DIE PÄPSTIN

Constantin Film präsentiert
eine Constantin Film Produktion
in Co-Produktion mit Medusa Film, Ikiru Films, UFA Filmproduktion
und NDR / MDR / SWR / WDR / DEGETO

 

 

Inhalt

Ingelheim, im Winter des Jahres 814. In ärmlichen Verhältnissen wird ein gesundes Mädchen zur Welt gebracht, wovon der Vater (IAIN GLEN) allerdings wenig begeistert ist. Er gibt ihr den Namen Johanna, während die Mutter (JÖRDIS TRIEBEL) das Neugeborene überglücklich in die Arme schließt.


Fünf Jahre später: Johanna ist zu einem wissbegierigen, klugen Mädchen herangewachsen, das ebenso wie ihre älteren Brüder Matthias und Johannes lernen möchte. Doch ihr Vater, der Priester des Dorfes, ist der Meinung, dass Bildung für Mädchen nur Verschwendung sei. Also überredet Johanna Matthias, ihr heimlich Lesen, Schreiben und Latein beizubringen. Doch Matthias erkrankt an einem tödlichen Fieber.


Eines Tages kommt ein Besucher in ihr Dorf: Aesculapius (EDWARD PETHERBRIDGE), der Leiter der Domschule – statt Matthias soll nun Johannes in die Scola gehen. Doch als Aesculapius ihn in Latein prüft, erweist er sich als nicht besonders begabt. Johanna dagegen, die kurzerhand die Bibel in die Hand nimmt, beeindruckt Aesculapius mit ihrem flüssigen Latein und ihrer Auslegung einer Bibelstelle. Er beschließt, auch sie bei seinen Besuchen im Dorf zu unterrichten.


Doch bald darauf wird Aesculapius von seinem Posten abberufen. Als Abschiedsgeschenk überreicht er Johanna ein Buch: Homers „Odyssee“ auf Griechisch und Latein. Unglücklicherweise findet Johannas Vater das „heidnische“ Buch und prügelt sie zur Strafe mit einem Stock bewusstlos. Als einige Zeit später ein Bote des Bischofs ins Dorf kommt und Johanna an die Domschule mitnehmen soll, bewirkt der Vater, dass stattdessen Johannes mitgehen darf; Johanna flüchtet noch in derselben Nacht aus dem Dorf. Ihr gelingt es, gemeinsam mit ihrem Bruder an der Scola in Dorstadt aufgenommen zu werden – auch den Bischof, einen genusssüchtigen Lebemann, der die Geschwister während eines Festgelages empfängt, imponiert sie mit ihrer Gelehrsamkeit. Beeindruckt ist auch Graf Gerold (DAVID WENHAM), einer der Gäste des Festmahls; er bietet an, Johanna bei sich aufzunehmen.


Auch wenn Johannas Anwesenheit Richild, der Frau von Gerold, und Odo, dem Schulmeister, missfällt, verbringt Johanna in Mainz eine glückliche Jugend. In Gerold findet sie einen Verbündeten. Aus der anfänglichen Vater-Tochter Beziehung entwickelt sich über die Jahre eine enge Freundschaft. Als Gerold in den Krieg gegen ein Normannenheer ziehen muss, können sie ihre Liebe füreinander nicht länger verbergen: An einem Bachufer küssen sie sich leidenschaftlich. Odo beobachtet zufällig die Szene und schwärzt sie bei Richild an. Nach Gerolds Weggang ist nun für sie die Chance gekommen, Johanna loszuwerden. Sie lässt Johanna mit dem stumpfsinnigen und ungebildeten Sohn des Schmieds verheiraten. Doch gerade als die beiden vor den Traualtar treten, überfallen Normannen die Stadt. Sie dringen in die Kirche ein und töten die ganze Versammlung, darunter Gerolds Familie, den Bischof und auch Johannes. Nur Johanna bleibt, bewusstlos hinter dem Altar verborgen, verschont. Wieder erwacht, flieht sie aus der brennenden Stadt. Nach einem langen Ritt trifft sie eine folgenreiche Entscheidung: Sie schneidet sich die Haare ab, schnürt sich die Brust flach und legt Männerkleidung an.


Drei Jahre später: Unter dem Namen Johannes Anglicus (ihr Vater stammt aus Britannien) wurde sie im Benediktinerkloster in Fulda aufgenommen und arbeitet als Assistent des Medicus – die Wirkung heilsamer Kräuter hatte ihr seinerzeit die Mutter beigebracht. Dort verbringt sie glückliche Jahre, lebt dabei jedoch in ständiger Furcht, dass ihr Geheimnis entdeckt wird. Wo der allzu strenge Abt den Armen seine Hilfe verweigert, springt sie ein, um ihre Not zu lindern. So steht sie einer Familie bei, die irrtümlich als leprakrank gilt und verbannt werden soll: Sie pflegt sie gesund und kümmert sich um die vier Kinder. Doch als sich eines Tages eine Fieberepidemie im Kloster ausbreitet und auch Johanna erkrankt, ist 5sie in höchster Gefahr, entdeckt zu werden. In letzter Sekunde verhilft ihr der weise alte Medicus zur Flucht – er weiß seit Jahren, dass sie eine Frau ist.


Auf einem Kahn treibt sie im Fieberwahn flussabwärts und wird schließlich von einer Familie aufgelesen und gesund gepflegt – eben jener Familie, der sie damals das Leben rettete. Eine Zeitlang bleibt sie dort und unterrichtet die kleine Tochter. Doch Johanna spürt, dass ihre Bestimmung eine andere ist, dass Gott ihr einen anderen Weg weist. So entscheidet sie, als Mann verkleidet, eine Pilgerreise nach Rom zu unternehmen.


