House of Flying Daggers |
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Hintergrund Kampfkunstfilme aus dem Land der aufgehenden Sonne oder dem Reich der Mitte haben seit den Zeiten eines legendären Bruce Lee Konjunktur. Kaum ein Monat vergeht, wo nicht ein Film aus China, Japan oder anderen asiatischen Ländern in den Westen gelangt. Aktion ist angesagt, wildes Wirbeln um sich selbst und die anderen, garniert mit teilweise bizarren Sprüngen und Verrenkungen, bei denen mit Schwertern, Messern, Dolchen und Sternen nur so um sich gehauen, gestochen und geworfen wird. Und das mit einer Geschwindigkeit bei der man sich als Zuschauer fragt - geht so etwas überhaupt? Und nicht zu vergessen das martialische Gebrüll, mit denen jeder Ausfallschritt eingeleitet wird. Ich kriege noch heute jedes Mal einen Schrecken und befürchte gleich einen Herzanfall des Film-Kämpfers. Es ist halt so wie es ist, und - es sieht beeindruckend aus. Darauf kommt es in diesen Filmen besonders an. Kein Wunder auch, denn es gibt im Land der Mitte und der aufgehenden Sonne mehr Kampfsportschulen als hierzulande Wurstbuden. Dort werden individuelle Kampfstile bis zur Perfektion gelehrt - einige der talentiertesten Schüler findet man später auch in Filmen wieder - etwa in House of Flying Daggers, ein opulentes Historiendrama um Freundschaft, Liebe und Verrat Made in China. Denken Sie nur an Jackie Chan, das Multitalent in Sachen Kampfsport mit ausgeprägtem Hang zur Komik. Er ist ein Meister seines Fachs, auch wenn er in seinen Filmen gern den Clown mimt. Im Film House of Flying Daggers werden Ihnen in der Tat neue Maßstäbe präsentiert, gesetzt von keinem Geringeren als dem chinesischen Top-Regisseur Zhang Yimou, der schon im Jahr 2003 für sein Meisterwerk Hero eine Oscar Nominierung erhielt und mit zahlreichen weiteren Preisen ausgezeichnet wurde. Jetzt hat er Hero nochmals übertroffen - mit House of Flying Daggers. Dieser grandiose Spitzenfilm ist in der Tat ein brillantes Epos aus dem China des 9.Jahrhunderts und besticht in erster Linie durch die einzigartige Choreographie der Kampfszenen, von denen es im Film nur so wimmelt. Eine furiose wie virtuose Kameraführung macht Aufnahmen sichtbar, von denen der Kinobesucher bisher nur träumen konnte - Zhang Yimou schuf mit diesem Film ein cineastisches Kunstwerk, das Geschichte schreiben wird. An internationaler Begeisterung wird es weder dem Film noch dem Regisseur mangeln. Inhalt Um 859 sieht sich das ehemals blühende Land China unter der Herrschaft der Tang-Dynastie (618-906) am Rande des Abgrunds, es ist von Verfall gezeichnet. Ein verweichlichter und unentschlossener Kaiser steht an der Spitze des Reiches, das unausweichlich einer Katastrophe entgegenstrebt. Das Land ist zerfressen von Korruption, Machthunger, Intrigen und Verrat. Auch hohe Regierungsbeamte und Minister sind in Bestechung und Vorteilsnahme verwickelt. Die leidende Bevölkerung schafft ihrem Zorn und ihrer Unzufriedenheit Ausdruck und schließt sich in Widerstandsgruppen und Rebellen-Armeen zusammen. Eine der mächtigsten und gefürchteten Untergrundarmeen ist unter dem Namen "Haus der fliegenden Dolche" berühmt und berüchtigt. Blitzartige Angriffe zeichnen ihre Taktik aus, danach verschwinden sie scheinbar spurlos im