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Museen, so die herkömmliche Vorstellung, ähneln sakralen Hallen, zumindest was die Ehrfurcht und den Respekt angeht, wenn man selbige betritt. In Museen durfte nicht gesprochen, nichts angefasst werden, und man hatte sich tunlichst zu benehmen, was besonders für Kinder und Schüler galt. In den Räumlichkeiten der Museen werden die Hinterlassenschaften unserer Vorfahren oder noch lebender Personen gesammelt und ausgestellt, um sie zu bewahren und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Museen mit diesem Anspruch waren zu meiner Schülerzeit an der Tagesordnung. Verstöße wurden sowohl vom Wach- als auch vom Lehrpersonal „gnadenlos" geahndet. Schließlich gab es damals noch Zeugnisnoten für Betragen und gutes Benehmen. Museen heute, das sind Erlebniseinrichtungen, die Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen die Möglichkeit bieten hautnah und oftmals durch praktisches Probieren viel über die ausgestellten Teile, ihren Sinn und Zweck im häuslichen, betrieblichen und wissenschaftlichen Bereich zu erfahren. Auch wenn es heute keine Zeugnisbenotung für Betragen und Benehmen mehr gibt, so ist doch die Museumsordnung für alle Besucher bindend. Das der Vollständigkeit halber. Die Sammlungen wuchsen, die Objekte nahmen immer größere Ausmaße an, und als man begann komplette Häuser, Dörfer und Industrieanlagen in Museen zu etablieren oder diese einfach in Museen umzuwandeln, musste man zwangsläufig das Museumsareal erheblich erweitern. Reichten früher neue und größere Gebäude oder erweiterte Anbauten aus, so stand man beim Erhalt kompletter Immobilien vor immensen Herausforderungen. Fachgerechter Abbau, Transport und sorgsame Lagerung waren zu organisieren. Es ist ja nicht so, dass die Niederlegung eines teilweise jahrhundertealten Gebäudes mal eben so über die Bühne geht. Und auch das Museum, in dem das Haus später wieder originalgetreu errichtet wird, liegt ebenfalls nicht gleich um die Ecke. Da ist Logistik gefragt. Hinzu kommt das Museumsgelände, das ja einen repräsentativen Landschaftsquerschnitt bieten soll, in den die Aufbauten hineinpassen und natürlich hinein gehören. Niemand wird ernsthaft auf die Idee kommen eine Allgäuer Sennerhütte in einem norddeutschen Freilichtmuseum zu platzieren und diese als landestypisches norddeutsches Gebäude vorstellen. Darüber hinaus soll ein Freilichtmuseum zum einen umfassend über die Lebens- und Arbeitswelt unserer ländlichen oder städtischen Vorfahren Zeugnis ablegen, zum anderen darf es kein statisches Konglomerat sein, sondern soll sich den Besuchern als lebendiger, gelebter Organismus präsentieren, das uns in vielen Dingen und Verrichtungen des täglichen Lebens, so wie wir sie heute kennen, durchaus noch Ratgeber und Helfer sein kann. Das Freilichtmuseum Rheinland-Pfalz in Bad Sobernheim ist eine Anlage der ganz besonderen Art. Wer sich an einem Tag ein kulturell-landschaftliches Bild über die Pfalz machen möchte, über die Art und Weise wie die Menschen auf dem Lande während der vergangenen fünf Jahrhunderte lebten, wohnten und arbeiteten, der ist in diesem Museum bestens aufgehoben; zumindest erhält der Besucher hier umfassende Informationen und visuelle Eindrücke, die ihn Rheinland-Pfalz noch mehr als bisher schätzen und lieben lernen. Rheinland-Pfalz, das ist geografisch-landschaftsgestaltliche Vielfalt, die sich auf dem natürlichen Gelände eines Museumsdorfes nicht ohne weiteres etablieren lässt. Mit sehr viel Umsicht gingen die Planer bereits in den siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts