Stolz sie da, mächtig und erhaben. Mal hell und freundlich strahlend im Licht der Sonne, mal düster-dräuend, wenn dicke, tiefziehende Wolken wieder einmal das liebliche Rheintal zwischen Koblenz und Bingen verdüstern. Tausend Jahre hat sie auf ihrem Rücken, die Burg Rheinstein und eine wechselvolle Geschichte, die sie oftmals an den Rand des Untergangs führte. Die deutschen Lande sind gefüllt mit Burgen oder deren Resten, die bis in die heutige Zeit vom einstmals blühenden Ritterstand künden, der das Gesicht Deutschlands und Europas nachhaltig prägte.
Eine dieser Burgen ist Gegenstand dieses Beitrags. Ihr Name: Burg Rheinstein, gelegen zwischen Koblenz und Bingen, dem wohl schönsten Abschnitt des deutschen Schicksalsstroms, der in zahlreichen Liedern und Balladen über die Jahrhunderte hinweg besungen wurde. Das berühmteste Epos ist zweifellos Der Ring des Nibelung. Das jedoch eher am Rande, denn Rheinstein ist halt mehr als nur eine mittelalterliche Trutzburg. Auferstanden aus Ruinen treffender könnte man die Renaissance dieses linksrheinisch, auf 90 Meter hohem Felsen thronenden Bauwerks nicht bezeichnen.
Rheinstein heißt die Anlage erst seit dem 19.Jahrhundert, bis dahin war ihr richtiger Name Vaitsburg Vaitzburg oder Vogtsburg. Eine Zollstätte sollte es sein, denn von luftiger Warte herab passierte keine Maus ungesehen den Abschnitt zwischen Trechtinghausen und Bingen. Wechselnde Herrschaften brachten nicht immer nur Vorteile für die Burg und deren Herren, die Mainzer Fürstbischöfe, und gegen Ende des 15.Jahrhunderts verlor die Burg zusehends an Bedeutung. Schon zu Zeiten des 30jährigen Krieges wird die Vaitzburg als Ruine bezeichnet. Nachfolgenden neuen Besitzern gelingt es zumindest den weiteren Abbruch der Burg zu verhindern; sie wurde von den Anwohnern der Nachbarschaft als Steinbruch verwendet.
Mit dem Einmarsch Napoleons beginnt für die Rheinlande eine neue Zeit, die nicht nur rechtlich-strategische Vorteile, sondern auch ein neues Lebensgefühl mit sich bringt. Der frische Wind der französischen Revolution bläst den alten preußischen Muff hinweg. Die Zeit der Romantik bestimmt das Denken und Handeln der jungen Generation. Preußens Baumeister Schinkel entdeckt neben anderen die brachliegenden Erbstücke deutscher Geschichte und entschließt sich zu einer Neugestaltung der Vaitzburg. 1825 beginnen die Arbeiten, und schon wenige Jahre später wird die Vaitzburg, die jetzt offiziell den Namen Rheinstein trägt, zur Lieblingsburg von Prinz Friedrich. Der europäische Hochadel verkehrt lustwandelnd über den Wellen des Rheins, und das Lied der Loreley soll bis zu den Zinnen der Schmachtenden herüber geklungen sein. Ungeachtet dessen wurde weiter ausgebaut, erweitert und verfeinert. Die Prinzen, Könige und Kanzler kamen und gingen, Kriege zogen über das Land dahin, aber Burg Rheinstein blieb von alldem unberührt. Es schien, als hätte sich ein unsichtbarer Schutzschild über diesem einzigartigen Gemäuer verfestigt, um jeglichen Schaden abzuwenden.
Als letzte Repräsentantin des deutschen Hochadels auf dieser Burg wird die Herzogin Barbara von Hessen - Mecklenburg neue Besitzerin. Im Jahre 1973 werden Verkaufsabsichten laut, die schnell die modernen Raubritter auf den Plan riefen die nur ein Ziel verfolgten: die Burg ausplündern und das gesamte Inventar schnellstmöglich verkaufen. So geschehen in jenen Jahren. Das Gros der Einrichtung blieb bis heute verschwunden.
