Neuartige Therapien bei der Tumorbekämpfung
Berlin. Universitätsklinikum Charité, Campus Virchow-Klinikum. Mit Unterstützung der Firma AMGEN - intelligente Medikamente, München, fand im Lehrgebäude unter Vorsitz von Prof. Dr. med. Bernd Dörken ein Post-ASCO Pressegespräch statt. Wobei ASCO für American Society of Clinical Oncology steht, oder auf deutsch - Amerikanische Gesellschaft für klinische Onkologie. Die hielt ihren Jahreskongress in Chikago ab und was da an Neuigkeiten auf den Tisch kam, wurde zahlreichen Fachjournalisten in Berlin erstmals vorgestellt.
Prof. Dr. med. Dörken wies in seinen Ausführungen auf die "Targeted Therapies" hin, zielgerichtete Therapiemethoden, die gezielt an den krankheitsauslösenden biologischen Abläufen ansetzen. Durch Studien wurde schon vor Jahren belegt, dass durch Blockade eines Enzyms (bei chronisch myeloischer Leukämie-Blutkrebs) oder der Mutation eines Rezeptors (bei gastrointestinalen Strumatumoren - Schilddrüsenkrebs), die ständig unreguliert aktiv sind und somit die Startbahn für die vorbenannten Tumore und ihre Zellen bilden, eine erfolgreiche Behandlung möglich ist. Dies geschieht durch das Designer-Molekül "Imatinib (Glivec). Stellen Sie sich die Tumorzellen wie einen Dampfkochtopf vor, unter dem die Herdplatte ohne Kontrolle ständig volle Leistung abgibt. Irgendwann fliegt der Deckel des Topfes weg, und der Inhalt verteilt sich wahllos in der ganzen Küche. Ähnlich läuft das bei den Tumorzellen ab, wenn sie sich ungehemmt im menschlichen Körper ausbreiten Es kommt also darauf an, das unkontrollierte "Feuerchen" unter den Tumorzellen zum Erlöschen zu bringen, den Impulsweg zur Krebszelle zu unterbrechen. Mit dem vorgestellten Molekül, das gezielt wirksam ist und nach ganz anderen Gesetzmäßigkeiten als ein herkömmliches Zytostatikum funktioniert, konnten bereits aufsehenerregende Erfolge bei der chronisch myeloischen Leukämie (CML) und den gastrointestinalen Strumatumoren vorgewiesen werden.
Darüber hinaus bietet ein neuartiges Medikament weitere Möglichkeiten für einen Therapieansatz auf molekularer Basis, der die Gefäßversorgung der Tumore hemmt. Jeder Tumor benötigt zur Eigenversorgung und zum Wachstum Gefäße, so wie ein Baum Wurzeln. Über diese Gefäße versorgt er sich mit allem, was seine Ausdehnung möglich macht. Wachstum bedeutet für den Tumor zunächst Unterversorgung in seinem Inneren. Das ist so wie Sport treiben, ihr Körper verlangt nach Energie - sprich Nahrung. Wenn Sie die nicht zuführen, ist es bald vorbei mit dem Sport. Also gehen Sie auf Futtersuche. Der Tumor macht im Grunde nichts anderes. Deshalb bildet er den Faktor VEGF, und schon beginnt in der Umgebung des Tumors die Aussprossung von Blutgefäßen, welche in den Tumor hineinwachsen und seine Sauerstoffversorgung verbessern. Werden nun diese Versorgungsleitungen (neue Blutgefäße) gekappt, "verhungert" der Tumor, er schrumpft und stirbt letztlich ab.
Vorgestellt wurden auf dem ASCO-Kongress in Chikago Studien beim metastasierten Dickdarmkrebs. Hier kam der gentechnisch hergestellte Antikörper gegen VEGF (Bevacizumab) Avastin - Firma Genentech San Franzisco, zum Einsatz. Das Ergebnis übertraf alle Erwartungen. Zusätzlich zur erprobten Chemotherapie wurde das Medikament verabreicht. Im Vergleich zur herkömmlichen Chemotherapie steigerte sich nicht nur das krankheitsfreie Überleben, sondern auch die Überlebenszeit im Schnitt um 30-40%. Auch bei der Behandlung des Bronchialkarzinoms mit dem Antikörper-Molekül kam es zu beachtlichen Steigerungen hinsichtlich der krankheitsfreien Überlebensdauer nach Postoperativen Eingriffen, die zwischen 14 und 21 Monate liegen. Im Gegensatz zum Dickdarmkrebs und Bronchialkarzinom konnten diese Ergebnisse bei anderen Tumorarten noch nicht gemeldet werden. Ungeachtet dessen ist der Erfolg dieses neuen Medikamentes im Kampf gegen den Dickdarmkrebs ein Meilenstein der Medizin und eines der wichtigsten Ergebnisse des Chikagoer Kongresses. Der endgültige Sieg über den Krebs lässt sicher noch auf sich warten, aber eine wichtige Etappe auf dem Weg dorthin konnte die Medizin für sich entscheiden. Es besteht berechtigte Hoffnung, das neue zielgerichtete Therapiemethoden in Kombination mit der traditionellen Chemotherapie zu weiteren Erfolgen führen werden. Allerdings wies Dörken in seinen Ausführungen auf die Nebenwirkungen der Behandlung von Chemotherapie in Kombination mit der Molekular-Therapie hin, die bei einem Teil der Patienten Blutungen der inneren Organe oder Darmperforationen oder Bluthochdruck auslösen. Wichtig zum allgemeinen Verständnis ist der Hinweis, dass es sich bei dieser Therapieform nicht um eine Chemotherapie handelt, sondern um deren Ergänzung durch ein gentechnisches Präparat.