daran, eine passende und abwechslungsreiche Landschaft ausfindig zu machen, um entsprechende Museumsdörfer aufzubauen. Denn eins war von vorneherein klar: es sollte kein Sammelsurium von Gebäuden auf einem Gelände werden, sondern ein nach den geografischen Gegebenheiten und den Hauslandschaften von Rheinland-Pfalz strukturiertes Ensemble. Mithin stehen vier Dörfer im weiteren Ausbau den Besuchern zur Besichtigung frei; der Hunsrück-Nahe Bereich, der Mittelrhein mit Westerwald, die Mosel Eifel und die Pfalz mit Rheinhessen. Das geeignete Grundstück fand man schließlich im Nachtigallental nahe Bad Sobernheim. In den siebziger Jahren erfolgte das erste Richtfest, und mittlerweile zeigt das Freilichtmuseum rund 40 historische Gebäude und Anlagen aus allen rheinland-pfälzischen Landesteilen, wenngleich die Häuser aus der Pfalz in der „Minderheit" sind. Über die Mosel zu schreiben hieße Eulen nach Athen tragen. Nach dem Rhein ist sie der am meisten besungene und literarisch ergründete Fluss im Westen Deutschlands. Wer die Mosel kennt der weiß, dass es in ihrem Tal zum einen ganz schön eng zugeht, zum anderen die Steilheit der Weinberge Dimensionen annimmt, die einen schaudern lassen. Entsprechend fällt die Bebauung aus, zwangsläufig. Die Dörfer sind fast lückenlos bebaut, quetschen sich an und in die Schieferhänge von Eifel und Hunsrück, ziehen sich längs des Flusslaufes wie Gummibänder und haben nicht selten in jedem Jahr mit zum Teil heftigen Hochwassern zu kämpfen. Fachwerk und Steinbau wechselten sich über die Jahrhunderte ab oder sind in beiden Ausführungen zahlreich vorhanden (offener Geräteschuppen). Anders dagegen die Eifellandschaft, in der zweifellos das Dorf, der Weiler, die Gemeinde dominiert. Kleinere Städte gestalten sich mittelalterlich-verwinkelt, und größere Städte sind an den Fingern abzuzählen. Haufen- und Straßendörfer prägen noch heute die zum Teil dicht bewaldeten Täler und Höhenrücken des linksrheinischen Schiefergebirges. Massiv- und Fachwerkbau stehen auch hier im Wechsel, wenngleich die Westeifel durch die Verheerungen des Krieges zu einer Region des Steinhauses wurde, in der nur noch in geringer Zahl Fachwerke anzutreffen sind, so in der Gemeinde Hürtgenwald, im Heckenland um Monschau und in der Rureifel. Pfalz und Rheinhessen, da sind schon vom Namen her klimatische Unterschiede zu erwarten, vom traditionellen Hausbau ganz zu schweigen. Reihendorf, Haufendorf und Höhendorf sind kennzeichnend für die Pfälzer Landschaften, während Rheinhessen die Domäne des Straßendorfes ist. Fachwerke auf Massivhausunterbau (die Wassermühle aus Alterkülz stammt aus dem Hunsrück) wechseln mit reinen Massivhausbauten; letztlich wollte man auch repräsentativ und der Neuzeit gegenüber aufgeschlossen sein, und seinen Wohlstand nach außen zeigen. Die Präsentation der Puppensammlung in Haus Neuburg hat museale Gründe; der Großteil der gezeigten Puppen war sicherlich den Kindern des wohlhabenden städtischen Großbürgertums vorbehalten. Im Hunsrück-Nahe Dorf findet sich geografisch die Fortsetzung der Eifel nur unter anderem Namen. Im Freilichtmuseum wird das Hunsrück-Nahe Dorf als Haufendorf vorgestellt, in dem die einzelnen Haustypen wie Gemeindehaus, Kirche, Bauern- und Handwerkerhäuser sinngemäß zusammen gestellt sind. Auch in diesem Ensemble wechseln sich Fachwerk, Teilmassiv und Massivhaus ab (Kolonialwarenladen Haus Weinsheim). Mittelrhein und Westerwald vollenden das Quartett der Museumsdörfer im Freilichtmuseum Bad Sobernheim. Auffällig an den Dörfern dieser Region ist ihre bauliche Verwandtschaft zu den Gebäuden und Dörfern