Dr. Jens Weidmann
Präsident der Deutschen Bundesbank

 

Rede anlässlich des Wechsels im Amt des Präsidenten der Hauptverwaltung in Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein in Hamburg am 29. Januar 2014

Sehr geehrte Ministerin Heinold
Sehr geehrte Ministerin Polzin,
Sehr geehrter Senator Tschentscher
Liebes Ehepaar Sailer-Schuster
liebes Ehepaar Griep
sehr geehrte Damen und Herren.


geladene Gäste aus Wirtschaft und Politik

Ich begrüße Sie herzlich zu unserer heutigen Amtswechselfeier und freue mich sehr über Ihr Kommen. Oder in hamburgischer Kurzform: Moin, moin! Mit Blick auf Vorträge und Reden wird häufig empfohlen, man könne grundsätzlich über alles reden, nur nicht über zwanzig Minuten. Ich werde versuchen, diesem Rat zu folgen und komme daher gleich zum Thema. Beginnen möchte ich mit Ihnen, Frau Sailer-Schuster.


Adelheid Sailer-Schuster

Liebe Frau Sailer-Schuster, nach nahezu vierzig Jahren endete vor knapp einem Monat Ihre berufliche Zeit bei uns. Zum einen blicken Sie zurück auf eine beeindruckende Karriere in direkten Diensten der Bundesbank innerhalb unserer Landesgrenzen. Zum anderen verbrachten Sie jedoch auch viele Berufsjahre außerhalb von Deutschland, und zwar in einer ganzen Reihe von Funktionen. Als kleine Randbemerkung: mit 15 Jahren ununterbrochen im Ausland dürften sie diesbezüglich in der Bundesbank wohl den Rekord halten.


Aber besser der Reihe nach: Nach Jurastudium und Banklehre begannen Sie 1974 in Baden-Württemberg Ihr Bundesbank-Referendariat, also die „Ausbildung für den höheren Bankdienst", wie es bei uns heißt. Nach bestandener Laufbahnprüfung führte Sie Ihre erste berufliche Station schon einmal in die Freie und Hansestadt Hamburg, als Sie 1977 in der damaligen Hauptstelle den Posten der stellvertretenden Direktorin übernahmen.


Mit welchen Widrigkeiten die Berufswelt für Frauen damals häufig verbunden war, hatten Sie in Ihrer eigenen Antrittsrede zu Ihrer Amtseinführung im Mai 2009 selbst geschildert. Sie wiesen darauf hin, dass Sie in den späten 70er-Jahren auf explizite Weisung Ihrer Vorgesetzten keine Bilanzbesprechungen mit denjenigen Firmen führen durften, die zum Wechselankauf zugelassen waren – damals war der Wechselankauf noch ein maßgebliches Instrument der Geldpolitik.


Diese Anweisung galt, obwohl gerade die Bilanzbesprechungen nachweislich zu den Aufgaben einer stellvertretenden Direktorin gehörten. Sie lieferten in Ihrer Rede auch gleich die Begründung mit, die Ihnen seinerzeit von Ihren Vorgesetzten gegeben wurde: Es hieß, es sei einem hanseatischen Kaufmann nicht zuzumuten, einer jungen Frau seine Bilanzzahlen zu offenbaren.


Was damals als „Zumutung" empfunden wurde, mag uns aus heutiger Warte belustigen, verwundern oder erschrecken, entsprach jedoch schlicht dem verbreiteten Denken der damaligen Zeit – zumindest demjenigen in der Bundesbank. Frau Sailer-Schuster, ich vermute, dass unter anderem diese Erfahrung dazu beigetragen hat, dass Sie sich später mit großem persönlichen Einsatz dem Thema Gleichstellung angenommen haben – ich komme hierauf gleich noch zurück.


Nach einer Tätigkeit in der damaligen Landeszentralbank in Hamburg begann dann im Jahr 1990 Ihre lange Zeit im Ausland – aus den ehemals geplanten vier Jahren wurden schließlich die bereits erwähnten 15. Da Ihr Mann beruflich noch in Hamburg gebunden war, wechselten Sie seinerzeit ohne ihn mit Ihren zwei kleinen Kindern an die Deutsche Botschaft nach Rom. Dort fungierten Sie einerseits als Repräsentantin der Bundesbank in Italien, andererseits aber auch als Finanzattachée der Botschaft.


