Jahresempfang der Hauptverwaltung



Peter Griep
Präsident der Hauptverwaltung in Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein der Deutschen Bundesbank

 

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete,

geehrte Damen und Herren des Diplomatischen Corps, liebe Gäste,

herzlich willkommen zu unserem Jahresempfang hier im Empire Riverside Hotel!

Jahresempfänge sind eine gute Gelegenheit für Rückschau, Prognose und Wünsche. Seit der Jahrtausendwende beschäftigen wir Deutschen uns beim Thema Europa überwiegend mit wirtschaftlichen Problemen. Deutlich wird das an dem jeweiligen „Wort des Jahres". Wir erinnern uns. In den letzten 15 Jahren bezogen sich 1/3 der „Worte des Jahres" auf Wirtschafts- oder Finanzprobleme in Europa: 2002 der „Teuro", 2003 „Das alte Europa", 2008 „Finanzkrise", 2011 „Stresstest", 2012 „Rettungsroutine". Ich wünsche mir und uns, dass die nächsten 15 Jahre in der Wirtschafts- und Währungsunion durch mehrheitlich positive Entwicklungen geprägt werden. Welche „Worte des Jahres" werden wir vorfinden? „Friedliche Kooperation" wünschen wir uns alle. Ich wünsche mir darüber hinaus „Reformmut" und „das neue zukunftsfeste Europa".

Geehrte Gäste, in den Medien war zu erfahren, dass unsere Zentrale seit Kurzem von 200 Bundespolizisten gesichert wird. Grippeviren machen aber leider auch nicht an der gutgeschützten Bundesbank halt. Unser Vorstandsmitglied Dr. Nagel kann deshalb heute leider nicht zu uns sprechen.


Ich begrüße daher ganz herzlich Andre Bartholomae,

Zentralbereichsleiter Märkte bei der Deutschen Bundesbank, als ersten Gastredner der heutigen Veranstaltung.

Er ist ein hervorragender Experte rund um Märkte und Geldpolitik und in dieser Funktion ein wichtiger Berater von Präsident Weidmann. Er ist ein Mann der ersten Stunde, war an maßgeblicher Stelle in die geldpolitische Vorbereitung der Währungsunion eingebunden und vertritt die Bundesbank bis heute in wichtigen Eurosystemgremien. Übrigens kommt er auch hier aus dem Norden. Damit ist er sturmerprobt, was er in den letzten Jahren gut gebrauchen konnte, und flexibel, was er heute zeigen kann, nachdem ich ihn kurzfristig gebeten habe, in seine alte Heimat zu kommen.

Unser zweiter Gastredner ist, der bisherigen Tradition folgend, ein hochrangiger Vertreter des Kreditgewerbes im Bereich unserer Hauptverwaltung. Ich freue mich sehr, dass wir für unseren heutigen Termin Herrn von Oesterreich gewinnen konnten. Eine ausführliche Vorstellung unseres Referenten erübrigt sich an dieser Stelle, denn Sie alle kennen Constantin von Oesterreich als Vorstandsvorsitzenden der HSH Nordbank AG.

Zuvor war er mehr als 30 Jahre lang in verschiedenen Positionen weltweit für die Deutsche Bank tätig. Im November 2009 wechselte er dann in den Vorstand der HSH Nordbank AG. Seit dem 1. November 2012 ist Constantin von Oesterreich Vorstands-vorsitzender dieser Bank. Vielen Dank, dass Sie heute zu uns gekommen sind!

Doch bevor ich an unsere Gastredner übergebe, gestatten Sie mir vorab einige Ausführungen in eigener Sache!


2 Terminvorschau 2015

Das Jahr 2015 wird für die Bundesbank hier im Norden nicht ohne Heraus-forderungen sein: So steht im laufenden Jahr die komplette Schließung unserer Filiale in Kiel an. Die Filiale Lübeck bietet ihre Dienste ab April nur noch für Großkunden an, sie wird in eine Außenstelle der Filiale Hamburg umgewandelt. Nach Umbau und entsprechender Kapazitätserweiterung in Hamburg wird die Filiale Lübeck ebenfalls geschlossen.