an der Mosel. Schmal und lang gestreckt folgen sie dem Verlauf der Flüsse, und schon früh ging man zu massiven Unterbauten über, welche die aufgesetzten Fachwerke zum einen vor Überschwemmungen schützen sollten. Zum anderen waren wegen der höheren Feuersicherheit im Erdgeschoss Herdstelle und Küche untergebracht. Die Häuslebauer der vergangenen Jahrhunderte ließen sich mithin einiges einfallen, um ihr Hab und Gut sicher zu verwahren. Im Westerwald – da pfeift über die Höhen der Wind so kalt. Starten sie doch eine Rundfahrt durch den Rheinland-Pfälzischen Westerwald und sie werden schnell erkennen, warum es im bekannten Lied so heißt und wie sich die Dörfler gegen die Wetterunbillen zu wappnen wissen. Das Markenzeichen des Westerwaldes ist neben dem Wald die typische Form des geschlossenen Dorfes; dicht wie eine Wagenburg, so dass es nicht einmal einer Dorf- oder Stadtmauer bedarf. Fachwerk prägte in jenen Zeiten den Hausbau in Rheinland-Pfalz. Die Durchführung war einfach, Holz viel und billig vorhanden, Arbeitskräfte ebenfalls, und den Rest des „Innenausbaus" sowie das Füllen der Gefache übernahm oftmals die Familie selbst. Allerdings machten die Häuser, so wie sie jetzt in Bad Sobernheim zu sehen sind, ganz sicher nicht den Ein-druck Jahre nach ihrer erstmaligen Errichtung. Den Menschen ging es um ein Dach über dem Kopf, nicht um farbenfrohe Gestaltung oder schmucken Zierrat in Eiche, Das konnten sich in der Tat nur vermögende Bauherren leisten, das Gros beschränkte sich auf ein normales Fachwerk, welches seine statischen Funktionen gut erfüllte und ein Wind- und Wetterfestes Haus bescherte. Allerdings begannen spätere Generationen Füllungen und Fachwerk aufwendig mehrfarbig zu bemalen, um so auf ihr Haus aufmerksam zu machen. Heuer ist dieses Verhalten derart ausgeprägt (nicht immer zum Wohle des Fachwerkes), das allenthalben die Baumärkte wie Pilze aus dem Boden quellen. Das Freilichtmuseum Bad Sobernheim ist ein Museum der besonderen Art, eigentlich kein Museum, eher ein verträumt liegendes Dörfchen, auf das man während einer Fahrt durch Rheinland-Pfalz zufällig oder hingewiesen aufmerksam wird. Ehe man sich versieht, befindet man sich auf einer Zeitreise, wie sie bunter und charmanter nicht sein kann. Das vergangene dörfliche Leben eines Bundeslandes, zusammengefasst in vier Museumsdörfern, filigran miteinander verflochten, ohne Haken, Ösen oder deplatzierte Objekte; ein virtuoses Arrangement, in das sehr viel Herzblut, Liebe zum Detail, Fachwissen, handwerkliches Können und vor allem – jede Menge Idealismus und Zeit eingeflossen ist und weiter einfließt. Was für die Gebäude und Inneneinrichtung gilt, geht nahtlos in die Gestaltung des Umfeldes über. Klassische Hausgärten, Bauerngärten, Kräutergärten, Wiesen- Weide- und Ackerflächen sowie Bachläufe und Teiche sorgen für den „artgerechten" natürlichen Rahmen, der das Museum umschließt wie ein grüner Ring. Doch was wäre eine ländliche und bäuerliche Lebensweise ohne Tiere – einfach undenkbar. So gesellen sich zum dörflichen Vielerlei selten gewordene Haustierrassen, die auf ihre Art alle Besucher standesgemäß begrüßen. Rinder, Schweine, Ziegen, Schafe, Gänse, Enten, Hühner, Stallhasen – die Anzahl der Arten ist schier überwältigend und sorgt besonders bei Kindern und Jugendlichen, aber auch bei Erwachsenen stets für ein großes Hallo. Man hofft, dass der Auf- und Ausbau des Museums mit seinen vier Dörfern etwa 2020 abgeschlossen ist. Dass die Verantwortlichen im Rheinland-Pfälzischen Freilichtmuseum weit mehr sehen als nur eine Darbietung immobiler Vergangenheit, versteht