Kleinwüchsige in der Welt der Großen

"Ist das nicht ein süßer kleiner Knirps!"

"Ihr Töchterchen ist ja ein richtiges Püppchen"



Komplimente, die Eltern gerne hören, wenn sie denn der Normalität entsprechen. Und auch Kinder schlüpfen bereitwillig in die Rolle des lieben Jungen, des reizenden Mädchens, denn ein angenehmes Verhalten, das wissen wir alle aus unserer Kindheit, hat ja nicht nur zwischenmenschliche und verbale Vorteile. So manche finanzielle Zuwendung für die Spardose wäre sicher magerer ausgefallen, wenn wir uns nicht anständig - nicht artig aufgeführt hätten. Doch wir wurden größer und aus dem kleinen Knirps wurde ein attraktiver Mann, aus dem Püppchen eine begehrenswerte Frau. So weit so gut - alles lief bei uns "nach Plan", und zwar dem Plan der natürlichen Entwicklung. Es hätte auch alles ganz anders kommen können. Nur winzige Abweichungen von der Norm - und wir wären der süße kleine Knirps, das adrette Püppchen geblieben. Wie sähe unsere Welt dann aus? Versuchen Sie sich Ihren Lebenslauf nur unter dem geänderten Parameter der Körpergröße vorzustellen. Statt der 185 cm mit dreißig Jahren wären es nur 145 cm oder sogar noch weniger. Würde Ihnen das gefallen - ob nun Mann oder Frau?


Kleinwuchs - was ist das überhaupt?

Nun - bevor es zum Kleinwuchs kommt - müssen verschiedene Bedingungen erfüllt sein. Vorab jedoch sollte eines klar sein: wir dürfen Kleinwuchs erst gar nicht zulassen, sondern müssen - wenn eine Wachstumsstörung erkannt ist, diese umgehend behandeln. Doch auch hier muss festgestellt werden: nicht alle Wachstumsstörungen sind derzeit mit Erfolg zu therapieren. Eine Wachstumsstörung liegt dann vor, wenn ein heranwachsendes Kind durch unterschiedliche Beeinträchtigungen (auch Erkrankungen) im jeweiligen Altersstadium eine bestimmte Größe nicht erreicht. Das ist von Rasse zu Rasse verschieden. Wir konzentrieren uns an dieser Stelle auf den Mitteleuropäer, also die Menschen in Deutschland und den angrenzenden Nachbarstaaten.


Das Wachstum eines Menschen wird in erster Linie beeinflusst durch Hormone, die durch die Hirnanhangdrüse (Hypophyse) ausgeschüttet werden. Dieses Hormon - Somatropin genannt - sorgt bei ausreichender Ausschüttung für ein gleichmäßiges Größenwachstum des Menschen bis hin zur Pubertät. Danach haben sich die Knorpelfugen zwischen den Gelenken geschlossen und eine weitere Förderung des Wachstums ist dann nicht mehr möglich. Wichtig zu wissen ist vor allem, dass kleinwüchsige Kinder, die an hormonellen Wachstumsstörungen leiden, nicht zu klein geboren werden, sondern erst ab dem 2. Lebensjahr derartige Beeinträchtigungen aufweisen können. Hier bedarf es also ausreichender Fachkenntnisse des untersuchenden Kinderarztes, um im Zweifelsfall eine exakte Diagnose zu stellen.


Man könnte das Hormon Somatropin in etwa mit einem hochwertigen Mineral oder Stickstoff vergleichen, einer Substanz also, die für das Wachstum bei Pflanzen mitverantwortlich ist. Fehlt eine dieser Komponenten oder ist nicht ausreichend vorhanden, wird die Pflanze letztendlich zwar wachsen, aber im Vergleich zu ihren "Mitpflanzen" eindeutig zurückbleiben und verzwergen. Anhand von Wachstums- und Gewichtskurven (Perzentilen) wird die körperliche Entwicklung von Jungen und Mädchen von 0-18 Jahre genau aufgezeichnet. Fällt der Junge oder das Mädchen aus der 3. Perzentile hinaus - bleibt also hinter dem Mindestgrößenzuwachs zurück, ist Alarmstufe Rot gegeben. Jetzt heißt es dringend handeln, eine sofortige Diagnose zu stellen und die entsprechende hormonelle Behand- lung einzuleiten. Deshalb ist es besonders wichtig, dass Eltern mit ihren Kleinkindern ab dem 2. Lebensjahr regelmäßig zur Gewichts- und Größenkontrolle beim Kinderarzt vorstellig werden. Sollte Ihr Kind auffällig hinter Gleichaltrigen in der Größe zurück liegen, sprechen Sie den Kinderarzt darauf an. Bestehen Sie auf einer Untersuchung die mit Sicherheit ausschließt, dass Ihr Kind nicht an einer hormonellen Wachstumsstörung leidet. Lassen Sie sich nicht abwimmeln oder vertrösten mit der Aussage "das verwächst sich schon, da kommt noch ein Wachstumsschub". Diese Aussagen sind nicht nur nichtssagend, sie sind fahrlässig und können Ihrem Kind irreparable Schäden zufügen. Im Zweifelsfall wechseln Sie den Kinderarzt oder wenden sich an das Forum Wachsen, dessen Anschrift Sie am Schluss des Artikels finden.