Als Ihnen dann der damalige EU-Binnenmarktkommissar Mario Monti anbot, Mitglied seines Kabinetts zu werden, ergriffen Sie diese seltene Chance und wechselten im Jahr 1995 nach Brüssel zur Europäischen Kommission. Damit war jedoch Ihr Auslandseinsatz und Ihr Engagement für die europäische Integration noch lange nicht beendet, denn auf die Zeit bei Mario Monti folgte von 1999 bis 2002 Ihr Einsatz als Beraterin beim Wirtschafts- und Finanzausschuss des Europäischen Parlaments. Im Anschluss daran waren Sie schließlich bis zum Jahr 2005 Referentin für Finanzmarktfragen bei der Deutschen EU-Vertretung in Brüssel. Mit Fug und Recht kann man also behaupten, dass Sie mitgeholfen haben, Europa zu gestalten.


Ihre ausgeprägte europäische Perspektive nahmen Sie dann mit nach Berlin, wo Sie als Regionalbereichsleiterin für Banken- und Finanzaufsicht der dortigen Bundesbank-Hauptverwaltung fungierten, bevor Sie dann im Jahr 2009 vom Vorstand der Bundesbank zur Präsidentin der hiesigen Hauptverwaltung berufen wurden.


Lassen Sie mich den kurz geschilderten beruflichen Werdegang in einem Satz zusammenfassen: Ein beeindruckender Lebenslauf! Frau Sailer-Schuster, es sind insbesondere drei Dinge, die ich beim Blick auf Ihr Berufsleben herausstreichen möchte.


Erstens: Mit Ihrem langjährigen Einsatz für Europa und die gemeinsame Währung zeigen Sie sehr authentisch, was es heißt, als überzeugte Europäerin ein Thema mit hohem persönlichem Einsatz und Herzblut zu verfolgen. In Ihrer bereits erwähnten Antrittsrede vor knapp fünf Jahren sagten Sie, dass Sie einen Schwerpunkt Ihrer Arbeit als Hauptverwaltungspräsidentin darin sehen, für die gemeinsame Währung einzutreten.


HHier möchte ich Ihnen explizit beipflichten: In der Tat ist der Euro aller Anstrengungen wert, ihn als gemeinsame und stabile Währung zu bewahren. Exakt aus dieser Überzeugung heraus hat sich die Bundesbank seit jeher für den Erfolg der Währungsunion als Stabilitätsunion eingesetzt und wird dies auch in Zukunft tun.


Zweitens: Liebe Frau Sailer-Schuster, neben Europa haben Sie sich auch dem Thema der beruflichen Gleichstellung von Frauen und Männern mit Leib und Seele angenommen. Ein Ergebnis Ihres umtriebigen Einsatzes auf diesem Gebiet ist unter anderem das Frauen-Finanzforum, das Sie hier in Hamburg vor einigen Jahren ins Leben riefen.


MMit diesem Forum wollen Sie insbesondere ein Netzwerk weiblicher Führungskräfte etablieren, um hierdurch eine bestehende Lücke zu schließen. Zielrichtung war aber nicht nur das Wirken nach innen hinein in die jeweilige Institution, sondern darüber hinaus auch nach außen, weshalb sich das Frauen-Finanzforum Ende 2012 erstmals einer breiteren Öffentlichkeit vorstellte. Hierzu diente eine prominent besetzte Veranstaltung, die gemeinsam von der hiesigen Hauptverwaltung, der Handelskammer, dem Finanzplatz Hamburg e.V. und dem Hamburgischen Weltwirtschafts-Institut organisiert wurde.


Dies war jedoch nur der Auftakt und nicht etwa lediglich ein einmaliger Aufschlag. Seitdem folgten weitere hochkarätige Veranstaltungen und ich wünsche allen Beteiligten, dass dieser Schwung noch lange anhalten möge. Drittens: Frau Sailer-Schuster, Sie haben die Themen Gleichstellung sowie Vereinbarkeit von Familien und Beruf auch ganz konkret als Vorgesetzte in Ihrem eigenen beruflichen Umfeld gelebt. Sie haben sich aktiv und intensiv für die Interessen Ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingesetzt, waren offen, nahbar und somit für Mitarbeiterbelange unmittelbar zugänglich.


Dies galt gerade auch in den Fällen, in denen es für die Beschäftigten darauf ankam, Familienaufgaben – und diese werden eben häufiger noch von Frauen als von Männern wahrgenommen – mit beruflichen Anforderungen unter einen Hut zu bringen.


Mit anderen Worten: Sie agierten als eine Führungskraft im besten, vorbildlichen Sinne. Liebe Frau Sailer-Schuster, für Ihre exzellente Arbeit während einer langen Bundesbankkarriere und natürlich für Ihre Leistungen als Hauptverwaltungspräsidentin danke ich Ihnen – auch im Namen des gesamten Vorstands – ganz herzlich und wünsche Ihnen für die Zukunft alles Gute.


