Everwood

Der schönste Ort der Welt

 

Für alle die mit dem Begriff Everwood nichts anfangen können, es ist ein Ort in den Rockys im Bundesstaat Colorado. Da ist die Luft klar und frisch, das Wasser ist rein, die Menschen nett und alles ist bestens geregelt. Ach so, Everwood liegt am Fuße einer grandiosen Bergkulisse, die Sommers wie Winters alles bietet, was das Herz des Bergfreundes begehrt. Ob Everwood da mithalten kann, ist hier keine Frage. Auch die Schönheit des Ortes steht nicht zur Debatte, denn diese Begriffe sind nun einmal subjektiv belastet. Wie das so ist in einer Kleinstadt die offensichtlich vom Tourismus lebt – etwas anderes fällt mir im Hinblick auf die Lage des Ortes nicht ein (außer Wald- und Forstwirtschaft), geht alles seinen geregelten Gang. Das ist in Deutschland, Frankreich oder Italien ebenso. Jeder kennt jeden oder glaubt ihn zu kennen. Die Mundinformation lässt auch hier die Gerüchteküche brodeln und allerorten ist man begierig auf jene Informationen, die sich hinter den Gardinen vermuten lassen. Fast wie im richtigen Leben. Alle sind auf irgendeine Art zufrieden, die kleinen und größeren Probleme werden so gut wie möglich gelöst und Everwood bietet allen Einwohnern ein angenehmes, ländliches Zuhause. Alles könnte so bleiben wie es ist und würde auch in der kommenden Generation noch so sein, wenn ...ja wenn nicht ein berühmter Arzt aus New York auf die Idee gekommen wäre, mit seinen Kindern ausgerechnet in Everwood seine neue Heimat zu sehen. Aber es kommt ja noch dicker. Dieser Arzt eröffnet eine Praxis für Allgemeinmedizin und behandelt die Patienten auch noch umsonst. Der Hammer kommt jedoch noch für den bereits etablierten Arzt, denn der Neuling lässt sich ausgerechnet auf der anderen Straßenseite nieder – genau gegenüber. Da ist der Showdown vorprogrammiert.
Doch wie kam es dazu, dass ein Spitzenneurologe aus New York die Brocken hinschmeißt und zu sein Glück bei den Landpomeranzen sucht?


Geben wir den Personen einen Namen, das gibt ihnen die Gelegenheit ihre Anonymität zu verlassen. Dr. Andrew Brown (Treat Williams) lebt mit Frau Julia (Brenda Strong) in New York, wo er eine Goldgrube – auch Praxis genannt, betreibt. Das Glück ist vollkommen, zwei Kinder sind dabei, die Tochter Delia (Vivien Cardone) und Sohn Ephram (Gregory Smith). Das Schicksal in Gestalt des Drehbuchautors will es, dass Frau Julia gleich in der ersten Sequenz vom Sensenmann geholt wird – Tod durch Unfall. Kaum hat sich der Zuschauer an ein freundliches, einfühlsames und intelligentes Gesicht gewöhnt, wird ihm dieses wieder entrissen. Aber keine Sorge, die Verblichene taucht immer wieder in nachrückenden Folgen auf und betreibt Konversation mit ihrem hinterbliebenen Exmann und er mit ihr. Nun setzt Dr. Brown den Plan um, den er schon lange mit seiner Frau hegte, die Koffer packen und ab nach Colorado, nach Everwood in den Rocky Mountains (Felsenberge).


Tochter Delia ist begeistert, währen Sohn Ephram von einem Ortswechsel überhaupt nicht angetan ist. Ihn ödet der Langweiler Ort in der Provinz schon an, bevor der Umzug überhaupt vollzogen ist. Gesagt getan, die Browns landen in Everwood – dem schönsten Ort der Welt.
Vater Brown renoviert zunächst das Haus und lernt dabei seine reizende, schwangere Nachbarin kennen. Die Kinder besuchen die örtliche Schule, wo Delia durch ihre unkonventionellen Bekleidungswünsche (Baseballkappe im Unterricht tragen) für Unruhe sorgt. Die Schulordnung steh zur Disposition. So ist das halt auf dem Land, wo noch Disziplin und Ordnung herrschen. Ephram hat es da um einiges schwerer, denn als New Yorker Großstadtjunge wird er von den lokalen Platzhirschen ganz schön rangenommen.