Dank ihrer Heilkunst erwirbt sie sich in Rom schnell den Ruf eines Wunderheilers. Im Jahr 843 – Johanna hat bereits drei Jahre in Rom verbracht – verbreitet sich die Nachricht, Papst Sergius (JOHN GOODMAN) sei schwer krank; hinter den Kulissen wird schon um seine Nachfolge gerungen, vor allem der päpstliche Nomenklator Anastasius (ANATOLE TAUBMAN) strebt den Stuhl Petri an und hat faktisch bereits die Macht übernommen. Im Lateran, dem Palast des Papstes, hat man schon vom Heiler aus dem Frankenland gehört – Anastasius Plan ist es, den Papst am Leben zu erhalten, um so weiterhin als Strippenzieher im Hintergrund agieren zu können.


Johanna wird in den Lateran gerufen und sieht sich den Ärzten gegenüber, die den Papst schon so häufig zur Ader gelassen haben, dass er mehr tot als lebendig ist. Johanna stellt sofort fest, dass er an der Gicht leidet. Sie behandelt ihn mit Heilkräutern und setzt ihn auf eine strenge Diät. Schon nach einer Woche sind die Schmerzen fort. Sergius wünscht, dass sie im Lateran bleibt. Zum Entsetzen von Anastasius drängt Johanna den Papst dazu, dem Alkohol und dem ungesunden Lebensstil zu entsagen und seine Pflichten als Papst wieder selbst in die Hand zu nehmen. Johanna wird zu Sergius‘ Leibarzt und engstem Berater.


Doch als die Truppen des Frankenkönigs Lothar (ALEXANDER HELD) – unter ihnen auch sein Lehnsmann Graf Gerold – vor den Toren der Stadt stehen, ist guter Rat teuer. Lothar fordert die Unterwerfung des Papstes unter seinen Befehl. Auf den Stufen des Palastes kommt es zur Entscheidung. Sergius ruft Gott um ein Zeichen an: Da fallen die Pforten des Palastes donnernd zu. Lothars Truppen gehen ehrfürchtig auf die Knie, und auch Lothar muss sich beugen. Gerold aber hat in dem „Zeichen“ das Prinzip des hydraulischen Apparats wiedererkannt, den er einst mit Johanna zusammen gebaut hatte. Er folgt ihr und findet sie in einer Kapelle, wo sie flehentlich betet und Gott fragt, wieso er sie mit Gerolds Anwesenheit erneut auf die Probe stellen muss. Ihre Liebe erweist sich schließlich stärker als ihre Standhaftigkeit. Im Morgengrauen nach ihrer Liebesnacht läuten die Glocken Roms. Als Johanna den Lateranpalast betritt, findet sie den Papst vergiftet vor.


Bei der Wahl des neuen Papstes, der vom römischen Volk bestimmt wird, werden Stimmen aus dem Volk gegen den Kandidaten Anastasius laut. Als Johanna die Vorwürfe bezeugen will, steht ihr plötzlich ein bewaffneter Gehilfe Anastasius gegenüber. Sie flüchtet in ihre Gemächer. So entgeht ihr, dass der gütige Bischof Eurigis sie als Gegenkandidaten vorschlägt. Gerade will sie mit Gerold aus Rom fliehen, da dringt die Palastwache ein und man verkündet ihr, dass sie der neue Papst sei.


Als Papst setzt Johanna ihr riskantes Spiel fort; sie macht Gerold zum Chef der Leibwache, während sie kirchliche Reformen einleitet und die Not der Armen lindert. Doch dann wird Johanna von Gerold schwanger – nun ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis der Schwindel auffliegt und Johanna eine grausame Strafe erwartet...


Über die Produktion - Der lange Weg vom Buch zum Film

Die Geschichte des Mädchens Johanna, dessen einzigartigen Lebensweg es bis auf den Papstthron führt, hat weltweit Millionen von Lesern in ihren Bann gezogen: Der Roman „Die Päpstin“ der amerikanischen Autorin Donna Woolfolk Cross entwickelte sich schon bald nach seinem Erscheinen 1996 zu einem internationalen Bestseller. Allein in Deutschland wurden über fünf Millionen Exemplare der „Päpstin“ als Buch oder Hörbuch verkauft; der Roman gehört damit zu den Top Ten der meistverkauften Bücher in Deutschland. „Die Leute hier mögen große historische Romane“, sagt Oliver Berben, Geschäftsführer der Constantin Film Produktion GmbH und Produzent von DIE PÄPSTIN – und nimmt sich auch selbst davon nicht aus: „Ich habe den Roman vor über acht Jahren gelesen, und fand die Geschichte so faszinierend und spannend, dass ich mir sofort sagte: Das möchte man bebildert sehen, das möchte man als Film sehen!“ Der Weg vom Buch zum Film jedoch war für DIE PÄPSTIN – selbst für derartige Großproduktionen – ein ungewöhnlich langer.