Sie übergeben den Staffelstab in der hiesigen Hauptverwaltung an Peter Griep.


Peter Griep

Lieber Herr Griep, auch Sie haben einmal als Referendar in der Bundesbank angefangen und sind somit ebenfalls ein echtes „Hausgewächs" mit ebenso breiten wie tiefen Kenntnissen unserer Institution und ihrer Aufgaben.


Nach einer Ausbildung zum Industriekaufmann und einem anschließenden Studium der Volkswirtschaftslehre in Frankfurt und in London begannen Sie 1989 Ihre Referendarausbildung in der damaligen Landeszentralbank in Rheinland-Pfalz. Nach einem Jahr als stellvertretender Leiter der damaligen Bundesbank-Hauptstelle in Mainz – heute sprechen wir von einer Filiale – wechselten Sie 1993 in den Wertpapier- und Devisenhandel der Zentrale in Frankfurt.


Aufgrund ihrer großen Fach- und Führungskompetenz wurden Sie im Jahr 2004 dann Leiter der Abteilung für Marktoperationen. Diese Abteilung ist unter anderem maßgeblich damit befasst, die geldpolitischen Beschlüsse – wie zum Beispiel die Leitzinsentscheidungen des EZB-Rats – im Rahmen der Refinanzierungsgeschäfte mit den Geschäftsbanken praktisch umzusetzen. Daneben wirkten Sie über Ihre Mitgliedschaft im Ausschuss für geldpolitische Operationen bei der EZB bis zu Ihrem jüngst vollzogenen Wechsel nach Hamburg daran mit, die Umsetzung der Geldpolitik im Eurosystem abzustimmen und den geldpolitischen Instrumentenkasten stetig zu überprüfen und weiterzuentwickeln. Von Ende 2010 bis Ende des vergangenen Jahres amtierten Sie schließlich als Leiter unserer Grundsatzabteilung für operative Geld- und Währungspolitik, bevor Sie der Vorstand der Bundesbank zum Präsidenten der hiesigen Hauptverwaltung berief.


Lieber Herr Griep, die Präsidentin unserer Hauptverwaltung in Frankfurt, Diana Rutzka-Hascher, verfügt im Bereich der praktischen Geldpolitik über einen ähnlichen Erfahrungsschatz wie Sie. Auf der betreffenden Amtseinführung im Herbst letzten Jahres sprach ich deshalb davon, dass Frau Rutzka-Hascher Ihre Meriten unter anderem im „Maschinenraum der Geldpolitik" erarbeitet habe. Lieber Herr Griep, war es dort der „Maschinenraum", so passt mit Blick auf Ihren bisherigen Erfahrungsschatz wahrscheinlich die Umschreibung „Steuerungsmannschaft des geldpolitischen Maschinenparks" ganz gut.


Schon bei dem Amtswechsel im Herbst drängte sich angesichts des erwähnten „Maschinenraums" die Frage auf, wo denn dann wohl das herrliche Sonnendeck der Geldpolitik zu verorten sei. Viele vermuten, dass es sich um die Ebene des EZB-Rats handeln müsse, dem ich selber angehöre. Da geht es zwar manchmal heiß her, als Sonnendeck würde ich den EZB-Rat jedoch trotzdem nicht bezeichnen. Ich fürchte, wir sind also weiter auf der Suche. Vielleicht ist die Geldpolitik auch kein Kreuzfahrtschiff, sondern eher ein Frachter. Aber ich möchte das Bild nicht überstrapazieren – vor allem nicht in Hamburg. Die Bundesbank hat jedenfalls mit Peter Griep einen versierten Notenbanker zum neuen Präsidenten der hiesigen Hauptverwaltung berufen, der seine Aufgaben mit Bravour erfüllen wird. Lieber Herr Griep, auch im Namen des gesamten Vorstands wünsche ich Ihnen hierfür alles Gute und freue mich auf die weitere Zusammenarbeit.


Sehr geehrte Damen und Herren, bevor ich das Pult an meine Nachredner übergebe, möchte ich noch verschiedene Gedanken mit Ihnen teilen, was die aktuellen Entwicklungen in der Währungsunion angeht. Hierbei werde ich mich auf die gegenwärtige institutionelle Großbaustelle konzentrieren, nämlich die Arbeiten zum Aufbau der so genannten Bankenunion.