Nichts; eines der großen Geheimnisse dieser Kampfgruppe. Diese "Guerilla-Blitzkriegstrategie" macht sie in breiten Schichten der Bevölkerung zu Helden, denn sie bestehlen die Reichen und geben ihre Beute an die Armen weiter. Aus der Provinz Feng Tian, ihrem zentralen Standort, operieren die Kämpfer und untergraben unaufhörlich die Macht des Kaisers, derweil die örtlichen Polizeistellen die Rebellen mit allen Mitteln bekämpfen. So ist es den Polizeikräften gelungen, den Anführer der Allianz zu ermorden. Doch das "House of Flying Daggers" gibt sich keine Blöße, sondern entwickelt unter seinem neuen geheimnisvollen Anführer sogar noch größere Stärke. Nun wird die Situation für den Kaiser und damit für die Staatsmacht kritisch. Den beiden Offiziere Leo und Jin wird ein kaiserliches Ultimatum zugestellt. In nur zehn Tagen sollen sie den neuen Anführer der Allianz dingfest machen. Ein fast unlösbarer Auftrag, hatte es doch zuvor Monate gedauert, den alten Anführer aufzuspüren und auszuschalten. Leo hat auf Grund seiner Erfahrung im Umgang mit den Rebellen einen Anfangsverdacht. Er zielt auf Mei, der wunderschönen neuen Tänzerin im Luxusbordell Peony Pavillon. Sie soll angeblich die Tochter des ermordeten Anführers und seine Nachfolgerin sein. Jin, der gutaussehende Kollege Leos mit Charme, erhält die Aufgabe ihre Festnahme zu provozieren, um die blinde Tänzerin später verhören zu können. Angetan von Meis Schönheit und trunken vom Alkohol wird Jin im Peony Pavillon gegenüber Mei zudringlich. Auf Kommando taucht Leo auf und nimmt beide in Haft. Der Offizier glaubt nicht an Meis Blindheit und schlägt der Tänzerin einen Handel vor. Wenn sie das Echo-Spiel für sich entscheidet, bei dem mit Bohnen auf kreisförmig aufgestellte Trommeln geworfen wird, die sie dann tänzerisch mit wehenden Tüchern markieren muss, ist sie frei. Doch der Reaktionstest entzieht sich Leos Kontrolle und es kommt zu einem mit Schwertern geführten Kampf, bei dem der Offizier Leo die blinde Mei schließlich bezwingt. Noch auf dem Revier bedrängt Leo Mei, deren Blindheit er nun akzeptiert und versucht sie massiv einzuschüchtern. Er droht der jungen Frau mit schwerer Folter, aber diese gibt keinerlei Informationen preis. Da auf diese Weise kein Weiterkommen möglich ist, greifen die Offiziere zu einer letzten List. Jin soll Mei befreien und damit ihr Vertrauen gewinnen. Dann, so hofft Leo, wird sie ihn zum "Haus der fliegenden Dolche" führen. Und Jin spielt den Befreier wie verabredet. Maskiert überwältigt Jin die Wachen, flieht mit Mei in die Wälder und gibt sich als Krieger namens Wind, als Gegner der korrupten Regierung, zu erkennen. Die blinde Mei ist zuerst beeindruckt und später dann von seinen lauteren Absichten überzeugt. Plötzlich greift eine Gruppe von Reitern die blinde, aber kampfstarke Frau mit Lanzen an. Ihr Befreier Jin kann einige der Angreifer mit einer Serie von Pfeilen von den Pferden schießen. Nach dieser weiteren Rettung öffnet sich Mei, gibt zu, ihren ermordeten Vater rächen zu wollen. Sie ahnt nicht, dass der Angriff nur eine Täuschung war, und Jin im Wald rote Tücher als Markierung für Leo zurückgelassen hat. Der Plan der beiden Polizisten scheint aufzugehen. Als Mei schläft, treffen sich die Offiziere in der Nähe des Lagers. Leo