Zu allem Überfluss verliebt er sich auch noch in Amy, die Tochter des Gegenarztes Abbott, der sich darüber gar nicht freut, was übrigens auch für den bisherigen Bewunderer der Tochter gilt. Doch greifen wir den Dingen nicht vor.
Äußerlich – in Sachen Bekleidung, passen sich Vater und Kinder ziemlich rasch an die gängigen Modetrends in Everwood an. Schließlich lebt man am Fuße der Rockys und nicht auf der Fifth Avenue in New York. Dr. Brown wäre in seiner früheren Heimat New York nicht wieder zu erkennen, aber Anpassung ist halt der erste Schritt zur Integration. Das gilt auch für Ärzte, jedenfalls in Fernsehserien.
Dann gibt es noch einen farbigen Schulbusfahrer, eine Seele von Mensch, der Tröster und Beichtvater der Kinder in einem ist, und von allen sehr gemocht wird. Im Verlauf der Handlung (erste Folge) beginnt die Freundschaft zwischen Ephram und Abbotts Tochter Amy. Die Gespräche sind die von Teenagern, wie sie auf der ganzen Welt geführt werden. Man spricht über dieses und jenes, über die kleinen und größeren Probleme der Jugendlichen. Vaters Bart und Aussehen ähnelt inzwischen dem eines wortkargen Holzfällers, was die Figur des Dr. Brown nur noch sympathischer macht.


„In den Rockys ist das so – gestandene Männer tragen Bärte“ (fragt sich nur wozu).


Dem etablierten Arzt Abbott ist der Neuling Brown natürlich ein Dorn im Auge zumal dieser hergeht, und Patienten umsonst behandelt. So etwas hat es in Everwood noch nie gegeben (aus Deutschland ist mir ein solcher Fall auch noch nicht untergekommen. Das wäre für die Krankenkassen ein Fiasko. Die würden glatt an den Beiträgen der Versicherten ersticken). Jedenfalls geht da etwas nicht mit rechten Dingen zu, da muss doch was faul sein. Abbott stellt Nachforschungen an, was ja auch irgendwie verständlich ist, denn durch diese Verhaltensweise zerstört Brown ja die Existenz des Kollegen Abbott. Der Wilde Westen wirft seine Schatten voraus, denn Abbott verfasst Leserbriefe und schickt sie an die örtliche Presse.
Derweil kommen sich seine Tochter Amy und Ephram immer näher – bis sie sich küssen. Romeo und Julia auf dem Lande – kaum vorstellbar, aber wahr.


Abbott spricht Brown vor seiner Praxis an und macht ihm Vorhaltungen wegen seiner ungewöhnlichen „Geschäftsidee“, die ihm – Abbott – zum Nachteil gereicht, was absolut nicht kollegial ist. Schließlich müssen Mediziner zusammen halten, das ist weltweites Evangelium, darauf haben die Götter in Weiß einen Eid abgelegt. Brown beschwichtigt und sucht sein Auskommen mit Abbott, was jedoch zunächst Wunschdenken bleibt.
Browns Familie lebt sich schrittweise in Everwood ein, wenn auch die Spannungen zwischen Sohn und Vater zunehmen. Der junge Ephram kann sich einfach nicht damit abfinden die nächsten Jahre am „Arsch der Welt“ zu verbringen.


Ephram und Amy ziehen sich in ihre Love-Story-Welt zurück, sie zeigt ihm die Schönheiten der Landschaft, die Majestät der Berge und lässt ihn die Stille der Abgeschiedenheit genießen. Frisch verliebt duldet keine Schatten, da herrscht nur Sonnenschein, wie wir alle aus Erfahrung wissen. Die Jungs aus Everwood sehen das wohl ein wenig anders, denn sie wollen nicht auf ihre vermeintlichen Vorrechte an Abbotts Tochter verzichten. Es kommt im Schnee zum Streit, zur Prügelei und einigen Blessuren, die dann in der Praxis von Dr. Brown behandelt werden.