Für die betroffenen Mitarbeiter bedeutet dies, dass sie (sofern sie nicht altersbedingt ausscheiden) an anderen Standorten der Bundesbank tätig sein werden. Die Bundesbank hat im Zuge der Filialschließungen stets betont, dass wir als sozialer Arbeitgeber eine Verantwortung für sämtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tragen, und dazu stehen wir weiterhin! Es wird also keine betriebsbedingten Kündigungen geben, aber gleichwohl (das lässt sich nicht vermeiden) Versetzungen an andere Standorte. Die Deutsche Bundesbank predigt nicht nur Strukturwandel und Reformbereitschaft, sie zeigt es auch in der eigenen Praxis:

  • 90iger Jahre nach der Wiedervereinigung 16 Filialen, 1567 Mitarbeiter
  • vor Einführung Eurobargeld 2001 9 Filialen, 1437 Mitarbeiter
  • Ende 2015 3 Filialen mit etwa 610 Mitarbeitern


Gleichzeitig wurden die Aufgabengebiete gestrafft und im Hauptverwaltungsbereich auf die Kerngeschäftsfelder Bargeldversorgung/unbarere Zahlungsverkehr, Bankenaufsicht, Kreditbeurteilung von Unternehmen im Rahmen der Geldpolitik reduziert. Viele interne Aufgaben der Bundesbank wurden in Servicezentren ausgelagert. In der Hauptverwaltung Hamburg betreiben wir beispielsweise die Servicezentren Buchhaltung sowie Kosten- und Leistungsrechnung für die gesamte Deutsche Bundesbank. Daneben sind wir weiterhin als Hausbank staatlicher Stellen aktiv sowie in der Öffentlichkeitsarbeit/ökonomische Bildung.


Die Filialschließungen bedeuten jedoch keineswegs, dass die Bundesbank dem Norden Deutschlands kein Interesse mehr entgegenbringt! Ganz im Gegenteil: Wir wollen weiterhin in allen drei Bundesländern unseres Zuständigkeitsbereiches präsent sein! Dass wir dabei auf einem guten Weg sind, zeigt mir persönlich die große Anzahl meiner Gesprächstermine außer-halb Hamburgs in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern. Auch unsere Veranstaltungen im Bereich der ökonomischen Bildung bieten wir in allen drei Bundesländern gleichermaßen an. Hier haben wir in den vergangenen Jahren – beispielsweise mit unserem „Forum Bundesbank" – bereits viele neue Wege beschritten. Und so ist es für uns eine Selbstverständlichkeit, dass wir unsere Angebote, also insbesondere unser regionales „Forum Bundesbank" und unsere Reihe „Bundesbank im Dialog", auch nach der Schließung der Filialen in Schleswig-Holstein in vollem Umfang aufrechterhalten! In 2015 startet auch eine neue Kooperation mit Universitäten, konkret: wir beginnen mit Vorlesungen an der Kieler Universität.


Darüber hinaus wollen wir unser Angebot in der Öffentlichkeitsarbeit noch vielfältiger gestalten. Daher möchte ich bereits heute auf ein Großereignis dieses Jahres hinweisen: Am Samstag, dem 19. September, wird unsere Hauptverwaltung im Rahmen eines groß angelegten „Fests am Fleet" einen Tag der offenen Tür veranstalten. Dann wird es die Gelegenheit geben, nicht nur unsere Vortragsräume in Augenschein zu nehmen, sondern auch andere Arbeitsbereiche der Bundesbank live vor Ort kennenzulernen. Es gibt jede Menge Anschauliches zum Geld- und Notenbankwesen und ein breites Unterhaltungsspektrum! Wir werden natürlich im Vorfeld dieses Aktionstages auch noch eine große Werbekampagne starten, aber ich möchte trotzdem schon jetzt auf diesen Termin hinweisen, denn es lohnt sich definitiv, den 19. September im Kalender freizuhalten!


Das gibt mir eine gute Überleitung zum heutigen musikalischen Rahmen-programm. Ich begrüße Petra Thelen (Saxophon) und Jürgen Kok (Gitarre). Für Petra Thelen ist das Musizieren mit dem Saxophon die Erfüllung eines Lebenstraums. Sie betreibt hier in Hamburg eine Saxophonschule und tritt sowohl als Solo-Künstlerin als auch in verschiedenen Band-Konstellationen auf. Darüber hinaus ist sie auch als Musiktherapeutin und als Coach aktiv. Jürgen Kok, unser Gitarrist, hat am Guitar Institute Of Technology (G.I.T.), Hollywood, graduiert. Neben seinen Auftritten mit dem Jürgen KokTrio und anderen Bands ist er vor allem auch als Komponist tätig und bringt eigene Musik-CDs heraus. Liebe Frau Thelen, lieber Herr Kok, vielen Dank, dass Sie heute hier sind, wir freuen uns auf Ihre Musik. An dieser Stelle schon einmal einen herzlichen Applaus!


