Tiere (sauberes, weißes und vollständiges Gefieder, klarer Blick, Aufmerksamkeit). Suchen sie sich eine Rezeptur aus, die sie sich zutrauen. Lieber einen Gang kleiner starten und zufrieden das Ziel erreichen, als mit Volldampf losbrausen und gegen die Wand brettern. Eine Gans verlangt bei der Zubereitung Ehrerbietung und entsprechende Würdigung. Schließlich gab sie ihr Leben für das Weihnachtsfest. Daran sollten sie auch ab und an denken, ohne deswegen in Schuldgefühlen zu versinken. Soweit so gut, doch ist es mit der Gans alleine nicht getan – die Füllung macht das gute Tier erst zum Meisterstück, sie ist das Herz, die Seele einer jeden Weihnachtsgans. Die Variationen sind so vielfältig wie die Weihnachtskugeln an ihrem Christbaum. Das Großmütterliche Rezept sei ihnen und der Gans ans Herz gelegt. Guten Appetit. 1 Kastenweißbrot (kann auch Toastbrot sein – ungeschnitten) Der Mensch lebt nicht von der Gans allein, soviel steht fest. Was wäre der vollkommenste Gänsebraten ohne deftige Speckknödel, dampfendes Rotkraut und ein zünftiges, kühles Alt(Dunkel)- oder Weißbier. Als Beilage sind natürlich auch Kartoffeln und Grünkohl erlaubt. Da es sich bei der Haus- oder Weihnachtsgans nicht um Wild handelt, können sie auf einen Tischwein oder Proseco verzichten. In waldreichen Regionen kann man zudem ab dem Spätsommer bis weit in den Herbst hinein nach schmackhaften Pilzen Ausschau halten. Ich weiß das aus eigener Erfahrung und kann ihnen einen außergewöhnlichen Gaumenschmaus versprechen. Maronen, Stein- und Birkenpilze sowie Stockschwämmchen sind beste Zutaten für Beilagengerichte und hervorragende Saucen. Getrocknet oder tiefgefroren stehen ihnen die Pilze exakt zum Fest zur Verfügung. |
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Für Sie entdeckt und zusammengestellt durch ©EPS-Schäffler / Schäffler / RechText: © Ermasch
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Schäffler, Hans-Joachim Rech |