Martin Moszkowicz, Vorstand für den Bereich Film und Fernsehen bei der Constantin Film AG, Geschäftsführer der Constantin Film Produktion und Produzent des Films: „Die Constantin Film hat eine lange Tradition in der erfolgreichen Adaption von Beststellern “ – Filme wie „Der Name der Rose“, „Das Geisterhaus“ und „Das Parfum – Die Geschichte eines Mörders“. DIE PÄPSTIN war von der Ufa mit Volker Schlöndorff entwickelt worden. Wir haben das Projekt beobachtet, obwohl die Rechte schon vergeben waren und sind 2005 dazu gestoßen, als deren Rechte auszulaufen drohten.“


Um sicherzustellen, dass es am Ende einen Film über die Päpstin geben würde, mit dem auch die Schöpferin der Figur einverstanden sein würde, nahm Moszkowicz als erstes Kontakt zu Donna Woolfolk Cross auf und reiste zu ihr in die USA. „Zu Donna Cross“, erzählt Martin Moszkowicz, „hatte ich gleich einen sehr guten Kontakt. Sie war von Anfang an stark in die Drehbucharbeit – damals noch mit Volker Schlöndorff und Herman Weigel - involviert.“ Er beschreibt die Schriftstellerin als „eine sehr intelligente Frau, die genau weiß, was sie will und die sich bei dem Thema des Romans so auskennt wie niemand sonst.“


"Dass sie so eingebunden war", erklärt Oliver Berben, „hat mit vertraglichen Verpflichtungen gar nichts zu tun gehabt; sie ist einfach eine Person, die das Projekt bis zuletzt in einer wunderbaren Art und Weise unterstützt hat.“ Für Autoren ist es selten einfach „ihr ,Baby’ wegzugeben“ und ihre Geschichte in einem anderen Medium zu sehen; Donna Cross jedoch „hat diese zweischneidige Sache“, so Moszkowicz, „sehr professionell gehandelt“. Ihre Haltung beschreibt er so: „Wenn ihr mich braucht, bin ich da, wenn ihr’s alleine machen möchtet, auch in Ordnung!“


Mit dem Regisseur Sönke Wortmann verbindet Constantin Film eine lange Erfolgsgeschichte, wie DER BEWEGTE MANN, DER CAMPUS und DAS SUPERWEIB belegen. „Sönke hat einen schlafwandlerischen Instinkt“, erzählt Moszkowicz, „er und wir – das ist eine der erfolgreichsten Zusammenarbeiten in der deutschen Filmgeschichte. Es können die unterschiedlichsten Stoffe sein, er weiß, wie er es angehen muss; das ist bei ihm ein ganz instinktiver Vorgang.“
Die Constantin Film hat mit Sönke Wortmann und seiner Produktionsfirma Little Shark einen mehrjährigen Kooperationsvertrag.


Nachdem die Constantin Film sich von Volker Schlöndorff getrennt hatte, übernahmen Sönke Wortmann und sein Co-Autor Heinrich Hadding die Entwicklung des Drehbuchs. Ihnen war klar, dass sie nicht nur Johannas Jahre in Rom und ihre Amtszeit als Päpstin in den Mittelpunkt rücken, sondern auch einen Schwerpunkt auf ihre Kindheit und Jugend legen wollten. Moszkowicz: „Sie haben alle bisherigen Drehbuchfassungen beiseitegelegt und sind ganz nah am Roman, ganz nah an der Figur geblieben.“


Dabei kam ihnen zugute, wie Oliver Berben sagt, „dass Donna Cross sehr szenisch schreibt“, und einige Passagen des Buches schon ohne jegliche Bearbeitung sehr filmisch wirkten. Wortmann und Hadding diente aber nicht allein der Roman als Grundlage für das Skript. Sönke Wortmann sagt: „Ich habe mich schon intensiv mit diesem doch sehr fremden Zeitalter beschäftigt, auch wenn es ja nicht gerade viele Quellen gibt. Es gibt im frühen Mittelalter einige Jahrhunderte, die sehr obskur geblieben sind, aber für mich stand natürlich immer die spannende Geschichte der Johanna im Mittelpunkt.“


Drei Johannas und viele große Namen: die Besetzung

Die Frage, die von Beginn an alle Beteiligten im Hinterkopf hatten, lautete: Wer soll Johanna spielen? Diese so starke, aber auch so widersprüchliche Figur: eine Frau, die die Disziplin und Willensstärke aufbringt, jahrelang unerkannt als Mann zu leben und die sich doch der Macht der Liebe zu Graf Gerold beugen muss; eine Frau, deren höchstes Ziel die Nähe zu Gott ist und dabei doch lernt, ihre Ziele höchst weltlich durchzusetzen. Eine solche Figur braucht eine Darstellerin, die große Emotionen, aber auch feine Nuancen glaubhaft darstellen kann und die gleichzeitig in der Lage ist, so einen Film zu tragen. Viele Namen, auch die internationaler Stars, waren zeitweilig in der Diskussion; relativ rasch jedoch kam Johanna Wokalek in die Favoritenrolle. Die renommierte Bühnenschauspielerin hatte nicht zuletzt durch ihre Hauptrolle in Til Schweigers Erfolgsfilm BARFUSS (2005) bewiesen, dass sie auch ein breites Kinopublikum begeistern kann. Oliver Berben beschreibt sie als „Mekka der Schauspielkunst“, Martin Moszkowicz, nicht minder euphorisch, als „sensationell gute Schauspielerin mit viel Charisma“. Moszkowicz weiter: „Wir hatten mit ihr DER BAADER MEINHOF KOMPLEX gedreht und kannten die explosive Kraft, die ihr Spiel hat. Als ich das erste Mal mit ihr über DIE PÄPSTIN gesprochen habe, war ihr schon klar, dass sie das machen will. Sie war von Beginn an mit Begeisterung dabei.“


Nachdem die Entscheidung, diese internationale im mittelalterlichen Deutschland angesiedelte Produktion mit einer deutschen Darstellerin zu besetzen, auch bei den ausländischen Partnern sehr gut ankam – war die Sache klar: Johanna Wokalek ist DIE PÄPSTIN.