verspricht, keine Scheinangriffe mehr zu starten und warnt seinen Freund, der Anziehungskraft Meis nicht zu erliegen und so das gemeinsame Ziel aus den Augen zu verlieren. Jin spielt weiterhin den souveränen Beschützer und Verführer, der angeblich alles - seine Gefühle und die blinde Mei - unter Kontrolle hat. Tatsächlich hat er sie jedoch längst verloren, hat tiefe Empfindungen für die couragierte Kämpferin entwickelt - so wie Mei für ihren charismatischen Beschützer. Doch zugeben will es noch keiner der beiden. Obwohl Leo keine weiteren Überfälle auf das Paar zugesagt hat, reißen die Angriffe nicht ab. Auf freiem Feld werden sie von kaiserlichen Soldaten umringt. Während Mei, die sich nur an Geräuschen orientiert, ihre Dolche mit traumwandlerischer Sicherheit nach den Soldaten wirft, jagt Jin einen Pfeil nach dem anderen gegen die Angreifer. Trotz ihrer heldenhaften Gegenwehr ist ein Ende des ungleichen Kampfes abzusehen, und schließlich stehen sie Rücken an Rücken einer Übermacht gegenüber, die nur noch eine Schwertlänge vom tödlichen Schlag entfernt ist. Völlig unerwartet erhalten sie tatkräftige Unterstützung. Ein Hagel von zugespitzten Bambusstangen schwirrt aus dem nahen Wald heran und bohrt sich mit schrecklicher Genauigkeit in die Leiber der Regierungssoldaten. Überwältigt vom Glück überlebt zu haben und hingerissen von ihren Gefühlen, küsst die blinde Mei ihren Beschützer Jin leidenschaftlich, wird aber von diesem zurückgewiesen. Der erfahrene Krieger ist völlig durcheinander und begreift nicht, dass ausgerechnet er sich in eine Staatsfeindin verlieben konnte. Er kann nicht erkennen, wer die unbekannten Helfer sein könnten und warum Leo erneut eine Attacke wagte, die zahlreiche Menschenleben forderte. So kommt es bei einem dritten Geheimtreffen der Offiziere zwangsläufig zum Eklat und Bruch. Leo gibt zu, dass er nur die Vorschriften befolgt und einem General von dem flüchtenden Paar erzählt habe. Dieser macht nun mobil, um sie beide zu töten. Daraufhin quittiert Jin den Dienst. Kurze Zeit später zerstreiten sich auch Mei und Jin. Sie löst den Mann, der sich Wind nennt und in ihren Augen auf Dauer nie an ihrer Seite bleiben wird, von allen Verpflichtungen und reitet allein weiter, immer tiefer in den Bambuswald hinein. Einige Zeit zögert Jin, doch dann folgt er Meis Spuren. Als er sie wiedertrifft, werden beide aus der Luft angegriffen, gleiten Soldaten wie Akrobaten von den Wipfeln der Bambusbäume die Stämme hinunter und werfen ihre Speere. Ein Regen von Bambuslanzen geht auf das Paar nieder, bis Jin und Mei in der Falle sitzen, weder vor noch zurück können. Bewegungsunfähig sehen beide dem sicheren Tod ins Auge, als plötzlich Hunderte von Dolchen durch die Luft fliegen und alle Angreifer töten. Wie durch einen Zauber nehmen die legendären Kriegerinnen des Hauses der fliegenden Dolche körperliche Gestalt an. Jin erkennt ihre Anführerin auf Anhieb, doch kann man in diesem gefährlichen Spiel um Täuschung und Verrat wirklich seinen Augen trauen? Keiner ist der, der er zu sein scheint. Und wenn alle Geheimnisse enthüllt sind, wird sich nicht nur die Zukunft Chinas, sondern auch die einer großen Liebe entscheiden...die tragisch endet. Selten ist chinesischen Filmen dieses Genres ein Happy End beschieden. Und