Rheingau-Tage der Deutschen Radio-Onkologie


Wo liegt die Zukunft der Radio-Onkologie?
Was ist eine Radio - oder Strahlentherapie?

Der Begriff beschreibt ein medizinisches Fachgebiet, das sich mit der Behandlung von Krebserkrankungen befasst. Dazu bedient sich der Facharzt für Strahlen¬therapie der Wirkung ionisierender Strahlung. Seine Aufgabe ist es, die onkologische Behandlung auf der Basis physikalischer, biologischer und medizinischer Grundlagen der Strahlenphysik durchzuführen. Das Ziel: Die Auslöschung von bösartigen Tumorzellen, bei der möglichst wenig gesundes Gewebe geschädigt wird. Zum Einsatz kommen Röntgen-, Alpha-, Gamma- und Elektronenstrahlung. In der Therapie zur Behandlung von bestimmten Tumorarten, wie z.B. Tumore an der Schädelbasis werden in Deutschland auch Protonenstrahlen eingesetzt. Hierbei handelt es sich um stabile Elementarteilchen mit einer positiven Ladung (Wasserstoffkern) - entweder als Nukleon im Atomkern oder als freies Proton (Protonenstrahlen). Diese Methode kommt versuchsweise auch bei der Strahlentherapie anderer Tumore zum Einsatz.

Krebserkrankungen

Die weltweite Zunahme der Krebserkrankungen ist alarmierend. Am stärksten von dieser bösartigen Zellmutation betroffen sind zum einen die Menschen der In-dustriestaaten. Zum anderen leiden Menschen jener Regionen darunter, in denen extreme Umweltbelastungen durch rückständige Produktionsverfahren und man-gelnde Hygiene vorherrschen.

In Deutschland liegt - trotz Hightech, Hygiene und medizinischer Spitzenversorgung - die Anzahl der gesamten jährlichen Krebs-Neuerkrankungen bei mehreren Hunderttausend - Tendenz steigend. Allein der Anteil der Brustkrebs-Neuerkrankungen (Mammakarzinom) liegt derzeit bei 47.000 pro Jahr.

Dies ist auch gleichzeitig die am massivsten auftretende vorkommende Krebsart bei Frauen - mit den meisten Todesfällen. Bei den Männern führt das Prostata-Karzinom (Vorsteherdrüsen-Krebs) mit 30.000 Krankheitsfällen pro Jahr die Liste der am häufigsten auftretenden Krebserkrankungen an.

Aus diesen Gründen arbeiten Wissenschaftler und Mediziner kontinuierlich an der Entwicklung neuartiger und nachhaltig wirksamer Therapien im Kampf gegen den Krebs. Die Notwendigkeit derartiger Behandlungsmethoden erhält durch die jährlich nach oben zu korrigierende Anzahl der Neu-Erkrankungen zusätzliche Brisanz.

 

Grundlage der Rheingau-Tage


Um diese Dringlichkeit zu unterstreichen und den aktuellen Behandlungsmethoden eine entsprechende Plattform zu bieten, fanden Ende September die "Rheingau-Tage der Deutschen Radioonkologie" in Wiesbaden unter der Schirmherrschaft der DEGRO (Deutsche Gesellschaft für Radioonkologie) statt. Der Veranstalter, die RNS Praxisgemeinschaft Radioonkologie / Nuklearmedizin / Strahlentherapie, Wiesbaden, arbeitete eng mit der Klinik für Radiologie und Strahlentherapie des Clemens Hospitals Münster und der Klinik und Poliklinik für Strahlentherapie und Radioonkologie der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster zusammen.

Für die wissenschaftliche Organisation zeichneten neben anderen Kollegen auch Prof. Dr. med. N. Willich, Münster sowie Prof. Dr. med. F.-J. Prott, Wiesbaden verantwortlich. Es gab in der Vergangenheit zahlreiche Diskussionen gerade über die geeigneteste Behandlungsmethode beim Brust- oder Prostatakrebs, daher sollten unterschiedliche Behandlungsmethoden dieser beiden Erkrankungen auf den Rheingau Tagen definiert bzw. erörtert werden.

Hochrangige Mediziner und Experten aus dem In- und Ausland waren der Einladung zur Eröffnungspressekonferenz gefolgt, um auch im Dialog mit Journalisten eine aussagefähige Basis für zukünftige Veranstaltungen dieser Art zu finden. Im Themenzentrum der Rheingau-Tage standen primäre Strahlentherapien wie Brustteilbestrahlung, Protonen- und Seed-Therapie - sowie natürlich die erprobte und erfolgreiche konventionelle Mamma-Behandlungstherapie. Weiterhin diskutierten die Experten und Mediziner über die Zukunft der Strahlentherapie und die genaue Patientenlage bei verschiedenen strahlentherapeutischen Anwendungen.

