Siegerland
Eine Perle der Natur

von Renato Diekmann

Der Rothaarsteig, der haargenau in die abwechslungsreiche Mittelgebirgslandschaft passt, ist im Siegerland-Wittgenstein nicht der einzige Renner. Die Perle der Natur ist schnell erreicht und bietet volles Programm für die gesamte Familie.

Die innere Uhr ist noch auf Alltag programmiert und weckt mich kurz vor sechs. Augen zu, Decke über den Kopf ziehen und weiterschlafen, das sind die ersten Gedanken. Wären da nicht der markante Ruf des Kuckucks und das erste, zarte Licht, das durch den Vorhang dringt und ans Fenster lockt. Nur Frühaufsteher werden mit diesem prächtigen Farbenspiel am Morgen belohnt. Die von der Lahn sanft ansteigende Rieselwiese hinauf zum sattgrünen Mischwald ist benetzt von glitzernden Tautropfen, der kleine Ort mit seinen gepflegten Vorgärten und Häusern aus Fachwerk und Schiefer, die Kirche mit dem quadratischen Glockenturm oberhalb des Hügels, von der aufgehenden Sonne in warmes weiches Licht getaucht – so eine Aussicht ist typisch für das Siegerland-Wittgenstein.

Das Landhotel Doerr, das der Urlauber in Bad Laasphe-Feudingen gerne bewohnt, diente Durchreisenden vor hundert Jahren noch als bescheidene Herberge mit angeschlossener Pferde- und Kutschenstation. Das Haus wurde von Generation zu Generation stetig erweitert, behutsam ausgebaut und modernisiert. Heute füllen PS-starke Autos den Parkplatz, das Hotel führt vier Sterne im Messingschild und verwöhnt den Gast mit Bibliothek, Kaminzimmer, Pilsstube, Gourmetrestaurant, Schwimm- und Blütendampfbad, Steinofensauna, Whirlpool, großzügigem Wellness- und Beautygarden.

Gestärkt vom reichhaltigen Frühstück geht es auf Schusters Rappen hinauf zur Ginsburg, wo der Sage nach Raubritter Hübner sein Unwesen trieb und den Bauern die letzten Habseligkeiten nahm. Die steinerne Festungsruine erinnert zudem an Wilhelm von Oranien, der hier 1568 sein Heer für den niederländischen Freiheitskampf sammelte. Von der Aussichtsplattform des runden Sandsteinturmes bietet sich eine faszinierende Sicht auf die Südausläufer des Sauerlands. An sonnenklaren Tagen reicht der Blick über das Ferndorftal im Rothaargebirge bis hinüber zum Kahlen Asten, westwärts grüssen die Hohe Acht aus der Hocheifel und der silbern-glitzernde Spiegel des Rheins. Weiter südlich erhebt sich aus einem Kessel die Kreis- und Universitätsstadt Siegen. Ein beeindruckendes Panorama: Tausend Berge ringsherum, mit dichten Laub- und Nadelwäldern, durchsetzt von stillen Tälern und kristallklaren Bächen und Seen. Wasser gibt es hier im Überfluss. Sieben Quellen liegen wie an einer Perlenkette aufgezogen oben auf dem Kamm des Rothaargebirges. Es erstreckt sich von Brilon im Norden über die Residenzstadt Bad Berleburg bis ins südlich gelegene Dillenburg.

Siegerländer und Wittgensteiner – eine Mischung aus Franken, Kelten und Sachsen – sind mit dem Wald aufgewachsen und mit seiner Natur eng verbunden. 2.600 Jahre lang wurden hier Holz, Erze und Schiefer abgebaut. Aus dem Holz gewann man Holzkohle, die zum Schmieden der eisernen Schwerter, Lanzen und Rüstungen dringend benötigt wurden. Viele Jahrhunderte lang brannten auf dem Rothaarkamm die Kohlenmeiler, und entlang der Bäche und Flüsse entstanden Poch- und Hammerwerke. Schnell waren Land-, Wald- und Wiesenwirtschaft, Transport, Erziehung und Städtebau durch die Gewinnung und Verarbeitung von Erz und Holz geprägt. Die Bewohner lebten zwar arm, aber einfallsreich und fleißig von der Haubergswirtschaft. Ständig besorgt, dass die zunehmende Verhüttung des Eisenerzes und der damit wachsende Holzkohlebedarf auf Dauer für den Lebensunterhalt nicht ausreichen könnte, begrenzte man von vornherein die Ausbeute aller vorhandenen Ressourcen und reglementierte unter strenger Aufsicht und Einhaltung die Gewinnung lebenswichtiger Güter im wiederkehrenden Zyklus von 18 Jahren auf ein und derselben Bodenfläche. Kein Jota Land wurde vergeudet, kein Zweig achtlos zurückgelassen, alles wurde verwertet im Kreislauf der Natur. Holz fällen, Schanzen, also Reisig binden, Stock schlagen, Eichloh schälen, Rasen roden, Getreide aussäen, Ginster stellen und Rinder weiden – der Hauberg war Gemeinschaftsgut, unerschöpfliche Quelle und ernährte jeden, solang er ihn ökonomisch sinnvoll zu nutzen verstand.

