Vom Kaiser stammt der Führerschein

Er ist heute eine Selbstverständlichkeit.

 

 | Vom Kaiser stammt der Führerschein (Er ist heute eine Selbstverständlichkeit)
 | Merci, Monsieur Lebeau (Ein Franzose „erfand“ schon 1903 den Sicherheitsgurt)

 

FührerscheinHieß, als er mir 1956 ausgehändigt wurde, offiziell noch Führerschein. Heißt im Volksmund noch immer so. Offiziell jetzt aber Fahrerlaubnis. Und wer Autofahren will, muss ihn haben. Das war allerdings nicht von Beginn an so. Kein Wunder, dass in einer Ausgabe der berühmten „Gartenlaube“ von 1906 zu lesen ist:

„Das Fahren eines Automobils ist verhältnismäßig leicht erlernt, eine oder zwei Wochen genügen dafür.“ Genau so sind sie dann damals auch gefahren, unsere automobilen Vorfahren – wie und wo sie wollten. Und natürlich ohne Führerschein. Einer zumindest aber hatte bereits eine „Fahrerlaubnis“ , aufbewahrt in einem kleinen Museum in Mannheim:

„Mannheim, 1. August 1888
Das Fahren mit dem Patent-Motorwagen betreffend
Dem Herrn Benz, Besitzer der Rheinischen Gasmotorenfabrik hier wird bis auf Weiteres die Genehmigung zu versuchsweisen Fahrten mit dem von ihm hergestellten Patent-Motorwagen auf (es folgt eine Liste von Gemarkungen und Straßen. /d. Red.) unter dem ausdrücklichen Hinweis ertheilt, dass der Unternehmer für allen Schaden, der durch den Gebrauch des Motorwagens für andere entsteht, verantwortlich ist.“


ZwölfJahre später brauchte der Herr Benz dieses Papier nicht mehr. Dafür aber eines entsprechend höchst kaiserlichem Erlass. Kaiser Wilhelm hatte bereits 1909 in einem Reichsgesetz die „Regeln für den Verkehr mit Kraftfahrzeugen“ festgelegt.

FuehrescheinUnd zugleich auch verfügt, dass jeder, der eines jener knatternden und ratternden Vehikel fahren wollte, dafür eine schriftliche Erlaubnis brauchte. Am 1. April anno 1910 trat dieses Reichsgesetz als kaiserlicher Erlass dann in Kraft. Der Führerschein war geboren. Einer der ersten, denen das bald begehrte Dokument ausgestellt wurde, war der Industrielle Robert Bosch.


Mit Der Einführung DES Führerscheins entstand zugleich auch ein neuer Berufszweig, der des Fahrlehrers. So drückten dann Damen und Herren der feinen und betuchten Gesellschaft noch einmal die Schulbank, um nicht von der Entwicklung überholt zu werden. Das Automobil war buchstäblich hoffähig und zum Statussymbol geworden.


Theorie und Praxis gehörten bereits damals zur Fahrschulprüfung. Nur sah die Praxis schon etwas anders aus als heute. Wer ein Auto fahren wollte, musste mehr davon verstehen, als das Ding starten und lenken zu können. Reifenwechsel wurde ebenso verlangt wie die Kenntnis des Motors, den man zumindest in seinen Grundbestandteilen auch reparieren können musste.


Dass die feinen Herrschaften sich dabei nicht die gepflegten Hände schmutzig machen wollten, überrascht wohl kaum. Diese Tatsache ebnete den Weg für einen neuen Berufsstand – den des Chauffeurs. Der Begriff stammt zwar aus dem Französischen und heißt nichts anderes als Heizer. Das sollte aber nicht zu falschen Rückschlüssen auf den Fahrstil dieser mehr oder weniger livrierten Herren führen. Viele von ihnen waren im Vorberuf tatsächlich als Heizer gefahren – auf Dampfwagen, den Vorgängern des Automobils.


Dass mit der zunehmenden Motorisierung auch die Zahl der Fahrschulen wachsen musste, versteht sich. Sie schossen wie die berühmten Pilze aus dem Boden. Bereits 1919 wurden in deutschen Landen schon annähernd 24 000 der begehrten „Lappen“ ausgestellt. Und 1925 registrierten die inzwischen ebenfalls offiziell eingerichteten Zulassungsstellen weit über 202 000 Führerschein-Aspiranten.


Fazit:

Gekommen wäre er sowieso, der Führerschein. Aber dass wir ihn „Willem Zwo“ verdanken, ist schließlich auch eine Erinnerung wert. Zumal Seine Majestät gar nicht lange vor dem 1. April 1910 noch erklärt hatte: „Solange ich noch Pferde im Stall stehen habe, kommt so ein Stinkkarren nicht ins Haus!“ Auch Majestäten dürfen ihre Meinung ändern...





Für Sie entdeckt und zusammengestellt durch ©EPS-Schäffler / Schäffler

Text: Manfred E. Friedrich
Fotos: © EPS-Schäffler, Archiv Daimler Benz
Quelle: Archiv Manfred E. Friedrich

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