Der
Sizilianer in Volkach |
||
Alessandro ist stolz auf seine super Lage. Mitten in Volkach am Marktplatz. Im Blickfeld das im Renaissance-Stil erbaute Rathaus mit der doppelläufigen Freitreppe und dem Erkertürmchen. Rechts flankiert vom schönsten, denkmalgeschützten Fachwerkhaus des Ortes, das nach 450-jähriger Geschichte als Schmiede, Färberei und Notariat liebevoll renoviert wurde und heute Gäste aus aller Welt beherbergt. Neben der spätgotischen Pfarrkirche St. Bartholomäus mit dem eigenwilligen Turm und der altwürdigen Lateinschule bereichern blumengeschmückte Hinterhöfe und das barocke Schelfenhaus das malerische Stadtbild. Die Innenräume des Hauses zeigen reiche Stuckarbeiten und farbenprächtige Deckengemälde. Schmuckstück ist der große Kachelofen von 1711. Dass Volkach eine Perle unter den historischen Städten Frankens ist, war Alessandro bei seinem Gang durch die romantischen Gassen sofort klar. Im Schutz der alten Mauern mit den zwei machtvollen Renaissance-Toren bezeugen die repräsentativen Amts- und prachtvollen Bürgerhäuser aus dem 16. und 18. Jahrhundert Herrschaftswille und Bürgerfreiheit, und bei Sonnenschein glaubte Alessandro sogar an die Möglichkeit, diese mittelalterliche Stadt inmitten der intakten Natur sei nur für ihn und seine große Liebe erschaffen worden, eine Landschaft, so prall und schön, als hätte sie die Hand Gottes persönlich modelliert. Bis 1999 lebte der bei Siracusa geborene Sizilianer noch in Osnabrück. Sein Vater war einer der ersten Gastarbeiter in Deutschland. Alessandro ist in der niedersächsischen Friedensstadt aufgewachsen und dort zur Schule gegangen. Doch seine Heimat ist das unterfränkische Volkach, wo der Main launisch eine Schleife zieht. Im Wasser spiegeln sich Weinberge, Obstplantagen und Spargelfelder rund um die Vogelsburg, wo im Dreißigjährigen Krieg die Schweden hausten. Seit über 1000 Jahren werden hier auf den steilen Muschelkalkhängen Weine angebaut. Die kalk- und mineralhaltigen Böden sind die idealen Speicher der Sonnenwärme, die sie an die Reben weitergeben. In einem so angenehmen Klima lässt es sich leben. In wenigen Schritten ist man am Fluss, der gemächlich durch Würzburg westwärts fließt, wo die berühmte Marienfeste über die Mainfranken-Metropole wacht und im Kaisersaal der fürstbischöflichen Residenz alljährlich barocke Feste gefeiert werden. In Würzburg lernte Alessandro Senta kennen. Er verliebte sich in das fränkische Mädchen aus Kitzingen, zog in das Zentrum der Weinbauern nach Volkach, zeugte Chiara und montierte Polstersitze und Amaturen in einem Zulieferbetrieb für Autos. Als die Arbeitslosigkeit drohte, besann sich Alessandro auf seine gastronomische Ausbildung, wagte den Schritt in die Selbständigkeit und eröffnete "BarSandro". In exponierter Lage. Im Herzen der Stadt. Der Anfang war schwer, das Geld knapp bemessen, helfende Hände selten. Bereut hat er den Sprung ins kalte Wasser nie. Außer Senta und seine Familie glaubte damals niemand an Alessandro's Erfolg. Einige gaben dem gastronomischen Neuling gerade mal drei Monate, es wurden sogar Wetten auf ein frühzeitiges Aus der Bar abgeschlossen. Vergeblich. Während der Laden sich prächtig entwickelte, drückten sich Neider draußen die Nase an der Bistro-Scheibe platt und versuchten das Geheimnis des Erfolges zu ergründen. Gerade wegen des mediterranen Flairs ist die Bar beliebter Treffpunkt für jung und alt. Die Gäste klatschen bei Capuccino und Latte Macchiato, Bier und Wein, loben Alessandro's Antipasti und Pizzen, die den Ruf genießen, weit und breit die Besten zu sein. Längst hat er sich hier eingelebt. Alessandro fühlt sich als Franke in Volkach zuhause. Durch