Für Sönke Wortmann war ebenfalls schon lange vor der ersten Klappe klar, dass man mit Wokalek eine sehr gute Wahl getroffen hatte: „Sie ist eine sehr leidenschaftliche Schauspielerin, wir haben schon sehr viel und sehr intensiv in der Vorbesprechung diskutiert. Und beim Dreh war es einfach ein Spaziergang, mit ihr zu arbeiten. Es war ein Vergnügen, sich als Regisseur fast schon entspannt zurücklehnen zu können und sich einfach anzuschauen, was sie macht.“


Mit der Besetzung der Johanna war zwar ein ganz wesentliches Puzzleteil an seinem Platz, aber bei über 70 Sprechrollen war die Arbeit damit noch lange nicht getan. Was gleich bei der weiteren Besetzung der Hauptrolle begann. Denn durch die Entscheidung, Johanna in verschiedenen Lebensaltern zu zeigen, war klar, dass für Johanna in jungen Jahren zwei unterschiedliche Kinderdarsteller gebraucht würden, und zwar welche, die neben entsprechenden schauspielerischen Fähigkeiten auch ein Aussehen mitbringen mussten, dass man sie dem Zuschauer glaubhaft als ein und dieselbe Person vermitteln konnte. „Wenn man die Latte hoch legt und es klappt dann auch, macht es umso mehr Spaß“. kommentiert Wortmann, und das Ergebnis rechtfertigt seine Worte. Mit Tigerlily Hutchinson spielt eine junge englische Darstellerin Johanna im Alter von fünf Jahren, und die Deutsche Lotte Flack, die schon in verschiedenen Fernsehfilmen und der TV-Serie „Die Pfefferkörner“ vor der Kamera gestanden hatte, übernahm die Rolle der Johanna ab dem Alter von zehn Jahren. „Alle Johanna-Darstellerinnen so zu vereinen – das war wirklich ein großer Wurf“, sagt Oliver Berben.


Die internationale Besetzung setzte sich bei den übrigen Rollen fort, und auch hier kam Wortmann seine langjährige Erfahrung in Deutschland und den USA zugute. Wortmann: „Man hat als Regisseur ja so seine Stärken und Schwächen, und ich halte es für eine meiner Stärken, dass ich beim Casting eine gute Hand habe; dass ich mir Schauspieler aussuche, die nicht herumzicken, die den Beruf ernst nehmen, die Teamarbeiter sind.“


Man sollte hinzufügen: Schauspieler, die zu den besten ihrer Zunft gehören – wie die eindrucksvolle Darstellerliste zeigt. Angefangen mit dem Australier David Wenham als Graf Gerold, der seit seiner Rolle als Faramir in Peter Jacksons DER HERR DER RINGE weltweites Renommee besitzt, das er seitdem durch Auftritte in VAN HELSING, 300 und in Baz Luhrmanns AUSTRALIA noch untermauerte. Im Sommer 2009 ist er an der Seite von Johnny Depp in Micheal Manns PUBLIC ENEMIES zu sehen.


Hinzu kam, dass Wenham Donna Cross’ Wunschbesetzung für Gerold war – „und es ist uns nicht schwergefallen, ihr hier zuzustimmen“, wie Moszkowicz sagt. „Bei einem wie David Wenham“, fügt Wortmann lachend hinzu, „war es fast schon ein wenig frustrierend, wenn der gleich alles richtig macht ...! Für mich als Regisseur ist es doch viel schöner, wenn ein Schauspieler bei 50 Prozent anfängt und mit meiner Hilfe dann auf 100 Prozent kommt.“ Neben Wenhams Professionalität beeindruckte Wortmann aber auch dessen landestypische Unerschütterlichkeit: „Australier sind generell immer entspannt“, sagt Wortmann.


In der Rolle von Johannas Vater, des strengen, dogmatischen Dorfpriesters, wurde Iain Glen besetzt. Glen, in seiner Heimat Großbritannien auch als Theaterschauspieler hoch geschätzt, ist international eher durch seine Actionrollen in Filmen wie LARA CROFT – TOMB RAIDER (2001), RESIDENT EVIL: APOCALYPSE (2004) und KÖNIGREICH DER HIMMEL (2005) bekannt. Sönke Wortmann schaute sich im Vorfeld eine Aufführung mit Glen an und war von dessen intensiver Bühnenpräsenz sehr angetan – etwas, das Glen auch, scheinbar mühelos, im Film umsetzen konnte. Oliver Berben berichtet: „Iain Glen hat ja eine sehr abweisende Rolle zu spielen und macht das ganz großartig. Beim Dreh war es so, dass man richtig physische Angst vor dem Mann bekommen hat.“


Bei der Rolle des Papst Sergius fiel die Wahl auf John Goodman. Goodman war natürlich allen, nicht zuletzt durch seine Hauptrolle in der Sitcom „Roseanne“ und zahlreichen Coen- Brüder-Filmen, ein Begriff; persönlich bekannt war er Wortmann allerdings nicht: „Wir wussten ja nicht, wie John Goodman ist“, erzählt Wortmann: „Wir hatten schon gesagt: Wenn wir Pech haben, kommt da jetzt so ein Ami, der meint, er sitzt das auf der Hinterbacke aus. Aber das Gegenteil war der Fall: Er hat sich als ausgesprochen netter Mensch herausgestellt – und als jemand von immensem schauspielerischen Können.“


Weitere renommierte Darsteller wie Jördis Triebel (als Johannas Mutter), der Schweizer Anatole Traubman (als Johannas römischer Gegenspieler Anastasius) und der britische Theater- und Fernsehveteran Edward Petherbridge (als Schulleiter Aesculapius) komplettierten die Riege der Hauptdarsteller.