Diagnostik und Behandlung

Einen Wachstumshormonmangel festzustellen ist nicht einfach, sondern in der Diagnostik sehr aufwendig. Das Wachstumshormon Somatropin wird nur Nachts während des Tiefschlafs ausgeschüttet. Das bedeutet, dass ein einzelner Test keine verwertbare Aussage liefert. Vielmehr müssen über einen längeren Zeitraum Blutentnahmen erfolgen. Danach erfolgt die Auswertung der Proben, von denen wenigstens zwei den Wachstumshormonwert von 10 ng/ml nicht erreicht haben dürfen. Aufgrund dieser Ergebnisse übernehmen die Kostenträger dann eine teure Wachstumshormon- behandlung, die pro Kind pro Jahr mit 18.000 Euro angesetzt wird. Lassen Sie sich durch diese Zahlen nicht erschrecken. Wenn die Diagnose des Kinderarztes mit hoher Wahrscheinlichkeit Hormonmangel und zu erwartenden Kleinwuchs aussagt, dann hat Ihr Kind das Recht auf eine Chance in Würde groß zu werden. Das Wachstumshormon wird jeden Tag einmal am Abend unter die Haut gespritzt. Eltern und Kinder werden sehr genau bei der Anwendung sein, denn der sichtbare Erfolg stellt sich schon nach einigen Monaten mit einem deutlichen Zuwachs ein. Kinder ohne Therapie wachsen im Jahr durchschnittlich drei bis vier Zentimeter, mit der Wachstumshormontherapie liegt der Zuwachs nun zwischen zehn und zwölf Zentimetern. Die Kinder streben mit Beginn der Therapie in den Bereich hinein, der ihrer jeweiligen Altersnorm und ihrer genetischen Vorgabe entspricht. Diese Wachstumsziele können jedoch nur dann erreicht werden, wenn die Kinder noch jung, die Knorpelfugen und Röhrenknochen noch weit offen sind. Mit Beginn der Pubertät werden Sexualhormone ausgeschüttet, welche die Wachstumsfugen schnell verknöchern lassen. Dann ist es für eine Nachfolgebehandlung zu spät. Den Ärzten wie Kindern steht mithin nur ein eng begrenztes Zeitfenster zur Verfügung. Die einsetzende Pubertät bildet die endgültige Schwelle von der ab eine Behandlung mit Wachstumshormonen keinen oder nur unbedeutenden Erfolg hat. Lassen Sie es auch im Namen Ihres Kindes auf keinen Fall so weit kommen.


Prof. Dr. med. Rolf Peter Willig (Endokrinologe-Hormonarzt), Leiter der pädiatrischen Abteilung im Endokrinologikum in Hamburg und wissenschaftlicher Beirat im Forum Wachsen, plädierte leidenschaftlich für eine intensivere und noch genauere Diagnostik bei Kleinkindern, um bei einer festgestellten hormonellen Wachstumsstörung alle notwendigen Maßnahmen umgehend einzuleiten. Seine enge Zusammenarbeit mit dem Forum Wachsen hat bereits vielen Betroffenen die Hoffnung auf eine "anständige Größe" zurück gegeben. Fest steht auch, so Willig, dass das eingesetzte Wachstumshormon um so besser funktioniert, je jünger die Knochen sind - sprich, je eher mit der Behandlung begonnen wird. Deshalb darf schon im Interesse des Kindes keine Zeit durch gutgemeinte aber völlig wertlose Ratschläge vergeudet werden. Niedergelassene Kinderärzte müssen sich diesen speziellen Erkrankungen mit Nachdruck widmen und sich das notwendige Fachwissen unbedingt aneignen. Mit Blick auf die jährliche Geburtenrate in Deutschland sagte Willig, dass 3% aller Neugeborenen an Kleinwüchsigkeit litten. Rechnet man von 0-12 Jahre hoch, so entspricht das einer Betroffenenzahl von rund einer viertel Million. Es macht also überhaupt keinen Sinn das Problem auszuklammern oder durch gutgemeinte Ratschläge an die Eltern schön zu reden. Prof. Willig wies zudem darauf hin, dass ein Rechtsanspruch auf Behandlung besteht, wenn ein Wachstumshormonmangel festgestellt wurde. Einen hohen Stellenwert nimmt die psychologische Betreuung der Eltern und Kinder ein. Eltern sollten auf keinen Fall in Panik oder Hysterie verfallen oder gar ihren Frust am Kind auslassen. Hier helfen nur individuelle, spezifische Gespräche unter Einbindung des Kindes, um das es ja grundsätzlich geht. Gehen Sie mit Ihrem Kind so normal um wie bisher. Sie haben kein Monster geboren oder einen Freak in die Welt gesetzt. Ihr Kind benötigt ein wenig Anschubhilfe in Sachen Wachstum, das ist im Grunde alles. Vermeiden Sie unter allen Umständen Ihr Kind in die Rolle "jetzt bist du was Besonderes" hinein zu drängen. Je normaler Sie den Lebensalltag gestalten, um so besser ist dies für alle Beteiligten.