Inzwischen hat Brown auch seine Sprechstundenhilfe gefunden, eine resolute ältere Dame mit Humor und Verstand, die leidenschaftlich gern Motorrad fährt und mit dem farbigen Schulbusfahrer befreundet ist. Mit Rat und Tat steht sie Dr. Brown zur Seite. Im Haushalt der Browns wird das Leben auch nicht einfacher, denn Brown leidet sehr unter dem Tod seiner Frau, die er schmerzlich vermisst.
Sie erscheint immer wieder in den Sequenzen und Andrew spricht mit Julia wie in alten Zeiten. Seine Tochter Delia beobachtet dieses Verhalten und fühlt mit ihrem Vater, derweil sich Sohn Ephram immer mehr zurück zieht.
Der Schulbusfahrer bemerkt Delias Verhalten und spricht sie darauf an. Sie erzählt ihm die Geschichte der Familie und wie ihr Daddy leidet. Der Busfahrer spricht Delia Mut zu und erklärt ihr die Zusammenhänge zwischen Leben und Tod – und die persönlichen Empfindungen, wenn man einen geliebten Menschen verliert und – dass das Leben weiter geht, was ganz sicher auch im Sinne der Verstorbenen ist.
In der Praxis von Dr. Brown geht alles seinen Gang, doch dann kommt es zum offenen Streit zwischen Vater und Sohn, es wird geschrieen und beschimpft, bis sich der Sohn aufs Fahrrad schwingt und davon radelt. Es ist halt nicht so einfach mit dem beiderseitigen Verständnis und der Rücksichtnahme. Menschen sind Egoisten, und nur selten begegnen wir einem Exemplar, das sich von allen anderen unterscheidet – und an sich selbst zuletzt denkt.
Die attraktive schwangere Nachbarin schaut und hört diesem Streit mit verständnisvollem Blick zu und lädt Dr. Brown spontan zu einem Kaffee in ihr Haus ein. Im Gespräch werden auch die intimen und schmerzhaften Gefühle Dr. Browns berührt, was die Nachbarin sichtlich Beeindruckt.
Über den Tag stauen sich die Patienten vor der Arztpraxis von Dr. Brown, denn ein Arzt der umsonst behandelt, da können auch die langjährigen Kunden des Kollegen Abbott nicht wiederstehen, denn jedem von uns ist der Hintern näher als das Hemd.
Im Hause Browns hält Andrew erneut Zwiesprache mit seiner verstorbenen Frau und wird erneut von Tochter Delia beobachtet. Sie spricht ihn in ihrer kindlichen Art direkt auf seine Gefühle an und trifft damit ins Zentrum der väterlichen Empfindungen. Andrew Brown schließt Delia in seine Arme und beide trauern um den großen Verlust eines geliebten Menschen. Amy führt ein langes Gespräch mit Ephram und dieser kommt in sein Elternhaus zurück, wo er leidenschaftlich Klavier spielt, so wie es seine Mutter liebte. Alle drei finden erneut zusammen und lauschen den wundervollen Klängen einer verzaubernden Musik.


„Die Zeit heilt alle Wunden – heißt es in einem Sprichwort, aber es gibt Wunden die heilen niemals.“


Zusammenfassung

Eine unterhaltsame Familienserie die als Einstieg auf den Feierabend zu sehen ist. Leichte Kost ohne schwergängige Philosophie, keine unberechenbaren Ausschläge nach oben oder unten, alles ist und bleibt kalkulierbar, was die Serie dadurch jedoch nicht langatmig macht. Immer wieder findet die Kamera den Weg in die traumhafte Landschaft der Rocky Mountains, die der eigentliche Star dieser Folgen ist. Die Episoden leben von der Lebendigkeit der Charaktere, wie sie gegensätzlicher nicht sein können. Gerne hätte ich mir für die Auftaktfolge ein tierisches Familienmitglied gewünscht, einen typischen Hund, eine Promenadenmischung mit Profil, dann wäre der Plot rundum gelungen. Aber was nicht ist kann ja noch werden. Freuen wir uns auf die kommenden Folgen und auf das prachtvolle Panorama der Rocky Mountains – der Felsenberge. Gedreht wurde übrigens an den Originalschauplätzen und in den Warner Bros. Studios.


Schauspieler

In der Rolle des Andrew Brown sehen wir Treat Williams, der auf eine langjährige Filmkarriere zurück blicken kann und in Filmen wie „Es war einmal in Amerika“ „Vertrauter Feind“ „Das Leben nach dem Tod in Denver“ brillierte.

Gregory Smith spielt hier den Ephram Brown, der im Alter von sechs Jahren seine Schauspielerkarriere begann. Er war an der Seite von Mel Gibson in „Der Patriot“ , in „Kids in America“ und „Ein Hauch von Himmel“ zu sehen.

Vivien Cardone ist Delia Brown, die kleine Tochter des Andrew Brown. Zwölf Jahre jung ist der Irrwisch und schon mit drei Monaten posierte sie vor der Kamera für Pizza Hut und die Kaufhauskette Sears. Den Sprung ins Kino schaffte sie mit „A beautiful Mind – Genie und Wahnsinn“.

Brenda Strong als früh sterbende Mutter und Gattin Julia Brown. In Desparate Housewives geht sie freiwillig in den Tod, in Everwood stirbt sie in der ersten Folge. Der Kick an der Sache: sowohl in Desperate Housewives als auch in Everwood führt sie als Erzählerin durch die Handlung.




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Text: © Ermasch - Presse - Service, Schäffler, Rech
Fotos: © EPS-Schäffler, VOX Film- und Fernseh-GmbH & Co. KG
Quelle: VOX Film- und Fernseh-GmbH & Co. KG

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