Macht das dreckiger! – Wie das Mittelalter beim Dreh lebendig wurde

Bei einem so internationalen Cast stand von vornherein fest, dass ausschließlich auf Englisch gedreht werden würde. Die Schwierigkeiten, die sich Wortmann vor Drehstart ausgemalt hatte, stellten sich aber als minimal heraus: „Ich hätte vorher immer gesagt, ich drehe lieber in Deutsch, weil ich da im Umgang mit den Schauspielern ganz andere Nuancen ausprobieren kann; ich habe aber festgestellt, dass die auch auf diese Weise sehr genau verstehen, was ich will.“


Insgesamt standen den Darstellern und der Crew 60 Drehtage bevor, die in Sachsen-Anhalt, in der Eifel und für einen Großteil der Rom-Szenen im marokkanischen Ouarzazate stattfanden. Der große Aufwand, einen solchen Historienfilm zu drehen, machte sich besonders in Abteilungen wie Kostüm und Produktionsdesign bemerkbar. Den Bauten von Produktionsdesigner Bernd Lepel und seinem Team war eine intensive Recherche vorausgegangen, um sowohl Johannas abgelegenes Dorf als auch Klöster und Städte möglichst authentisch nachzubilden, damit sich der Zuschauer gleich mitten ins 9. Jahrhundert hineinversetzt fühlt. Und dazu gehört auch, wie Sönke Wortmann erzählt, der Schmutz. Die mittelalterlichen Kostüme, die unter der Leitung von Esther Walz, in Rumänien neu angefertigt wurden, mussten vor ihrem Einsatz im Film künstlich altern. Wortmann berichtet: „Es fiel ihnen dann schon schwer, die durch den Schmutz zu ziehen und fast wieder kaputt zu machen. Aber ich habe immer gesagt: Macht das dreckiger! – Das Mittelalter ist dreckig, das kann man ruhig sehen!“ Der authentische Dreck hatte auch irgendwo seine Grenzen, wie Wortmann zugibt. Zum Beispiel wurde darauf verzichtet, den Darstellern schadhafte Gebisse zu verpassen, wie es für die damalige Zeit sicher typisch war: „Man muss dann dem Medium auch ein bisschen Tribut zollen. Der Zuschauer soll sich einigermaßen verlieben können, und da wären schlechte Zähne doch eher hinderlich.“


Aber auch ohne künstliche Zahnlücken war der technische Aufwand enorm. Wortmann erzählt, dass die Kostümbildner und Maskenbildner teilweise schon um zwei Uhr morgens aufstehen mussten, um bis Sonnenaufgang bis zu 500 Komparsen eingekleidet zu haben. Für die zahlreichen Außenaufnahmen, die im Rom des 9. Jahrhunderts spielen, ging es für die Produktion nach Nordafrika, nachdem andere Drehorte relativ schnell verworfen wurden. Martin Moszkowicz: „Es gab kurzfristig die Überlegung, in Rom selbst zu drehen. Auch Bulgarien hätte sich angeboten, wo es ein großes Rom-Set gibt. Aber als wir für DER BAADER MEINHOF KOMPLEX in Marokko waren, um einige Szenen zu drehen, entdeckten wir Sets, die sich für unsere römischen Szenen anboten.“ In Ouarzazate waren bereits Großproduktionen entstanden wie Ridley Scotts GLADIATOR und KÖNIGREICH DER HIMMEL oder auch ASTERIX: MISSION KLEOPATRA. „Es gibt dort einfach immens tolle Produktionsbedingungen“, berichtet Oliver Berben: „Das ist eine ganze Stadt mit umliegendem Gelände, wie es das in Deutschland nun einmal nicht gibt. Und für uns, die wir ein Rom von 840 zeigen wollten, war es einfach ideal: ein Rom, dass wir so nicht von der Zeit Caesar‘s kennen, in dem ziemlich viel verfallen ist.“


Für die restliche Produktion galt: Alles, was in Deutschland gedreht werden konnte, wurde auch in Deutschland gedreht. So diente die Stiftskirche St. Cyriakus in Gernrode als das Fuldaer Benediktinerkloster, in dem Johanna als Mann verkleidet aufgenommen wird; weitere wichtige Drehorte waren die Burg Querfurt westlich von Halle, ebenfalls in Sachsen- Anhalt, sowie der Schmidtheimer Forst in der Eifel, wo das Dorf, in dem Johanna ihre Kindheit verbringt, errichtet wurde. „Der Trend geht klar weg von Osteuropa“, sagt Oliver Berben: „Ein wichtiger Grund dafür ist der DFFF – und dass sich viele Bundesländer darum bemühen, dass eine Produktion zu ihnen kommt. Da geht es um den wirtschaftlichen Aspekt der Arbeit, dass die Steuern vor Ort gezahlt werden; aber auch darum, mit einem solchen Projekt in Verbindung gebracht zu werden.“


Auch Moszkowicz und Wortmann betonen die Rolle des Deutschen Filmförderfonds bei der Entscheidung über die Drehorte. Für Wortmann hatte die Arbeit in der Heimat noch einen weiteren angenehmen Nebeneffekt: „Ich habe es auch sehr genossen, Teile der deutschen Geschichte neu zu entdecken oder überhaupt erst zu lernen; mir war gar nicht bewusst, was es für eine große Schlösserdichte in Sachsen-Anhalt gibt.“