Aussichten und Erfolg

Bei frühzeitiger Diagnose und rechtzeitig einsetzender Behandlung haben die behandelten Kinder beste Aussichten ihre "normale Körpergröße" zu erreichen und ein ganz normales Leben zu führen. Doch nicht nur Kleinwüchsigkeit wegen Wachstumshormonmangel kann mit Wachstumshormonen behandelt werden, auch Kleinwuchs verursacht durch das Ullrich-Turner-Syndrom, das Prader-Willi-Syndrom oder chronische Niereninsuffizienz sind als Indikationen von den Krankenkassen zugelassen. Um alle Maßnahmen und Kräfte systematisch zu erfassen und zentral zu bündeln, wurde im Jahre 2003 das Forum Wachsen gegründet. Es handelt sich hier um den Zusammenschluss aller Hersteller, die ein in Deutschland zugelassenes Wachstumshormonpräparat herstellen oder anbieten. Derzeit sind dies sechs Firmen, deren Anschriften am Schluss des Artikels aufgeführt sind. Das Forum Wachsen ist jedoch keine Präsentationsplattform von Pharmafirmen, sondern hat sich durch strenge Vorgaben klare Ziele gesetzt.


Dazu gehören u.a. die

Informationen der Fachkreise (Kinderärzte), denn
Kleinwuchs ist eine ernstzunehmende Entwicklungsstörung,
es müssen rechtzeitig geeignete diagnostische Maßnahmen eingeleitet werden,
auffällige Patienten sind frühzeitig an einen Spezialisten zu überweisen,
dort ist umgehend eine Diagnose zu stellen und die Behandlung einzuleiten,
so bekommen Patienten eine Chance ihre genetische Zielgröße zu erreichen.


Ein weiterer Schwerpunkt ist die Information der Öffentlichkeit durch

Aufklärungsarbeit zum rechtzeitigen Erkennen der Symptome, denn es gilt
Verunsicherung abbauen durch Gespräche mit dem Kinderarzt.
Eine frühzeitige Diagnose und Therapie ist einfordern und
Letztlich erfolgt eine Überweisung zum Spezialisten (pädiatrischer Endokrinologe)


Bei den nachfolgend aufgeführten Vereinen bzw. Pressestellen erhalten Sie auf Ihre Anfrage hin erste und wichtige Informationen, weitere Adressen von Spezialisten und Kliniken.



Information:

BKMF
Bundesverband Kleinwüchsige Menschen und ihre Familien e.V.
Hillmannplatz 6
28195 Bremen

Internet: www.bkmf.de

Pressestelle Forum Wachsen
Yvonne Knittel
Postfach 2133
82103 Germering

Internet: www.forumwachsen.de

Wachstumshormone herstellende Firmen in Deutschland

Ferring
Arzneimittel GmbH
Postfach 2145
24020 Kiel

Novo Nordisk
Pharma GmbH
Brucknerstraße 1
55127 Mainz

Ipsen Pharma GmbH
Einsteinstraße 30
76275 Ettlingen

Pfizer Pharma GmbH
Pfizerstraße 1
76139 Karlsruhe

Lilly Deutschland GmbH
Saalburgstraße 153
61350 Bad Homburg

Serono GmbH
Freisinger Straße 5
85716 Unterschleissheim


Für Sie entdeckt und zusammengestellt durch ©EPS-Schäffler / Schäffler / Rech

Text: © Ermasch - Presse - Service, Schäffler, Hans Joachim Rech
Fotos: © EPS-Schäffler, Hans Joachim Rech, Forum Wachsen
Quelle: Forum Wachsen, BKMF

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