Backhaus und Kartoffelbratfeste bezeugen noch heute diese gelebte Gemeinschaft. Jahrhunderte lang gehörte das „Backes“ im Siegerland, ebenso wie in Wittgenstein, zu den zentralen Einrichtungen des Alltags, die in keinem Dorf fehlen durften und als wichtiges Informations- und Kommunikationszentrum gern frequentiert wurden.

Wandern in unberührter Natur ist in dieser Gegend angesagt. Der Rothaarsteig, exakt 164 Kilometer lang und mit Bergen bis zu 840 Metern hoch, ist ein Riesen-Renner und passt haargenau in die abwechslungsreiche Mittelgebirgslandschaft. Die Flussläufe Eder, Lahn und Sieg, eingebettet in Wiesen und Wäldern, lassen sich von der Quelle bis zur Mündung ebenfalls wunderbar abwandern. Demnächst entsteht im Naturpark Rothaargebirge sogar ein Waldparadies für die Kleinen. In ihm ist alles erlaubt, was ein Kinderherz begehrt: Ameisen, Käfer und Vögel beobachten, Kaulquappen fangen, Beeren und Pilze sammeln, Gräser, Kräuter und Pflanzen pflücken, Räuber und Gendarm spielen, auf Schatzsuche gehen und nach Herzenslust picknicken.

Spielen und Wandern in frischer Land- und Waldluft machen Hunger und Durst. Da kommen Anneliese Hackler’s Ochsenbraten aus eigener Zucht, gestampfter Krautsalat mit Kümmel und Räucherspeck und zum Nachtisch Roter Hexenschaum gerade recht. Allseits beliebt sind die traditionellen Kartoffel-Feten, wo als Delikatesse „Seejerlänner Riewekooche“ und „Ajjerkäs“ aufgetischt werden. Zu den Spezialitäten der Region zählen Geschnetzeltes vom Erndtebrücker Weidelamm oder die Wittgensteiner Bauern-Kartoffelpfanne auf Speck, Zwiebeln und Butterschmalz, dazu ein heimisches, frisch gezapftes Pils von Bosch oder Krombacher. Gourmets lassen ihren Gaumen im Siebelnhof von Fernsehkoch Erich W. Steuber verwöhnen. Und im Jahrhunderte alten Netpher Hof genießen Feinschmecker die einmalige Zubereitung einer Knoblauchsuppe. Genießer speisen dort gebeizte Lachsforelle auf Kapuzinerkresse und Kaninchenspieße mit Ingwerminze-Joghurt und Thymian Croutons, die Küchenmeister Andreas Unkel mit Gabriele Laubers Kräutern aus der Kräuterey Lützel stets frisch auf den Teller zaubert.

Nach dem Essen geht es zum Übernachten nach Bad Laasphe zu Marie-Luise Kamerichs, eine lebenslustige Frau, die mit viel Herz und Engagement eine kleine private Pension betreibt. In ihrem idyllischen Garten wartet bereits das Wittgensteiner Himmelbett mit Blick auf Glühwürmchen und Sternschnuppen. Kuschelig ins Federbett gehüllt, liegt man in wetterfesten Eisenbetten auf bequemen Matratzen unter nächtlichem Himmel, bestaunt Vollmond und Milchstraße, zählt Schäfchenwolken, bis man unerwartet schnell und selig in den siebten Himmel entschwebt. Pünktlich um sieben tritt Marie-Luise Kamerichs strahlend ans Bett und erweckt die müden Lebensgeister mit einem kleinen Glöckchen. Ehe der Tag mit neuen Abenteuern beginnen kann, gibt es Frühstück im Bett.

