Das Nationale Palastmuseum in Taipei

Fünftausend Jahre Kultur unter einem Dach

Kunstraub – oder größte Kunstrettungstat der Geschichte? Als der chinesische Generalissimus Tschiang Kai-shek sich 1949 nach der Niederlage gegen Maos rote Truppen mit seinen Kuomintang-Gefolgsleuten nach Taiwan zurückzog, waren bereits die wertvollsten Schätze des Chinesischen Nationalmuseums auf die Insel im Südchinesischen Meer „exportiert“ worden. Seit die verheerende „Kulturrevolution“ über das chinesische Festland hinwegfegte, weiß die Welt die Antwort auf die eingangs gestellte Frage!


Chinesische Palastmuseen gehen zurück bis in die nördliche Sung-Periode (960 bis 1127 n. Chr.). Sie waren aber ausschließlich hinter den Mauern der kaiserlichen Höfe verborgen und ausschließlich den Mitgliedern des Hofes und hochrangigen Persönlichkeiten zugänglich. Der damalige Kaiser Hsuan Tung ließ 1120 n. Chr. erstmals vollständige Kataloge der Schriftkunstwerke und Gemälde zusammenstellen. Im Laufe der Jahrhunderte wurde die Sammlung dann immer mehr ausgebaut, erlebte aber auch schwarze Zeiten. Wie jene, als um die Wende des 19. zum 20. Jahrhundert englische und französische Truppen nach der Einnahme Pekings das Museumsgebäude des Yuan-Ming Yuan niederbrannten und bei dieser Gelegenheit zahlreiche Schätze zerstörten oder „mitgehen „ ließen.


Erst im Oktober 1925 nach dem Fall der letzten Ching-Dynastie und der Gründung der ersten Republik in Asien durch Dr. Sun yat-sen (1912)wurde das erste öffentliche Museum in China eröffnet. Der gesamte Ching-Palastkomplex, bekannt als die “Verbotene Stadt“, wurde formell zum „Nationalen Palastmuseum“ erklärt. Das neue Museum beherbergte, was Chinas Kaiser in fünf Jahrtausenden an unermesslichen und unersetzlichen Kunstschätzen aus allen Ching-Palästen (Kaiserpalast Peking, Mukden- Palast und Sommerpalast in Jehol) zusammengetragen hatten


Das Museum aber sollte nicht lange an seinem Platz bleiben. Ihm stand eine unvorstellbare Odyssee bevor. Noch rechtzeitig vor der sich androhenden japanischen Invasion wurden die wertvollsten Schätze in mehr als 19 000 Kisten per Schiff in Chinas Süden gebracht. Zunächst nach Shanghai und dann nach Nanking. Beim Ausbruch des chinesisch-japanischen Krieges 1937 musste alles erneut in Sicherheit gebracht werden, diesmal nach Szecuan und Kweichou. Nächste Station nach Ende des Krieges war dann wieder Nanking. Aber auch das war noch nicht Endstation. Als die Kommunisten im Krieg gegen die Nationalchinesen Nanking eroberten, hatte Tschiang kai-shek bereits vorgesorgt und die Museumsschätze in zahllosen Schiffsladungen nach Taiwan bringen lassen. Zunächst lagerte alles in der Hafenstadt Taichung, ehe das Museum seine neue Heimat in einem eigens errichteten Gebäudekomplex in Waishuangsi, einem Vorort der Hauptstadt Taipei, fand. Und das nun endgültig.


In Peking sieht man das allerdings nicht so „endgültig“. Die Volksrepublik China verlangt seit langer Zeit von der Republik China/Taiwan zurück, was nach Meinung der Regierung in Peking 1949 „dem chinesischen Volk geraubt wurde“. So die offizielle Lesart. In Taipei denkt man da natürlich anders. Und zwar mit voller Berechtigung. Was heute im Nationalen Palastmuseum als der Welt größte Sammlung chinesischer Kunstschätze aufbewahrt wird und der Öffentlichkeit zugänglich ist, gäbe es ohne den angeblichen „Raub“ gar nicht mehr, seit Maos „Rote Garden“ in der so genannten „Kulturrevolution“ alles – buchstäblich - kurz und klein schlugen, was auch nur einen Hauch von Kultur hatte. Dr. Chin Hsiao-yi, der frühere Kurator des Museums, sprach es in aller Deutlichkeit aus: „Empörung erfasste damals nicht nur das ganze chinesische Volk, sondern alle Welt, angesichts der unglaublichen Verbrechen, die unter Mao an Chinas fünftausendjähriger Geschichte begangen wurden.“