Sie sehen also, wir möchten möglichst viele Sinne ansprechen. Hierbei befinden wir uns übrigens in hervorragender Gesellschaft, denn schon der Wirtschaftsnobelpreisträger Friedrich von Hayek hat mit Blick auf seine eigene Zunft trefflich festgestellt, dass jemand, der nur Ökonom sein will, niemals ein guter Ökonom sein wird. Und er hat hinzugefügt, "dass der Ökonom, der nur Ökonom ist, leicht zum Ärgernis, wenn nicht gar zu einer regelrechten Gefahr werden kann."1 Und sein großer intellektueller Gegen-spieler, John Maynard Keynes, hat zumindest nach dieser Maxime gelebt, denn er hat sich zugleich als Kultur- und Theatermäzen einen Namen gemacht! Er hat in Cambridge ein eigenes Theater gegründet und dort sogar selbst Regie geführt! Wir stehen also in guter Tradition, wenn wir unseren Veranstaltungen künftig etwas mehr Poesie oder Musik einhauchen!


1 "Ein Physiker, der nur Physiker ist, kann durchaus ein erstklassiger Physiker und ein hochgeschätztes Mitglied der Gesellschaft sein. Aber gewiss kann niemand ein großer Ökonom sein, der nur Ökonom ist – und ich bin sogar versucht hinzuzufügen, dass der Ökonom, der nur Ökonom ist, leicht zum Ärgernis, wenn nicht gar zu einer regelrechten Gefahr wird."


3 Die Rolle von Vertrauen im Finanzsektor

Öffentlichkeitsarbeit bedeutet für uns natürlich nicht in erster Linie ein abwechslungsreiches Unterhaltungsprogramm, denn davon steht bekanntlich nichts im Bundesbankgesetz.


Doch auch im Hinblick auf unsere gesetzlichen Aufgaben ist eine interdisziplinäre Herangehensweise geboten. So können wir bei den Auseinanderset-zungen im Euroraum täglich miterleben, dass die derzeitige Finanzmarktkrise nicht nur ökonomische Dimensionen hat. Deswegen hat unsere Haupt-verwaltung im vergangenen Jahr auch im Bereich der Forschungsförderung neue Wege beschritten. So haben wir neben ökonomischer Forschung diesmal auch zwei soziologische Projekte gefördert, die sich mit der Rolle von Vertrauen im Finanzsektor und der Entstehung von Inflationserwartungen in der breiten Öffentlichkeit beschäftigen.


Das erste Projekt zum Thema „Finanzmarktinstitutionen und Vertrauensordnungen" ist inzwischen abgeschlossen, und die Ergebnisse wurden vor einigen Wochen im Rahmen eines größeren Workshops in unserer HV vorgestellt. Eine wichtige Lehre dieses Projektes ist in meinen Augen, dass Vertrauen einen durchaus ambivalenten Charakter hat. Ohne ein Mindestmaß an Vertrauen funktioniert kein Finanzsystem, dies dürfte jedem von uns intuitiv klar sein! Aber andererseits gibt es auch eine gefährliche Art von Vertrauen, die den Keim der nächsten Vertrauenskrise bereits ins sich trägt. Ein Beispiel dafür ist das Vertrauen, dass Banken im Krisenfall auf Kosten des Steuerzahlers gerettet werden. Ich könnte hier auch das Vertrauen in die Omnipotenz von Zentralbanken als Staatsfinanziers letzter Instanz nennen.


Das heißt also für die Wirtschaftspolitik: Wenn man künftige Krisen vermeiden möchte, kommt es nicht nur darauf an, Vertrauen in Banken und Staaten wiederherzustellen. Ebenso wichtig ist, dass man die Entstehung gefährlicher Formen von Vertrauen verhindert. Diesem Zweck dient ein europa-weiter Mechanismus zur geordneten Abwicklung von Großbanken auf Kosten ihrer Gläubiger ebenso wie ein vorsichtiger Umgang mit dem Instrument der Staatsanleihenkäufe durch Zentralbanken.


An dieser Stelle schließt sich also auch der Bogen zwischen der Krisenpolitik im Euroraum und der Bankenregulierung, denn sämtliche Maßnahmen von Politik und Zentralbanken sollten sich daran messen lassen, inwiefern sie dem Grundsatz der Eigenverantwortung Rechnung tragen und Spekulationen auf eine Krisenbewältigung zu Lasten anderer unterbinden.

v.lks. Andre Bartholomae, Constantin von Oesterreich, Peter Griep

Sehr geehrter Herr Bartholomae, sehr geehrter Herr von Oesterreich, eine klassische Hamburger Rede beinhaltet lokale „Worte des Jahres". Ich habe im ersten Jahr seit meiner Amtseinführung gelernt dass hier eine Rede nicht ohne eines der Worte „Elbphilharmonieprojekt", „Elbvertiefung", „Busbeschleunigungsspur" oder aktuell „Olympiabewerbung" auskommt. Ich bin sehr gespannt wie Sie das lösen. Wir freuen uns auf Ihre Vorträge und im Anschluss auf gute Gespräche mit Ihnen Allen!



Geladene Gäste aus Politik und Wirtschaft


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Quelle: Deutsche Bundesbank

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