sich von selbst. Der Veranstaltungskalender ist so umfangreich, dass selbst eingefleischte Museumsbesucher sich die Augen reiben ob der angebotenen Fülle. Von Anfang März bis zum Anfang November eines jeden Jahres ist das Museum außer Montags täglich geöffnet. An Feiertagen sowie in den Ferien auch Montags. Diese saisonale Zeit gilt es zu nutzen, denn der Zweckverband des Freilichtmuseums ist auf jeden Euro zusätzlich angewiesen, wenn sich auch selbiger seit 2003 in Trägerschaft der Stiftung Rheinland-Pfälzisches Freilichtmuseum Bad Sobernheim befindet. Als Körperschaft des öffentlichen Rechts wird sie hälftig vom Landkreis Bad Kreuznach und jeweils einem Viertel von der Verbandsgemeinde und Stadtgemeinde Bad Sobernheim getragen. Jeder zusätzlich erwirtschaftete Euro fließt in den Unterhalt des Museums, Objekterwerb und die Organisation der Veranstaltungen ein. Hochkarätige Sponsoren aus Wirtschaft, Handel und Banken unterstützen das Freilichtmuseum bei seinen Bemühungen um den Erhalt und die Bewahrung unersetzlicher Kulturgüter. Darüber hinaus lässt sich die Museumsleitung viel einfallen, um den Besuch noch interessanter, informativer und lehrreicher zu machen. Da gibt es die Köhlerwochen, den Deutschen Mühlentag, den Wein-Winzer- und Käsemarkt, den Tag der Imkerei (alles rund um Honig und Biene), Trecker- und Schleppertreffen, den Töpfermarkt, den Spielzeugtag (altes Spielzeug und alte Kinderspiele neu entdecken), den Tag der alten Nutz- und Haustierrassen, den Handwerkertag, die regelmäßigen Backtage (mind. 1 Tag im Monat) und andere, sowie Kurse die da wären; Schmieden, Seildrehen, Besenbinden, Korbflechten, Spinnen und Färben, Klöppeln. Neu im Programm ist der Obst-Tag, wo es um alte Obstsorten, deren Erhalt und Nutzung geht sowie ein Flachstag, der eine fast vergessene Nutzpflanze wieder in das Bewusstsein der Menschen rücken will. Die Kursteilnahme ist kostenpflichtig, allerdings ist sowohl das Material als auch Kaffee und Kuchen im Preis enthalten. Ein Grund mehr, die eine oder andere Handfertigkeit zu erlernen. Viel mehr und alles rund um das Freilandmuseum Rheinland-Pfalz in Bad Sobernheim können sie aus der Homepage des Museums erfahren, deren Adresse zum Ende des Beitrags nach zu lesen ist. Dass sie bei dieser Gelegenheit nicht nur das Museum besuchen, liegt auf der Hand. Auch Bad Sobernheim erwartet und begrüßt sie herzlich als Gast. Eine Empfehlung an alle Besucher: reisen sie tunlichst mit Bus oder Bahn an. Es bestehen stündliche Verbindungen aus den Großstädten Saarbrücken, Kaiserslautern, Koblenz, Frankfurt und Bad Kreuznach nach Bad Sobernheim. Der 25-minütige Fußweg zum Museum ist bestens ausgeschildert und schenkt ihnen schon vor Erreichen des Freilichtmuseums erholsame und vielfältige Eindrücke. Natürlich können sie das Freilichtmuseum auch über den Winter besuchen. Der Eintritt ist dann kostenlos, allerdings sind die Häuser geschlossen (November bis März). Ein besonderes Angebot des Museums an alle jene Menschen, die nicht mehr so fit auf Füßen und Beinen sind; buchen sie eine Busführung in einem historischen Fahrzeug aus den Fünfziger Jahren (max. 8 Personen) Internet: www.freilichtmuseum-rpl.de Busbuchung: www.freilichtmuseum-rlp.de/UnsereAngebote/BusFührung/tabid/942/Default.aspx Rheinland-Pfälzisches Freilichtmuseum Bad Sobernheim Nachtigallental 55560 Bad Sobernheim/Pfalz Öffnungszeiten: Die genauen Öffnungszeiten, Preise und Veranstaltungstermine erfahren sie aus der Homepage des Freilandmuseums. |
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- Presse - Service, Hans Joachim Rech |