Dass man in Taipei keinen Moment daran denkt, der Forderung Pekings auf „Herausgabe“ der Museumsschätze nachzugeben, versteht sich. Wie vorsichtig man dabei ist, daran ließ schon vor Jahren auf der Internationalen Tourismus-Börse in Berlin William Lue Hsi-Ming, seinerzeit Koordinator des Auslandssekretariats im Palastmuseum, keinen Zweifel: „Was wir auf solchen Messen oder anderen Ausstellungen präsentieren, sind ausschließlich Nachbildungen. Die Gefahr, dass zumindest mit einstweiligen Verfügungen auf Betreiben Pekings die Beschlagnahme von Originalen erfolgt, ist zu groß.“


Wer die echten Schätze sehen will, muss sich also schon auf den Weg nach Taiwan machen. Was ihn dort erwartet, ist eine einzigartige Zeitreise durch fünftausend Jahre Kultur des einstigen Reiches der Mitte. Stella, die ausgezeichnet Deutsch sprechende Führerin, bringt es auf den Punkt: „China ist eben nicht nur das Land, in dem Kompass, Schießpulver, Papier und Druckkunst erfunden wurden. Das größte historische Kapital unseres Landes, ist seine Kultur.“


Und diese Kultur lässt sich im Nationalen Palastmuseum auch in Zahlen ausdrücken. Das Museum besitzt an die 700 000 Schätze, darunter mit 34 000 Einzelbänden aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts auch die größte Enzyklopädie der Welt. Annähernd 24 000 Porzellane, fast 4 500 Bronzen, rund 4 600 Kostbarkeiten aus Jade, die ältesten davon mehr als 3 500 Jahre alt, Tausende seltener Bücher, Miniaturen, und Elfenbeinschnitzereien bilden das einmalige Potenzial dieses Museums. Zu den ganz besonderen Raritäten zählen zum Beispiel zwei Bronzesiegel aus der Tschang-Zeit, die als die ältesten Kulturzeichen der Menschheit gelten dürfen.


Dass nicht sämtliche Schätze zugleich ausgestellt werden können, versteht sich. Im Turnus von drei bis sechs Monaten erfolgen – die absoluten Dauer-Exponate ausgenommen – regelmäßige Auswechselungen in den über mehrere Etagen verteilten und betont übersichtlich gestalteten Ausstellungsräumen. Was nicht ausgestellt wird, befindet sich in einem in die Berge gesprengten klimatisierten Tunnelgewölbe unmittelbar hinter dem Museum.


Nach dem Preis der Exponate zu fragen, erübrigt sich. Sie sind allesamt unverkäuflich. Den jährlich bis zu zwei Millionen Besuchern aus aller Welt bietet sich aber – wie praktisch in allen Museen dieser Welt - die Möglichkeit, Souvenirs zu kaufen. Wobei der Begriff Souvenir nichts mit dem oft üblichen Massen-Kitsch zu tun hat. Das Nationale Palastmuseum in Taiwan verfügt über eine Werkstatt, die nur kunsthandwerkliche Repliken ausgesuchter Stücke herstellt.


Um den Besuchern nach dem Gang durch fünftausend Jahre chinesischer Kunst- und Kulturgeschichte die Möglichkeit zu geben, dies alles noch tiefer zu verinnerlichen, ist in unmittelbarer Nähe des Museums eine großräumige Parkanlage entstanden. Der im Stil eines klassischen chinesischen Gartens errichtete Park mit verschwiegenen Pavillons und romantischen Teichen erstreckt sich über ein Areal von mehr als 23 000 Quadratmetern. Ein besinnlicher Spaziergang, umgeben vom Hauch einer unvergleichlichen chinesischen Landschaft, ist der richtige Weg, sich vom Nationalen Palastmuseum auf Taiwan zu verabschieden.






Für Sie entdeckt und zusammengestellt durch ©EPS-Schäffler / Friedrich

Textzusammenstellung: © Ermasch - Presse - Service, Manfred E. Friedrich
Fotos: © EPS-Schäffler, Archiv Friedrich
Quelle: Manfred E. Friedrich

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