4 Die zwei Säulen der Bankenunion

Die Bankenunion ist unbestritten die größte Änderung in der europäischen Finanzarchitektur seit der Einführung des Euro. Die Bankenunion umfasst als erste Säule eine gemeinsame europäische Bankenaufsicht – der englische Terminus lautet Single Supervisory Mechanism, kurz SSM –, die nach einheitlichen Regeln und hohen Standards arbeiten wird. Als zweite Säule ist auch ein gemeinsamer europäischer Restrukturierungs- und Abwicklungsmechanismus vorgesehen.


Die einheitliche Aufsicht ist eine Reaktion darauf, dass in der Finanzkrise diverse Schwachstellen in den nationalen Bankenaufsichten verschiedener Mitgliedstaaten zum Vorschein kamen, die am Ende zu einer Belastung für die gesamte Währungsunion wurden. Die einheitliche Aufsicht ist somit ein zentraler Beitrag zur Finanzstabilität.


Damit die unter dem Dach der EZB angesiedelte einheitliche Aufsicht im November dieses Jahres ihre Tätigkeit ordnungsgemäß aufnehmen kann, hilft auch die Bundesbank konzeptionell und personell tatkräftig mit. Vor dem Start der gemeinsamen Aufsicht wird unter anderem ein umfassender Bilanzcheck derjenigen 128 als „signifikant" identifizierten Banken durchgeführt, die künftig von der EZB direkt beaufsichtigt werden.


Die erste Stufe der Bilanzprüfung, nämlich die Auswahl riskanter Portfolios, ist nun bald abgeschlossen. Auch die Arbeiten zur Methodik, mit der man die Bilanzpositionen überprüfen wird, machen Fortschritte. Insgesamt finden alle Arbeiten in einem sehr engen Zeitrahmen statt.


Sollte im Rahmen dieser Prüfung festgestellt werden, dass bei dem einen oder anderen Institut ein Rekapitalisierungsbedarf besteht, so soll dieser Bedarf noch vor dem Start der einheitlichen Aufsicht gedeckt werden. Hierfür gilt es, vorrangig private Finanzmittel heranzuziehen.


Falls dies nicht möglich ist und die Bank aber über ein tragfähiges Geschäftsmodell verfügt, kann auch der jeweilige Heimatstaat der Bank die Rekapitalisierung leisten. Eine Rekapitalisierung mit finanzieller Hilfe der anderen Mitgliedstaaten ist aus meiner Sicht nicht sachgerecht. Schließlich geht es beim Beheben bilanzieller Altlasten um die Haftung für zurückliegende Versäumnisse in der Bankenaufsicht – und dafür waren primär die einzelnen Mitgliedstaaten verantwortlich, nicht etwa die Gemeinschaftsebene. Die gemeinsame Aufsicht wird durch den gemeinsamen europäischen Restrukturierungs- und Abwicklungsmechanismus ergänzt – oder besser ausgedrückt: vervollständigt. Dahinter steht folgender Gedanke: Es ist ein konstitutives Element jeder marktwirtschaftlichen Ordnung, dass Unternehmen auch scheitern können müssen.


Folgerichtig sollen auch Banken scheitern und im Ergebnis aus dem Markt ausscheiden können, wofür sie im Zweifel abgewickelt werden müssen. Hierbei ist jedoch darauf zu achten, dass dies – anders als bisher – ohne Gefährdung der Finanzstabilität und möglichst ohne den Einsatz öffentlicher Mittel geschieht.


Im Restrukturierungs- und Abwicklungsfall sollen deshalb die Eigentümer und Gläubiger der Banken angemessen an den Verlusten beteiligt werden. Erst danach soll ein von Banken gespeister Abwicklungsfonds einspringen und erst in letzter Instanz sollen öffentliche Mittel eingesetzt, sprich der Steuerzahler belastet werden, wenn die Finanzstabilität ansonsten gefährdet wäre. Die politische Grundsatzeinigung der Regierungen zum gemeinsamen Restrukturierungs- und Abwicklungsmechanismus geht deshalb in die richtige Richtung. Um ein möglichst zeitgleiches Inkrafttreten des neuen Restrukturierungs- und Abwicklungsregimes mit der gemeinsamen Bankenaufsicht zu erreichen, ist es notwendig, die Verhandlungen mit der Europäischen Kommission und dem Europäischen Parlament zügig abzuschließen.


5 Enge Verflechtung von Banken und Staaten lösen

Die Frage, ob in Zukunft eine europäische Bank ohne Gefährdung der Finanzstabilität und ohne signifikanten Beitrag der Steuerzahler abgewickelt werden kann, wird aber nicht allein durch die Schaffung eines einheitlichen Restrukturierungs- und Abwicklungsmechanismus beantwortet.