 

Referenten + Themen


Prof. Dr. ProttIn seiner Begrüßung ging Prof. Dr. med. Franz-Josef Prott vom RNS Wiesbaden auf die Bedeutung der Protonentherapie bei Krebserkrankungen - dem zentralen Thema der Rheingau-Tage - ein, die im Kampf gegen den Krebs einen Quantensprung bedeutet. Als der Experte und Fachmediziner für Brustkrebs kommentierte Prof. Dr. Umberto Veronesi seine Methode im Kampf gegen den Brustkrebs: Er behandelt zumeist über 50 Jahre alte Patientinnen mit weniger als zwei Zentimeter Durchmesser großen Tumoren unmittelbar nach der Operation. Prof. Veronesi

 

Während die Patientin noch schläft, erfolgt eine direkte Bestrahlung auf das operierte Gewebe der Brust. Dies verlängert die OP-Zeit lediglich um eine knappe halbe Stunde. Es bleibt jedoch langfristig abzuwarten, ob diese Methode zu ähnlich guten Resultaten führt, wie die bisher praktizierten Standard-Behandlungen einschließlich Chemo-Therapie und Bestrahlung. Nicht alle anwesenden Fachmediziner und Experten schließen sich der Methode von Prof. Veronesi an.

Die vorliegenden Studiendaten, so die Skeptiker, basieren auf einer viel zu kurzen Nachbeobachtungszeit, so dass daraus keine verlässlichen Aussagen abgeleitet werden können, die eine mehrjährige rezidivfreie Zeit der Patientin als möglich erscheinen lassen. Somit ist die Homogenbestrahlung der gesamten Brust der derzeit erfolgreichste Standard für die brusterhaltende Behandlung.

Prof. Dr. med. Rolf Sauer, Direktor der Strahlenklinik Universitätsklinikum Erlangen, plädierte in seinen Ausführungen für eine differenzierte Betrachtung des Brustkrebses als ein Individuum und Lebewesen:

"Jeder Brustkrebs ist ein spezielles Lebewesen, und das Leben sowie Überleben der Frau hängt von zahlreichen anderen Faktoren ab, die wir in ihrer komplexen Wirksamkeit aufeinander und im Verbund noch gar nicht richtig erkannt und analysiert haben".

Prof. Dr. med. Rolf Sauer wies auf die individuelle Therapie hin, die jede an Brustkrebs Prof. Dr. med. Sauererkrankte Frau benötigt. Alternativ dazu kann die Patientin an einer Studie teilnehmen. Den Veronesi-Daten stehen die Gynäkologen und Frauenärzte in Deutschland aufgrund der fehlenden Langzeit-Erfahrung eher skeptisch gegenüber. So befinden sich Ärzte wie Patientinnen in einem Zwiespalt. Einerseits wird bei der herkömmlichen Strahlenbehandlung die komplette Brust bestrahlt, was über einen Zeitraum von sechs Wochen geschieht, während andererseits die Teilbrustbestrahlung in maximal fünf Tagen durchgeführt wird.

Hier stellen sich dem Facharzt entscheidende Fragen:

Bei wem darf ich das tun? Wo treten Rezidive auf – insbesondere da diese Quelle neuer Erkrankungen sein können? Derzeit sind zahlreiche Therapien auf dem Markt, von denen man jedoch noch nicht weiß, ob und wie sie langfristig wirken. Sauer führte weiter aus, dass es für die Frau um zwei elementare Begriffe gehe: Die Überlebensqualität und die Überlebenschance. Letztendlich besteht bei den besten Prof. Dr. HerbstBrustkrebs-Therapien derzeit stadienabhängig eine Überlebenschance von bis zu 95 % Prozent.

Daher muss man sehr genau abwägen, wer von der Teilbrustbestrahlung im Gegensatz zur Ganzbrustbestrahlung profitiert. Die Teilbrustbestrahlung wird angewandt, so Sauer, aber dauerhafte Erfolge sind derzeit noch nicht zuverlässig ablesbar.

Prof. Dr. med. Herbst, Spezialist für Protonentherapie, referierte über seine Vorstellungen zu den Themen Gesundheitspolitik, Zukunftsaussichten für Ärzte und Patienten sowie Protonentherapie. Von den Rheingau-Tagen in Wiesbaden erhoffte er sich erste konstruktive Ansätze für einen fruchtbaren Dialog mit dem Gesetzgeber sowie den Krankenkassen, Klinikbetreibern und den Ärzten.

PD Dr. Dr. med. habil. Hans Rinecker vom Proton-Therapy-Center in München stellte die derzeit größte Protonen Prof. Dr. Willich / Dr. Dr. RineckerBestrahlungsanlage Europas vor: Diese wurde bereits installiert und soll nach Abschluss der Wartungsverträge in Betrieb genommen werden. Das Investitionsvolumen betrug rund 150 Millionen Euro. Um die Anlage lukrativ und wirtschaftlich einzusetzen, müsste sie täglich mindestens 14 Stunden genutzt werden, so Rinecker. Die Behandlungskosten für einen einzelnen Patienten lägen bei rund 17.500 Euro.