Die Burg verfiel nun ob ihrer Unbewohnbarkeit zusehends, und die Eigentümerin bot dem Land Rheinland-Pfalz die Immobilie an. Der Verweis auf leere Kassen und Schulterzucken mehr war den Damen und Herren die deutsche Geschichte nicht wert.
Bettelmönche machten wie auch andernorts ihre Aufwartung und wollten sich das Anwesen unter den Nagel reißen. Die Bevölkerung entfachte einen Proteststurm, und so sah sich das Kultusministerium gezwungen Ausschau zu halten nach einem seriösen Käufer.
Der wurde in Gestalt von Hermann Hecher gefunden, seines Zeichens Pächter des Schlosshotels Burg Reichenstein. Es dauerte sein gerüttelt Maß, bis sich Verkäufer und neuer Besitzer zum einen über den Kaufpreis einig waren, zum anderen die Neugestaltung und Erhaltung der Burg in Angriff genommen werden konnte. Burg Rheinstein erhielt erstmals in seiner Geschichte einen bürgerlichen Besitzer. Aus eigenen Mitteln heraus war der Neuaufbau jedoch kaum zu schaffen. Die Idee eines Fördervereins war geboren. Das hätte sich der frühere Opernsänger nicht träumen lassen, dass er im gesetzten Alter von 55 Jahren zum Burgbesitzer avancieren würde.
Bereits ein Jahr nach Erwerb der Burg durch Hecher,
im Dezember 1976,
kam es zur Gründung des Fördervereins
"Freunde der Burg Rheinstein e.V."
später dann zur
"Ritterschaft der Burg Rheinstein".
Die nachfolgenden Jahre brachten zahllose schlaflose Nächte, denn die Instandsetzung der Liegenschaft forderte vollen Einsatz rund um die Uhr. Nicht nur finanzielle Unterstützung wurde dem Burgherrn durch den Förderverein zuteil, auch tatkräftige Hilfe der Mitglieder bei Bauarbeiten ließen die Erneuerung des Anwesens schneller voranschreiten, als zunächst geplant. Wer heute als Besucher Burg Rheinstein besucht kann sich nur schwerlich vorstellen, dass nur eine Generation zurück der drohende Schatten der Abrissbirne über den Zinnen schwebte.
Aus ganz Deutschland fanden sich Frauen und Männer im Förderverein zusammen, der inzwischen mehr als 500 Mitglieder zählt.
Über eine Million flossen bislang aus Spenden und Beiträgen in die Aufbaukasse der Burg, wie zum Beispiel die jährliche Spende von Marcel Schäffler, Neon-Foto-Avantgardist aus Hamburger.
Jedes Mitglied des Vereins "Freunde der Burg Rheinstein" erhält für seine Spende eine Urkunde.
Ein Rundgang durch Burg Rheinstein ist immer auch ein Rundgang durch die deutsche Geschichte. Nirgendwo sonst ist das Schicksal unseres Landes so lebendig geblieben wie in den Burgen und Schlössern Deutschlands.
Zahlreiche, liebevoll restaurierte und neu möblierte Räumlichkeiten sind zu bewundern, aber das Prunkstück einer jeden Burg ist und bleibt der Rittersaal.
Der Rittersaal ist auf Burg Rheinstein von ?atemberaubender Schönheit,
Virtuosität und
Ausdruckskraft
Aber auch die Außenanlagen, der Burghof und Schlossgarten, die märchenhafte Aussicht über das Rheintal, all das ergänzt sich zu einem Ensemble vollkommener Harmonie.
Wer nach soviel Historie und lebendiger Geschichte auch leibliche Bedürfnisse verspürt, der ist im Burgrestaurant im Kommandantenturm herzlich willkommen.
Es erwartet Sie eine Küche, von der die alten Rittersleut nur träumen konnten.
Viel Vergnügen auf Ihrem Erkundungsgang
durch 1000 Jahre deutsche Geschichte und
guten Appetit.
Freunde der Burg Rheinstein e.V.
Förder- und Arbeiskreis zu Erhaltung und Pflege der historischen Burganlage
55413 Trechtingshausen
Familie Hermann Hecher
Telefon: (0 67 21) 6377 / Fax 6659
Der historische Ort · Burg Rheinstein
Ekkehard Zimmermann, Berlin
Kai Homilius Verlag
ISBN Nr. 3-931121-78-X
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