Sonnenschein über Siegen, das Herz der Region. Zeit für Café- und Biergartenbesuche. Knapp 900 Jahre Stadtgeschichte werden bei einem Rundgang durch das historische Zentrum lebendig. Im Mittelalter hatten sich hier die Zünfte der Lohgerber und Fleischer niedergelassen. Heute dominieren Geschäfte und Boutiquen rund um Rathaus und Nikolaikirche das Bild; ihr sechseckiger Grundriss ist einzigartig in Deutschland. Baugeschichtliche Denkmäler – Erben der nassauischen Landesherren – liegen ebenso auf dem Wege wie Spuren der 2.600 jährigen Bergbautradition. Weithin bekannte Symbolfiguren sind Bergmann und Hammerschmied am Kopf der Siegbrücke, bekannt als „Henner“ und „Frieder“. Auf die „zwai Seejerlänner Jonge“ und ihre Nachkommen trifft man, wenn man Stadt, Land und Leute kennen lernen will. Aus dem Tal der Sieg führt der Weg durch die Altstadt auf die Kuppe des Siegberges zum Oberen Schloss. Früher diente die einstige Burg den katholischen Fürsten des Hauses Nassau als Residenz. Heute beherbergt das Obere Schloss die Sammlungen des Siegerlandmuseums. Eine besondere Anziehung auf Besucher übt der Rubenssaal aus, in dem acht riesige Originalgemälde des barocken Malerfürsten Peter Paul Rubens die Wände schmücken. Der weltberühmte Künstler wurde nur wenige Schritte vom Saal entfernt am 28. Juni 1577 in der Burgstraße 10 geboren. Das Untere Schloss ist prunkvoller und größer. Die dreiflügelige Schlossanlage, zwischen 1695 und 1720 als Residenz der evangelischen Fürsten zu Nassau-Siegen errichtet, nutzt Siegen heute als Stadtverwaltung. Im Gebäude des Alten Telegrafenamtes findet zeitgenössische Kunst ihren Platz. Zu den Exponaten gehören zentrale Werke europäischer Künstler, die mit dem Rubenspreis der Stadt Siegen ausgezeichnet wurden, darunter Giorgio Morandi, Francis Bacon und Lucian Freud. Besonders beeindrucken Bernd und Hilla Bechers umfassende Fotoarbeiten zum Thema „Ruhrpottindustrie“. Auch das singuläre Werk des Siegerländer Fotografen August Sander wird mit dem Portraitzyklus „Antlitz der Zeit“ exemplarisch dargestellt. Das Museum für Gegenwartskunst grenzt gleich an die Fußgängerzone Alte Poststraße, die in die belebte Kölner Straße mündet. In den Cafés und Kneipen treffen sich Jung und Alt zu intensiven Gesprächen und gemütlichem Plausch.

Burgen, Schlösser und die historischen Orte Freudenberg, Netphen, Hilchenbach, Erndtebrück sowie die Bäder Berleburg und Laasphe sind heute kleine Fluchten, erinnern aber immer noch an ein hartes und entbehrungsreiches Leben mit spannender, wechselvoller Geschichte. In jüngerer Zeit wurden die alten Zentren mit Sorgfalt und viel Liebe zum Detail restauriert. Die geschlossenen Gebäudeensemble bilden heute städtebauliche Schmuckkästchen. Ein Juwel erster Güte ist der Luftkurort Freudenberg mit seiner romantischen Fachwerk-Idylle. Im Herzen der sympathischen Stadt zeugt der „Alte Flecken“ von mittelalterlicher Baukunst mit malerischer Giebelparade. Die schmalen Gassen und Treppen zwischen den hübsch renovierten Häusern sind voller Leben und Blumenpracht, die Eingangstüren und darüber liegenden Fachwerkbalken mit verschnörkelten Inschriften reich verziert.