ihn haben etliche Nachbarn das "Dolce Vita" schätzen gelernt, auch wenn es den etwas verschlossenen Charakteren oftmals schwer fällt, es täglich zu leben. Alessandro's Erfolg wäre ohne Senta undenkbar, die er liebt, fühlt wohl mit seiner Familie. Er trinkt fränkischen Wein, isst Leberknödelsuppe, Schäufele, Sauerbraten mit Klößen und am liebsten Spargel aus der Region. Als Südländer kennt er das "königliche Gemüse", das bereits vor mehr als 5000 Jahren den Pharaonen als Delikatesse serviert wurde und heute auf deutschen Tellern Kult ist. Die Herrscher vom Nil kannten allerdings nur den wilden Spargel - grün und nicht viel dicker als ein Grashalm. Erst die Römer zähmten den Wildling, denn Kaiser Augustus schätzte das Edelgemüse we-gen seiner aphrodisierenden Wirkung. Mit dem Untergang des römischen Reiches verschwand auch der Spargel nördlich der Alpen und geriet in Vergessenheit. Nach und nach wurde er hinter Klostermauern zu neuem Leben erweckt, was den pfälzischen Kurfürst Karl Ludwig 1650 veranlasste, auf seinem Hofgut Schwetzingen Spargel für die Schlossküche kultivieren zu lassen. Von hier aus begann sein Siegeszug durch Deutschland. "Spargel ist beides: ...eine besondere Delikatesse und ein heikles Gemüse. Die schmackhaften Stangen sind die Triebe von den bis zu 3 Meter tiefen Wurzeln der Spargelpflanze", verrät Alessandro's Nachbar, der Hotelier Nikolaus Behringer. Er bezieht die weißen Stangen von Karl-Heinz Bernard, Volkacher Spargelbauer in dritter Generation. "Spargel braucht sandigen Boden, erstklassigen Humus und die Pflege eines erfahrenen Züchters", erklärt Bernard, ohne von der Sortier- und Waschstraße aufzublicken. "Nach der mühsamen Pflanzung der Wurzelstöcke von Hand im März, konnte ich den Spargel im dritten Jahr zum ersten Mal vier Wochen lang, und ab dem vierten Jahr während der gesamten Saison ernten".
Zur fränkischen Spezialität gehört der Frankenwein wie Volkach zur Mainschleife! Selbst wenn das fränkische Klima keineswegs immer Alessandro's sizilianischem Naturell entspricht - die sonnenreiche Lage an den Steilhängen des Mains sorgt für eine super Qualität. Auf einer Fläche von gut 6.000 Hektar gedeihen die herb-trockenen Weine fränkischer Herkunft. Wohl in keinem anderen Anbaugebiet kann die Silvanertraube so sehr zeigen, was in ihr steckt, behaupten ansässige Winzer. Durch ihre innovative Arbeit entstehen Weine von Weltformat. Schon Kurt Tucholsky empfand Frankenwein als "tief und rein wie ein Glockenton" und bedauerte, dass sich eine derartige Köstlichkeit "nicht streicheln lässt". Der Silvaner ist unumstritten Frankens König, der nur noch von den zahlreichen, hübschen Weinköniginnen übertroffen werden kann. Fränkischer Müller-Thurgau, frisch und fruchtig im Geschmack, hat ebenfalls Liebhaber. Klassiker sind Riesling, Weißburgunder und Bacchus, die auf den geschützten Lagen entlang des Flusses bestens gedeihen. Rotweine liegen im Trend. Die roten Tropfen werfen alle Vorurteile über den Haufen, die es bislang gegen fränkische Rotweine gab, sagen Kenner. "Die Franken sind stolz auf ihren Bocksbeutel" , versichert Alessandro glaubhaft und erinnert an die weinseligen Feste, die hier allerorts gefeiert werden. "Das 1100-jährige Jubiläum von Volkach 2006 wird ganz bestimmt lustig!" So wie bei Alessandro, der den Silvaner genussvoll im Munde kreisen lässt und das Glas erhebt: "Noch nie wurde hier so guter Wein gemacht", lobt er und trinkt auf die Gäste, auf Volkach und Franken. Infokasten *
Dolce
Vita, Essen & Trinken: |
||
Für Sie entdeckt und zusammengestellt durch ©EPS-Schäffler / Schäffler / DiekmannText:
© Ermasch
- Presse
- Service,
Schäffler, Renato Diekmann |