Im Bereich Gebärmutterkrebs ist im frühen Stadium
keine Änderung der Therapieform angezeigt, es wird operativ gearbeitet. Im fortgeschrittenen Stadium erweist sich die
Chemotherapie oder Strahlentherapie als eine der Behandlungsmethoden zur
Bekämpfung dieser Krebsart. Je nach Schwere der Erkrankung werden auch beide Therapien kombiniert eingesetzt. Der Gebärmutterhalskrebs zeigt sich wie der Gebärmutterkrebs ähnlich therapierbar. So wird nach der Operation mit Strahlen- und Chemotherapie behandelt.
Der Gynäkologe Prof. Dr. med. Werner Lichtenegger untermauerte die Aussagen seines Kollegen Dörken aus der eigenen Erfahrung mit erkrankten Patientinnen. So konnte eine signifikante Reduzierung der Erkrankungen um bis zu 32 % nachgewiesen werden. Voraussetzung war die Kombination von CT + RT + Medikament. Bei nur "normaler" Therapie mit CT + RT blieben diese Erfolge aus.
Zudem ist bei 68% der Erkrankten nach zwei Jahren mit einem Rückfall zu rechnen, während bei den CT + RT + Medikament Behandelten in dieser Zeit keine Rückfälle auftraten. Dadurch verbesserte sich die Lebensqualität der Betroffenen erheblich, was wiederum die Regeneration und Ausheilung beschleunigt.
Beim Mammakarzinom - Brustkrebs - fragen sich die Mediziner, ob die Heilungsrate weiter steigerbar ist. Prof. Dr. med. Jens-Uwe Blohmer weist auf Studien hin, die dosisdichte Therapien zum Inhalt haben und über einen Zeitraum von 36 Monaten angewandt werden, was durchaus Vorteile für die Patientinnen hat. Allerdings schlägt sich die Hochdosis Therapie noch nicht erkennbar in der Lebensverlängerung nieder. Interessant auch die Tatsache, dass eine Chemotherapie bei älteren Patientinnen im Bereich der Lymphknoten mit hohem Befall keine schlechteren Ergebnisse anzeigt als bei jungen Patientinnen. Hier gilt es noch viel zu forschen, denn die Fortschritte in der klinischen Onkologie werden unter anderem durch Experimentelle Studien, durch Innovation und Definierte Standards erreicht, wobei anzumerken ist, dass es Probleme mit dem Molekular Profiling als Target Therapie für die Intervention geben kann.
Über den Eierstockkrebs - eine sehr seltene Erkrankung, sprach Dr. Jalid Sehouli. In der Primärtherapie erfolgt die Totaloperation + Platinmedikament.
75% der Behandelten werden optimal operiert und sprechen sehr gut auf die Chemotherapie an.
Dennoch - nach 3 Jahren erkranken bis zu 50% neu an Krebs. Wenn der Eierstockkrebs erneut auftaucht, kommt eine Kombi-Therapie von Medikamenten zum Einsatz, die das Überleben de facto verlängert.
Zum Thema Darmkrebs referierte Dr. Peter Reichardt, der beim fortgeschrittenen colorektalen Darmkrebs eine Kombination von Medikamenten plus Chemotherapie anzeigt, also Oxaliplatin + Chemotherapie. Bei Anwendung der neuen Therapie schnitt diese am besten ab, denn sie brachte den Betroffenen eine Überlebenszeit von bis zu 20 Monaten. Auch hier zeigt sich, dass die derzeit optimale Therapie aus Chemotherapie + medikamentösen Maßnahmen besteht. Die Folfox-Arm Kombination (Oxaliplatin plus Folinsäure plus 5-FU-Dauerinfusion) weist sich als die derzeit beste Therapieform im Kampf gegen diese Krebsart aus. Das Rückfallrisiko nach 3 Jahren wurde durch diese Therapie drastisch gesenkt(23%), so dass ein Überleben nach dieser Zeit um fast 15% gesteigert werden konnte. Hier handelt es sich um eine erste weitreichende Verbesserung der Chemotherapie des Darmkrebses seit vielen Jahren.