Wie die Krise im Euro-Raum gezeigt hat, hat sich die zum Teil sehr enge Verbindung von Banken und Mitgliedstaaten in verschiedenen Fällen als fatal herausgestellt. Es kam zu verhängnisvollen Rückkopplungen in beiderlei Richtungen, die es in Zukunft zu verhindern gilt. Worum geht es konkret? In der Krise hat in manchen Ländern ein wankendes Bankensystem dazu geführt, dass aufgrund notwendiger Rettungszusagen auch die jeweiligen Staaten erheblich ins finanzielle Straucheln gerieten.


Der bedrohliche Rückkopplungsmechanismus zwischen Banken und Staaten wirkt aber auch in die andere Richtung, nämlich von Staaten auf Banken. Solvenzgefährdete Staaten können solche Banken erheblich belasten oder gar mit sich reißen, die große Bestände an Staatsanleihen in ihren Büchern haben. Das war insbesondere in Griechenland und Zypern der Fall. Diese potenziell gefährliche Wechselwirkung von Banken und Staaten muss durchbrochen werden, um diesen Gefahrenherd in Zukunft einzudämmen. Neben der in Grundzügen skizzierten Bankenunion sind deshalb auch regulatorische Anpassungen notwendig. Kurz gesagt sollte es mittelfristig darum gehen, Bankausleihungen an die Euro-Staaten so zu behandeln wie Ausleihungen an private Schuldner auch. Das bedeutet, Forderungen an den Staat sollten – anders als es bisher der Fall ist – risikoadäquat mit Eigenkapital unterlegt werden müssen, und es sollten für sie Obergrenzen in den Bankbüchern eingeführt werden.


Die bisherige regulatorische Grundannahme, dass Kredite an alle Staaten im Euro-Raum letztlich risikolose Anlagen seien, wurde durch die jüngste Krisenerfahrung eindeutig widerlegt. Gerade vor diesem Hintergrund hat auch Commerzbank-Chef Martin Blessing jüngst in einem Beitrag für das Handelsblatt auf den „gefährlich hohen Anteil der Staatsfinanzierung durch Banken" und auf die entstandenen „Klumpenrisiken" hingewiesen.


Natürlich erfordert eine Neuregelung angemessene Übergangsfristen. Aber am Ende muss im Ordnungsrahmen der Währungsunion für Staaten ähnlich wie für Banken gelten: Staatsinsolvenzen müssen möglich sein, ohne den Kollaps des Finanzsystems nach sich zu ziehen. Die Bundesbank hat schon vor drei Jahren Vorschläge für eine Reform des Ordnungsrahmens der Währungsunion gemacht. So könnten zum Beispiel die standardisierten Anleihebedingungen von staatlichen Schuldverschreibungen von Euro-Ländern grundsätzlich vorsehen, dass sich die Laufzeit der jeweiligen Anleihen automatisch um drei Jahre verlängert, sobald das Land Kredite aus dem Rettungsschirm ESM erhält.


Diese automatische Verlängerung würde Krisenstaaten Zeit verschaffen, ihre Probleme zu lösen, ohne dass private Gläubiger ihr Geld abziehen. Es würde vor allem zunächst Zeit gewonnen, um mit größerer Sicherheit festzustellen, ob es sich um ein Solvenz- oder ein Liquiditätsproblem handelt.


Meine Damen und Herren, ein Festredner sollte sich bekanntlich nicht festreden, sondern möglichst dann aufhören, wenn man ihm noch gerne zuhört. Daher möchte ich es nun bewenden lassen, wohlwissend, dass ich die magische Grenze von 20 Minuten wohl leicht überschritten habe.


Zum Abschluss noch einmal ganz kurz zu Ihnen, liebe Frau Sailer-Schuster: Ich vermute, dass Sie sich während Ihrer Zeit in Italien selbst davon überzeugen konnten, dass tatsächlich alle Straßen nach Rom führen. Ich wünsche Ihnen, dass Sie nun all die Zeit haben, um diesen Straßen nach Lust und Laune zu folgen.


Ich übergebe nun an Ministerin Heinold und danke für Ihre Aufmerksamkeit.



v.l. Ministerin Heike Polzin | Monika Heinold | Dr. Peter Tschentscher

v.l. Dr. Adelheid Sailer-Schuster | Peter Griep im Gespräch | Peter Griep


geladene Gäste aus Wirtschaft und Politik



Internet: www.bundesbank.de


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Textzusammenstellung: © Ermasch - Presse - Service, Marcel Schäffler
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Quelle: Deutsche Bundesbank

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