Nach der letzten Klappe

Die letzte Klappe für DIE PÄPSTIN fiel schließlich am 30. November 2008. Was den Beginn der Postproduktion einläutete – bei Produktionen dieser Größenordnung oft eine extrem lange Arbeitsphase. Nicht so bei DIE PÄPSTIN, wie Oliver Berben sagt: „Es ging im Gegenteil recht schnell. Sönke ist ein Regisseur, der ,auf Schnitt dreht‘, also beim Drehen schon eine ziemlich genaue Vorstellung davon hat, wie er eine Szene geschnitten haben möchte – und das ist für ein solches Projekt natürlich ein absolutes Geschenk!“ Als eine seiner letzten Amtshandlungen kümmerte sich Regisseur Wortmann um die Tonmischung: „Für mich ist das eine sehr schöne Phase“, erläutert er: „Da kann man mit dem Sounddesign noch ein bisschen Akzente setzen und sozusagen die letzten Zehntel einfahren, damit es wirklich perfekt ist.“


Dabei wurde auch die Filmmusik von Marcel Barsotti in ihre endgültige Form gebracht. Barsotti, seit Jahren einer der gefragtesten Film- und Fernsehkomponisten, hatte für Wortmann zuvor bereits die Musik zu DAS WUNDER VON BERN und DEUTSCHLAND. EIN SOMMERMÄRCHEN geschrieben. „Never change a winning team“, sagt Wortmann einfach, auf die Suche nach dem passenden Komponisten für DIE PÄPSTIN angesprochen und führt weiter aus: „Mir war von vornherein klar, dass es eine Orchesterfilmmusik sein müsste; alles andere wäre bei einem solchen Film verkehrt. Marcel Barsotti hat probeweise ein paar Layouts komponiert, die ich sehr überzeugend fand.“ Barsotti und Wortmann beschäftigten sich in der Vorbereitungsphase auch mit der Musik der damaligen Zeit, stellten aber fest, dass jenes Repertoire doch sehr begrenzt war – und dass auch „die gregorianischen Choräle, die es damals schon gab, irgendwann ziemlich eintönig wirken“, wie Wortmann sagt.


Eine nicht ganz unwichtige Zuschauerin ist bereits voll und ganz von der Qualität des Films überzeugt: die Autorin selber. Sönke Wortmann flog eigens nach New York, um Donna Cross den Film zu zeigen. Und kehrte mit einem eindeutigen Ergebnis zurück: “I'm very impressed and touched by the work – I love the movie”, so Donna Cross. Wenn die Schöpferin der PÄPSTIN ihren Segen gibt, kann das ja nur ein gutes Zeichen sein.


Die Päpstin – Legende und Wirklichkeit

Ähnlich wie die Geschichte von König Arthur ist die der Päpstin Johanna ein faszinierendes „Rätsel der Geschichte”, das über die Jahre zur Legende wurde. Saß im neunten Jahrhundert tatsächlich eine Frau auf dem Petersstuhl? Mehr als ein Jahrtausend später ist es unmöglich, ihre Existenz zu beweisen oder zu widerlegen. Aber man kann einige Argumente für und wider ihrer Existenz untersuchen.


Die Päpstin Johanna – eine langlebige Legende

Die meisten Menschen haben noch nie von der Päpstin Johanna gehört – und alle die, die ihre Geschichte kennen, halten ihre Existenz für eine Legende. Ihr Amt als Päpstin ist jedoch bis heute in über 500 historischen Chroniken erwähnt, darunter auch die von bekannten Autoren wie Petrarca, Boccaccio und Platin, dem berühmten Papstchronisten. Johannas Geschichte findet sich im offiziellen Kirchenreiseführer „Mirabilia Urbis“ wieder, der über Jahrhunderte hinweg von jedem Rom-Pilger gelesen wurde. Von vielen Rombesuchern wird ihre Statue erwähnt, die neben den Abbildern der anderen Päpste in der Kathedrale von Siena gestanden haben soll. Im Jahr 1601 verschwand diese dann – sie soll auf Anweisung von Papst Clemens VIII entfernt worden sein.


Nach einer sorgfältigen Recherche in den päpstlichen Archiven im Jahr 1276 (in Aufzeichnungen, von denen es heute heißt, sie seinen "der Zeit zum Opfer gefallen"), änderte Papst Johannes XX seinen Titel in Johannes XXI und erkannte damit offiziell das Pontifikat Johannas als Johannes Anglicus VIII an.


Warum also diese Debatte? Hier sind einige Argumente, die für und gegen die Existenz der Johanna sprechen.


Das erste Argument, das gegen die Existenz der Päpstin spricht, dreht sich um die Frage, wann sie überhaupt regiert haben soll. Donna Woolfolk Cross legt ihre Amtszeit, entsprechend der am weitesten verbreiteten Vermutung, in die Zeit zwischen die Päpste Sergius II., Leo IV. (im Film wurden die beiden historischen Personen zur Figur Sergius zusammengelegt) und Benedikt III.


Leo IV. starb im Juli 855; sein Nachfolger Benedikt wurde am 29. September desselben Jahres geweiht. Statt der zweieinhalb Jahre, die Johanna regiert haben soll, liegt also nur ein Zeitraum von zweieinhalb Monaten zwischen dem Tod des alten und der Wahl des neuen Papstes. An den Daten ist kaum zu rütteln: Das Datum von Benedikts Amtseinführung ist durch eine Urkunde belegt, in der er mit Datum vom 7. Oktober einem Kloster dessen Privilegien bestätigt. Am Tag der Amtseinführung starb Kaiser Lothar. Doch bis die Kunde davon, Wochen später, endlich auch nach Rom drang, waren bereits Münzen geprägt worden, die sowohl Benedikt als auch Lothar nennen.