Der Vorteil der Therapie:

Die Dosisverteilung bei einer Protonentherapie sei wesentlich besser. Somit stehe dem Radiotherapeuten ein großer Spielraum für die genaue Ausarbeitung seiner Therapie zur Verfügung. Besonders interessant sei der Protoneneinsatz im Kopfbereich. Hier handelt es sich um eines der empfindlichsten Körperteile mit hochsensiblen Organen, an denen sich nur unter größten Vorsichtsmaßnahmen chirurgische Eingriffe oder gar Bestrahlungen vornehmen lassen.

Für Tumorbehandlungen im Kopfbereich eignet sich die Protonentherapie ideal, da sie millimetergenau schädliches Gewebe treffen kann, ohne das gesunde Umfeld zu schädigen. Erleichtert wird diese präzise Arbeit durch 3-D-Aufnahmen des Tumors. Diesem Gewinn stehen die eng gefassten Strahlenschutzbestimmungen in Deutschland gegenüber, die die Industrie in Ihrem Leistungsvermögen drosseln, erläuterte Rinecker. Die Phase der industriellen Einrichtung von Protonenzentren sei in Deutschland noch nicht erreicht. Anders stelle sich die Situation in den USA dar, wo mehrere gleichwertige und auch größere Anlagen betrieben werden. „Wir in Deutschland hinken dieser Entwicklung objektiv hinterher", ergänzte Rinecker in seinem Schlusswort vor den Journalisten.

Prof. Dr. med. Franz-Josef Prott von der RNS Praxisgemeinschaft in Prof. Dr. ProttWiesbaden, ging auf die häufigste Krebserkrankung des Mannes ein: das Prostata-Karzinom (Krebserkrankung der Vorsteherdrüse). Bei dieser Drüse handelt es sich um ein etwa walnussgroßes unpaariges Organ unterhalb der Harnblase, das den Anfangsteil der männlichen Harnröhre umgibt und an der Basis mit der Harnröhre und den Samenbläschen verbunden ist. Die Vorsteherdrüse ist ein kräftiges, muskelreiches Gebilde und besteht aus 30-50 Einzeldrüsen, die ihr Sekret beim Erguss in die Harnröhre abgibt und dem Samen beimischt.

Sie ist unterteilt in zwei Seitenlappen und den diese verbindenden Steg. Noch vor rund 15 Jahren - so Prott – wurde bei einer Krebserkrankung des Organs grundsätzlich operiert. Daran schloss sich dann - wenn nötig - eine Strahlenbehandlung an. Heute betrachtet man diese Erkrankung der Prostata viel differenzierter und objektiver, was zur Folge hat, dass die Operation neben Radiotherapie und Hormontherapie nur noch eine der möglichen Behandlungsformen darstellt, die interdisziplinär als die beste für den Patienten festgelegt werden muss. Eine mögliche neue Art der Strahlenbehandlung für kleine Tumore stellt die Seed-Therapie dar.

Unter Narkose Prof. Dr. Willichwerden jodhaltige Körner in Reiskorn-Größe über Hohlnadeln in die Prostata eingebracht. Dieser Eingriff dauert maximal eine halbe Stunde. Diese neue Therapieform ist nicht nur schonender für den Patienten - sie ist auch wirksamer und nachhaltiger als die bislang praktizierten Verfahren.

Als Vertreter des Kurbetriebes Wiesbaden sprach der Marketingdirektor vom Wiesbadener Kongress- und Tourist Service über die neue Qualität bei der Behandlung von Patienten. Darüber hinaus beschrieb er den „Patienten im Wandel der Zeit"; der "moderne" Patient von heute besitze ein beeindruckendes medizinisches Fachwissen, da er seine Gesundheit so lange wie möglich erhalten möchte. Für dieses Gut sei dieser Patient bereit, auch mehr zu bezahlen. Dies zeige sich deutlich an seinem Anspruchsverhalten – sowie am gestiegenen vielseitigen Informationsangebot. Michel gab seiner Freude darüber Ausdruck, dass die Veranstaltung in Wiesbaden stattfindet und bezeichnete sie als Meilenstein für Wiesbaden und den gesamten nationalen Kur- und Bäderbetrieb.

Prof. Dr. Normann Willich aus Münster forderte mehr Handlungsfreiheit für die wissenschaftliche Fachgesellschaft der Radiotherapeuten, die diesen Entwicklungsprozess aktiv mitsteuern und mitbestimmen sollten. Darüber hinaus verlangte Willich eine Zusammenarbeit zwischen Radiotherapeuten und Onkologen, da deren Verfahren und Therapien unbedingt aufeinander abzustimmen sind. In jedem Fall bleibt die wissenschaftliche Frage nach der Zukunft der Teilbrustbestrahlung und dem Einsatz der Protonenbestahlung spannend.

 

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Für Sie entdeckt und zusammengestellt durch EPS-Schäffler / Körner / M. v. Bünau

Text: © Ermasch - Presse - Service, Schäffler / Hans Joachim Rech
Fotos: © EPS-Schäffler / hd...s agentur Wiesbaden
Quelle: hd...s agentur Wiesbaden

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Layout und Gestaltung: Andreas Schefisch 28.12.2006