Für Langeweile gibt es keinen Platz. Weder in Freudenberg noch anderswo. Gepflegte Gastlichkeit in Häusern unterschiedlichster Art und eine aktive Geschäftswelt runden die zahlreichen Angebote ab. Bunte Freizeit- und Unterhaltungsprogramme bieten genügend Abwechslung. In Bad Laasphe, beispielsweise, gibt es die weltweit umfangreichste Radiosammlung zu besichtigen – von Volksempfänger bis Walkman wird alles geboten. Freunde der Astronomie erkunden gern den Planetenpfad, der die unvorstellbaren Ausmaße unseres Sonnensystems mit den Entfernungen und der Größe der Sonne und ihrer Planeten Merkur, Venus, Erde, Mars, Jupiter, Saturn, Uranus, Neptun und Pluto maßstabsgetreu darstellt. Wer außerdem wissen will, wie die Dampfmaschine eine komplett eingerichtete mechanische Werkstatt antrieb, erfährt dies im Technikmuseum von Freudenberg. Liebhaber historischer Fahrzeuge werden bei Rudolf Bald in Erndtebrück-Zinse fündig. Die kleine aber feine Sammlung zeigt Daimler-Benz Karossen ab Baujahr 1928. Von den Anfängen des Automobilbaus zeugt ein französischer Motorwagen der Marke De-Dion-Bouton mit Handkurbellenkung. Daneben werden zwei Dutzend erstklassig restaurierte Exponate in zivilem und militärischem Originalzustand vorgestellt. Schwerpunkt der Sammlung sind BMW-Motorräder und Zündapp-Gespanne aus den 20er Jahren bis zur Neuzeit.

Ob beim Wandern, Radfahren, Reiten, Kutschenfahren, Gleitschirmfliegen, Klöppeln oder Köhlern, ob beim Stadtbummel, Schanzenbrotbacken, Kartoffelbraten und Pilsgenuss – Singen und Tanzen erlaubt! Siegerländer und Wittgensteiner sind längst nicht so trocken und stur, wie man gemeinhin annimmt. Die Zeiten, da man zum Lachen in der Keller ging, sind lange vorbei.

Information:

Touristikverband Siegerland-Wittgenstein e.V.
Koblenzer Straße 73, D-57072 Siegen
Fax 0271/333-1029
Internet: www.siegen-wittgenstein.de
E-Mail: tvsw@siegen-wittgenstein.de

- Pauschalangebot Wandern: Feuerschuh und Windsandale, 5 Tage mit Vollpension plus Lunchpaket & Eintopf, Wanderstock, Massage und Saunabesuch, im Hotel Westfälischer Hof, Bad Berleburg.

- Pauschalangebot Radfahren: Mit dem Rad die Lahn entlang. Reservierte Hotels, Zimmer mit Dusche/WC & Frühstück, 7-Gang-Leihräder, Karten- mit Routenbeschreibung plus Gepräcktransport, Preis pro Person für 5 Tage Kategorie, Buchung über Reiseservice Bad Laasphe.

- Pauschalangebot Reiten: Drei-Quellen-Zwei-Burgen-Ritt, 2 Tage, Preis pro Person im DZ mit Frühstück mit eigenem Pferd mit Leihpferd (Isländer) Buchung über Hotel Forsthaus Lahnquelle, Netphen-Lahnhof.

- Pauschalangebot Essen & Trinken: Die Wunderwelt der Kräuter, Fr. - So. mit Besuch der Kräuterey Lützel plus Kräuter-Kochkurs im Hotel, Preis pro Person inkl. Kräuterkochbuch und Arrangement im DZ mit Dusche, Buchung über Hotel Netpher Hof, Netphen.

- Pauschalangebot Urlaub auf dem Lande: Angebot für zwei Erwachsene & zwei Kinder bis 10 Jahren, 1 Woche Halbpension inklusive geführte Wanderungen, Brotbacken etc., Landgasthof Nies & Schanzenbäckerei, Hilchenbach www.landgasthof-nies.de

- Pauschalangebot Wellness & Beauty: Entspannung für Körper, Geist & Seele, Landhotel Doerr, Bad Laasphe-Feudingen, www.landhotel-doerr.de

Information:

LogoHotel Lahnblick Hotel Lahnblick
Inh. Ellen und Eckhard Sinning
Höhenweg 10, D-57334 Bad Laasphe
Tel.: 02752/5090
Internet: www.Hotel-Lahnblick.de

Hotel Lahnblick


Für Sie entdeckt und zusammengestellt durch EPS-Schäffler / Körner / Diekmann

Text: Renato Diekmann.
Fotos: Marcel Schäffler, HAM.images, TV Siegerland-Wittgenstein, Gisela Flender,
Technikmuseum Freudenberg.

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