Es ist allgemein bekannt, dass das Liber Pontificalis ("Das Buch der Päpste"), meist sehr ungenau hinsichtlich der Papstnachfolgen und der Todesdaten des Mittelalters ist und dass viele der zitierten Daten gänzlich erfunden sind.


Das Todesdatum von Papst Leo IV ist mit dem 17. Juli beziffert, doch die ältesten Aufzeichnungen erwähnen kein Jahr. In einer Zeit, bevor Bücher gedruckt werden konnten und Schriftstücke aus Pergament abgekratzt und überschrieben wurden, wäre es sehr einfach gewesen, das Todesjahr von Leo von 853 auf 855 zu ändern – Johanna soll von 853 bis 855 regiert haben – um es aussehen zu lassen, als wäre Papst Leo IV unmittelbarer Nachfolger von Papst Benedict III gewesen.


Dies ist die Zeitspanne, die Donna Woolfolk Cross in ihrem Roman verwendet. Darin stimmt sie mit der Arbeit von Gelehrten überein, die die Original-Manuskripte des Liber Pontificalis untersucht haben.


Ein weiteres Gegenargument besteht darin, dass die Geschichte der Päpstin erst Jahrhunderte später nennenswerte Verbreitung fand. Der Name „Johannes Anglicus“ wurde im Jahre 1265 erstmals von Dominikanermönch Martin von Troppau erwähnt, der die Amtszeit der Päpstin ebenso ins 9. Jahrhundert verlegt und sie zur Nachfolgerin von Leo IV. macht. Sein „Chronicon pontificum et imperatorum“ („Chronik der Päpste und Kaiser“) war in 500 Handschriften verbreitet; für die damalige Zeit eine ungeheure Menge, die diese Chronik zum Standardwerk machte. Martin von Troppau erzählt, dass Johanna, die aus Mainz oder England stammte, bei einer Prozession zum Lateran ein Kind geboren habe, dabei gestorben und sogleich begraben worden sei.


Zeitgenössische Quellen, sei es aus dem 9. oder dem beginnenden 12. Jahrhundert, existieren nicht – was wiederum nicht für den Wahrheitsgehalt der Geschichte spricht. Zudem stammen die wichtigsten Quellen zur Päpstin aus Chroniken von Benediktiner- und Franziskanermönchen, deren Orden der römischen Amtskirche eher kritisch gegenüberstanden. Weitere Popularität erlangte die Päpstin Johanna dann in der Zeit der Reformation, in der sie in zahlreichen Schriften der Reformatoren als ein weiterer Beweis für die moralische Verkommenheit der Amtskirche höchst willkommen war.


Ein zeitgenössisches Dokument mit einem Bericht über Johannas Amtszeit gibt es doch – eine Abschrift des Liber Pontificalis. Es gibt Zweifel, ob der Bericht über Päpstin Johanna in diesem Schriftstück eine spätere Erweiterung ist. Aber selbst wenn das der Fall wäre, würde das den Bericht nicht zwingend unwahr erscheinen lassen. Ein späterer Chronist könnte auch Johannas Fehlen in der Aufzeichnung korrigiert und damit Missverständnisse aus dem Weg geräumt haben. Diese Annahme und die genannte Abschrift spielen im Roman von Donna Woolfolk Cross, sowie im Film, eine wichtige Rolle.


Neben dem Liber Pontificalis taucht Johannas Geschichte zunächst in der Arbeit von Marianus Scotus auf, einem Mönch, der dem Pontifikat vollkommen ergeben war. Nur wenig später war auch in den Schriften von Sigebert von Gembloux, Otto von Freising, Godfrey von Viterbo und Gervase of Tilbury von Johanna zu lesen – alle im 12. Jahrhundert, lange vor Martin von Troppau. Doch von diesen Aufzeichnungen gibt es keine Originale und Johannas Geschichte taucht nur in einigen der Kopien auf. Fraglich ist, ob Johannas Geschichte nachträglich in diese Abschriften eingefügt oder aus denjenigen gelöscht wurde, in denen sie nicht erwähnt wird.


Martin von Troppau (besser bekannt als Martin Polonus) war Dominikanermönch und ein eifriger Verfechter von Johannas Pontifikat – ein Mann, der für seine Genauigkeit und gewissenhafte Recherche in der Bibelforschung geschätzt wurde. Sein Werk, das Chronicon Pontificum et Imperatorum, legt den Grundstein für die Geschichte der Päpste, eine "semi- offizielle“ Chronik der Päpste. An seiner Erwähnung von Johanna gibt es keinen Zweifel, da sie in allen Ausgaben auftaucht.


Die verbotene Straße

Bei Prozessionen im Mittelalter wurde der kürzeste Weg vom Lateranpalast (in dem die Päpste bis ins 14. Jahrhundert residierten) zur Petersbasilika genommen. Dieser Weg führt durch die Straße, in der Johanna während einer päpstlichen Prozession niedergekommen und gestorben sein soll. (Damals die Via Sacra, heute bekannt als Via San Giovanni).


Kurze Zeit später führte die Route der Papstprozessionen bewusst an der Via Sacra vorbei und könnte aus Abscheu gegenüber dem Ereignis ein Umweg um jenen Punkt gemacht haben.