Zucker kennen Sie alle.
Wenn man daran krankt - zu wenig oder zuviel im Blut, dann ist man
Zuckerkrank. Der Betroffene benötigt Insulin, weil die eigene
Bauchspeicheldrüse den Ausgleich nicht schafft. Wenn dieses Organ an Krebs
erkrankt, dann liegt ein Pankreaskarzinom vor, so der medizinische Begriff
für das befallene Organ. Hierzu gab PD Dr. med. Helmut Oettle die
aktuellen Kenntnisse an die Fachjournalisten weiter.
Der Bauchspeicheldrüsenkrebs ist eine der am schwierigsten erkennbaren und am wenigsten erfolgreich behandelbaren Krebsarten überhaupt. Woran liegt's? Nun - die Bauchspeicheldrüse versteckt sich zum einen hinter Magen und Darm, zum anderen hat der Tumor im Bauchraum
reichlich Platz zum wachsen, verursacht mithin keine Beschwerden. Erst im
fortgeschrittenen Stadium wird ein Pankreaskarzinom erkannt, zu spät für
die meisten. Daher liegt die mittlere Überlebenszeit bei 3 Monaten und die
Einjahresüberlebenszeit nur bei 2% aller Erkrankten.
Allerdings schöpfen die Mediziner Hoffnung durch die Anwendung neuer Medikamente, so Gemcitabin in Kombination mit der Chemotherapie, das eine Überlebenszeit von median 6 bis 9 Monate ermöglicht, sogar das Einjahresüberleben bei einem Drittel der Therapierten. Tragisch jedoch die Tatsache, dass rund 50% der am Pankreaskarzinom Erkrankten in Deutschland gar keine Therapie erfahren, weil die Krankheit bereits fortgeschritten ist oder Metastasen gebildet hat. Nur im Frühstadium ist eine Heilung dieser ungemein aggressiven Krebsart möglich. Da hakelt es, weil eine Frühdiagnose kaum möglich ist, denn - das Pankreaskarzinom verursacht meist keine Frühsymptome, und der Tumor kann lange Zeit unbemerkt bleiben und wachsen.
Obwohl adjuvante Therapiekonzepte derzeit fehlen, ist mit Gemcitabin die Basis für zukünftige Konzepte vorbereitet. Aus Studien geht eindeutig hervor, dass Patienten mit fortgeschrittenem Pankreaskarzinom die Chemotherapie nicht vorenthalten werden darf. In Kombination mit Gemcitabin hat der behandelnde Mediziner ein Kampfmittel gegen diesen Krebs, der den Betroffenen ein wenig mehr Mut und Hoffnung macht. Der Überlebensvorteil für diese Patienten ist jedoch nur dann zu realisieren, wenn sie innerhalb der klinischen Studien auch in Zukunft weiter behandelt werden dürfen. Als Betroffene kann Ihnen nur geraten werden, im Ernstfall in einer Klinik vorzusprechen, in der Studien zu dieser Krankheit durchgeführt werden. Dann stehen Ihre Chancen wesentlich günstiger als in einer "normalen Klinik", wo herkömmlich therapiert wird.
Im Anschluss daran
moderierte Dr. med. Christoph Fischer von der BILD-Zeitung die
Podiumsdiskussion, die unter den Fach-Journalisten und Ärzte-Journalisten
zahlreiche Fragen aufwarf. Der zentrale Tenor war, dass bei den Bürgern
die Ängste dahin gehen, im Ernstfall von den neuen Therapien nicht zu
profitieren.
Ganz sicher liegen die Ursachen dafür auch in der zur Zeit messerscharf diskutierten Kostendebatte. Eine wichtige Empfehlung haben Ihnen die Gesprächsteilnehmer bereits gegeben. Informieren Sie sich - wie es auch in den USA üblich ist - in den Kliniken, ob zur speziellen Erkrankung Studien durchgeführt werden, melden Sie sich dort und lassen Sie sich beraten. Nach Aussage von Dörken, Lichtenegger und Kollegen ist das Virchow-Klinikum bislang noch in der Lage gute und beste Therapien anzubieten, aber für die Zukunft sieht es eher nach einer Gleichschaltung - sprich Rückschritt in der deutschen Medizin aus. Der Kampf um die Ressourcen ist in vollem Gange. Leider haben Patienten in Deutschland keine Lobby - so wie in anderen Ländern.
Allen Unkenrufen zum Trotz besteht dennoch
Grund zu Optimismus, die Basis für einen kraftvollen Willen. Und der ist
wesentlicher Bestandteil auf dem Weg zu Ihrer Genesung.
Informationen:
Für Sie entdeckt und zusammengestellt durch ©EPS-Schäffler / Körner / Rech
Text: © Ermasch - Presse - Service / Schäffler / Hans Joachim Rech. Fotos: © EPS-Schäffler / Amgen GmbH Quelle: Amgen GmbH
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