der Tang-Dynastie auch nicht. Auf ihrer Flucht durch den Urwald haben Mei und Jin nur drei Tage für sich, drei Tage, in denen sie sich Schritt für Schritt näher kommen und sich lieben lernen. Für mich ist das kein gewöhnlicher Aktion- und Hau-Drauf-Film. Es ist eine romantisch-tragische Liebesgeschichte mit einem Aktionfilm als Hintergrund. Jin und Mei verbringen nur drei Tage miteinander, aber in dieser Zeit lieben sie sich mit großer Leidenschaft. Ihre Liebe kann man nicht durch die allseits bekannten Strukturen erklären. Wäre das möglich, dann wäre es nicht Liebe sondern lediglich körperliches Verlangen. Vielleicht brauchen alle Menschen nur wenige Augenblicke, um wahre Liebe zu finden. Vielleicht hat auch die Ausweglosigkeit der Flucht den beiden Menschen jene Pforte zur Erfüllung geöffnet. Auch wenn man viele Jahre miteinander verbringt, bedeutet das nicht automatisch ein tieferes Verbundenheitsgefühl. Viele Regisseure haben ähnliche Geschichten erzählt. Zhang Yimou aber ging es darum zu zeigen, wie sich Menschen verlieben und welche Opfer sie dafür zu bringen bereit sind. Letzten Endes bedeutet Liebe immer ein Sieg der menschlichen Seele - auch über den eigenen Tod hinaus. Drehorte Gedreht wurde in Chinas berühmten Bambuswäldern, wo sonst. Außerdem in der Ukraine - als der erste Schnee fiel. Weitere Aufnahmen entstanden in den Studios von Peking, wo auch der legendäre Peony Pavillon nachgebaut wurde, jener Ort, wo die blinde Mei als Tänzerin auftritt. Schauspieler Takeshi Kaneshiro ist Jin: Takeshi Kaneshiro hat taiwanesische und japanische Wurzeln und zählt zu den populärsten und meistbeschäftigten Stars des Asiatischen Films. Kaneshiro spricht fünf Sprachen fließend und ist in Asien sehr beliebt.
Regie Zhang Yimou Regisseur Zhang Yimou ist international bekannt für seine wunderschönen, einfühlsamen Porträts über China. Dennoch sieht er sich nicht als Experte in der Inszenierung von Actionfilmen, sondern eher als begeisterter Schüler des Genres. Nach dem Oscar-nominierten Welterfolg HERO, seinem ersten Film über das von Schwertkämpfen und Ritterlichkeit geprägte Genre der Wuxia-Filme, konnte und wollte Zhang Yimou Begeisterung für diese Filmart nicht länger zügeln. Er bezeichnet seinen neuen Film als eine Hommage an die Wuxia-Filme, die sein Denken und Handeln als Filmemacher nachhaltig beeinflusst haben. Seit nunmehr 17 Jahren arbeitet Zhang Yimou als Regisseur und hat dabei eine Vielzahl von Ehrungen und Preisen erhalten. Drehbuch Li Feng Li Feng ist er einer der bedeutendsten Schriftsteller seiner Generation und eine Führungsfigur unter den neuen, jungen Autoren Chinas. Er lebt und arbeitet in Peking und ist der Erste, der mit dem neu geschaffenen Internet Quartet Cultural Prize ausgezeichnet wurde. Kostüme Emi Wada Die Japanerin Emi Wada zählt zu den angesehensten Kostümdesignern der Filmwelt, hat Anerkennung weit über die Grenzen ihres Heimatlandes hinaus gefunden und ist die erste Japanerin, die mit einem Oscar ausgezeichnet wurde - und zwar für ihre Mitarbeit an Akira Kurosawas Shakespeare-Film RAN. Internet: www.constantinfilm.de |
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Für Sie entdeckt und zusammengestellt durch ©EPS-Schäffler/ Körner / H.J. RechText: Hans Joachim Rech |