Erst 1486 ließ Adam Burkhard, der Bischof von Strassburg in seiner Eigenschaft als Zeremonienmeister von Papst Innozenz VIII wieder den direkten Weg nehmen. Nach der Prozession wurde der Papst vom Florenzer Erzbischof, dem Bischof von Massano und dem apostolischen Subdiakon verurteilt, da er den Platz, an dem „Johannes Anglicus ein Kind geboren hatte“, überquert hatte.


Andere Theorien besagen, dass dieser Umweg nicht wegen Johanna eingeschlagen wurde, sondern schlicht deshalb, weil die Via Sacra für eine päpstliche Prozession zu schmal geworden war. Eine plausible Erklärung für den Zerfall des mittelalterlichen Roms, mit umgestürzten Säulen, Statuen und anderem Trümmerschutt, der die Straßen blockierte.


Allerdings erklärt dieses Argument weder, warum der Papst von einigen der höchsten Würdenträger aus dem päpstlichen Gefolge verurteilt wurde, noch weshalb bei der Prozession 1486 von keinerlei Hindernissen in der Via Sacra berichtet wurde.


Die geschlitzten Stühle

Über vier Jahrhunderte lang spielten im Mittelalter zwei Stühle mit einer Aussparung in der Sitzfläche bei der Amtseinführung eines neuen Papstes eine zentrale Rolle. Während der Zeremonie empfing der Papst auf dem ersten Stuhl einen Stab und die Schlüssel zum Lateranpalast; auf dem zweiten gab er sie wieder ab. Die Stühle existieren noch – einer im Vatikan, einer im Louvre. Das seltsame Loch im Sitz führte zu der Vermutung, auf diesem Stuhl seien die neuen Päpste einer Männlichkeitsprüfung unterzogen worden, damit sich ein solch peinlichen Vorfall wie mit Johanna nicht wiederholen und weder Eunuchen noch Frauen den Papstthron einnehmen konnten. Diese beiden Stühle werden in Beschreibung der Inthronisation von Paschalis II. im Jahr 1099 erwähnt, nicht jedoch bei den späteren Chronisten, die die Amtszeit von Johanna auf genau dieses Jahr datieren. Erst Hadrian VI., der ab 1522 regierte, schaffte diesen Teil des Rituals ab; bereits lange vorher hatten Kleriker gegen dessen Interpretation als Anatomie-Test angeschrieben. Die Legende jedoch, dass beim neuen Papst stets das Vorhandensein männlicher Geschlechtsorgane geprüft wurde, hielt sich noch lang über Hadrians Amtszeit hinaus und fand insbesondere in protestantischen Schriften Verbreitung.


Tatsächlich gibt es drei geschlitzte Stühle. Die „Stella stercoraria“ – der „Dung-Stuhl“ wurde so bezeichnet, da er an eine Toilette erinnert. Dabei handelt es sich um den Stuhl, auf dem angeblich jeder neu gewählte Papst nach Johanna einer Geschlechtsuntersuchung unterzogen wurde, um den Beweis zu erbringen, dass es sich um einen Mann handelte. Erst nachdem der Untersuchende (für gewöhnlich ein Diakon) den versammelten Menschen feierlich verkündet hatte „Mas nobis dominus est“ („Unser Auserwählter ist ein Mann“), wurden ihm die Schlüssel zu Sankt Peter ausgehändigt.


Für die Krönung von Päpsten, bei der solche „Sesseluntersuchungen“ durchgeführt wurden, gibt es zahlreiche Augenzeugenberichte, am bemerkenswertesten die von Adam Usk (1404), und Bernard von Coreo (1492). Alle beschreiben, die Überprüfung der päpstlichen Männlichkeit gesehen zu haben. Zudem ist sie in unzähligen Liedern und Scherzen aus dieser Zeit erwähnt – ein merkwürdiger Brauch, wenn es keinen weiblichen Papst gegeben haben soll.


Fromme Legende? Protestantische Propaganda? Katholische Großverschwörung? Ob die Abenteuer der Johanna tatsächlich auf Fakten beruhen, lässt sich nicht mehr mit Gewissheit sagen, und man wird es wohl auch niemals herausfinden können.


Wenn wir bei Johannas Geschichte nur von einer Legende ausgehen, ist der Vergleich mit König Arthur von Interesse. Überall auf der Welt glauben Menschen an seine Geschichte, an die Artusrunde, das Schwert im Stein und Lanzelot und Guinevere. Jedoch tauchte diese Geschichte erstmals über 600 Jahre später in einem Bericht von Geoffrey von Monmouth auf, der seine Version von Arthur auf „ein altes Buch“ in britischer Sprache stützte, das die Taten aller Britischen Könige erzählte. Niemand hat jemals jenes Buch gesehen, auf das sich Monmouth berief. Jüngste Wissenschaftler gehen mit William von Newburgh konform, der 1190 schrieb, dass es „durchaus eindeutig sei, dass alles, was Monmouth geschrieben hat, erfunden wurde, sei es aus übermäßiger Lust am Lügen oder der Belustigung der Briten zuliebe.“


Was wäre, wenn Johannas Geschichte auf solch schwachen Beweisen basieren würde? Warum ist Arthurs Geschichte so bekannt, während Johannas in Vergessenheit geriet? Obgleich man Johannas Geschichte für Wirklichkeit oder Legende hält, lohnt es sich über diese Fragen nachzudenken.


Eine mögliche Antwort darauf gibt die Aussage des Philosophen Francis Bacon aus dem 17. Jahrhundert: „Der Mensch neigt dazu, das zu glauben, was er wahr haben möchte.“






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