Präsidentin Sailer-Schuster
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Sehr geehrte Frau Präsidentin des Landtages, auch wenn wir Ihnen in diesem Jahr keinen strahlenden Sonnenschein bieten können wie in den beiden Vorjahren, heiße ich Sie ganz herzlich willkommen zum Jahresempfang der Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbank hier im Empire Riverside. Ich habe mich natürlich gefragt, ob ich Ihnen Ende Februar noch ein „frohes neues Jahr 2012" wünschen kann. Erst vor kurzem habe ich auf einem Botschaftsempfang in Berlin gelernt, dass dies streng protokollarisch nur bis zum 15. Januar zulässig ist. Ich habe mich aber gegen das Protokoll entschieden, denn viele von Ihnen sehe ich seit dem Jahreswechsel zum ersten Mal, und außerdem können gute Wünsche nie schaden, auch wenn sie etwas verspätet kommen. Ich wünsche Ihnen daher für die verbleibenden zehn Monate des laufenden Jahres von ganzem Herzen viel Glück und Erfolg, vor allem aber Gesundheit und eine gute Portion Optimismus. Den können wir alle in diesen turbulenten Zeiten gut gebrauchen. Also nochmals: herzlich willkommen bei der Deutschen Bundesbank! Die meisten von Ihnen wissen, dass unser Jahresempfang eine lange Tradition hat. Zu dieser Tradition gehört auch, dass wir aus diesem Anlass als Hauptredner ein Mitglied unseres Vorstands zu Gast haben. Heute handelt es sich erstmals um eine Hauptrednerin, nämlich die Vizepräsidentin der Deutschen Bundesbank, Frau Sabine Lautenschläger. Herzlich willkommen in Hamburg! Vor Ihrem Wechsel zur Bundesbank im Juni 2011 haben Sie im Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen und der späteren Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht schon in jungen Jahren eine beeindruckende Karriere durchlaufen. Von 2008 bis 2011 waren Sie als Mitglied des Direktoriums der BaFin Exekutivdirektorin für den Bereich der Bankenaufsicht zuständig. Von daher war es naheliegend, dass Sie im Vorstand der Bundesbank das Dezernat Banken- und Finanzaufsicht übernommen haben. Eine kompetentere Persönlichkeit hätte die Bank vor dem Hintergrund der andauernden Finanzkrise kaum gewinnen können. Sie waren sozusagen die richtige Frau zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort. Ich persönlich habe mich ganz besonders über Ihren Wechsel zur Bundesbank gefreut. Nicht nur, weil mit Ihnen erstmals eine Frau in den Vorstand der Deutschen Bundesbank eingezogen ist, sondern weil wir uns schon seit meiner Zeit als Regionalbereichsleiterin Bankenaufsicht in Berlin kennen und schätzen gelernt haben. Vielen Dank, dass Sie heute zu uns nach Hamburg gekommen sind und dass Sie sich darüber trotz Ihres engen Terminkalenders die Zeit nehmen, unsere Hauptverwaltung und die hier tätigen Mitarbeiter näher kennen zu lernen. Hier hat es Ende letzten Jahres eine Veränderung gegeben, die einigen von Ihnen vielleicht entgangen ist. Im November hat der Vorstand der Deutschen Bundesbank beschlossen, dass die regionale Zuständigkeit der neun Hauptverwaltungen auch in deren Namen zum Ausdruck kommen soll. Aus der „Hauptverwaltung Hamburg" wurde daher die „Hauptverwaltung in Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein." Die neue Bezeichnung ist zwar länger und umständlicher als die alte. Dieser Nachteil wurde jedoch bewusst in Kauf genommen. Und gerade für unsere Hauptverwaltung ist die Namensänderung vor dem Hintergrund der anstehenden Filialschließungen in Schleswig-Holstein von besonderer Bedeutung: Unsere Filiale in Flensburg wird bereits am 30. September geschlossen, Lübeck und Kiel sind für 2015 zur Schließung vorgesehen, und nach dem 30. September 2015 wird die Bundesbank in Schleswig-Holstein physisch nicht mehr vertreten sein. Umso wichtiger ist es, dass der Bezug zu diesem Bundesland zumindest in unserer offiziellen Bezeichnung dokumentiert wird. Damit verbunden ist die klare Botschaft, dass wir mit unserem Leistungsangebot, d.h. im Wesentlichen Bargeldversorgung, Bankenaufsicht und Bonitätsanalyse auch in Schleswig-Holstein unverändert engagiert bleiben. Um die Verbundenheit mit allen drei Bundesländern zu unterstreichen, laden wir zu unserem Jahresempfang, jeweils im Wechsel, als weiteren Gastredner einen Vertreter der Kreditwirtschaft aus den Ländern Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern ein. Im Sinne der „political correctness" wechseln wir dabei auch zwischen den drei Säulen unseres Bankensystems, d.h. Sparkassen, Genossenschaftsbanken und Geschäftsbanken. Ganz herzlich begrüßen möchte ich in diesem Jahr Herrn Uwe Gutzmann, den Vorstandsvorsitzenden der Volks- und Raiffeisenbank Wismar. Vielen Dank, dass Sie unsere Einladung angenommen haben. Vielleicht hat Ihre spontane Zusage ja auch damit zu tun, dass Sie sowohl Ihre Schul- und Ausbildungszeit als auch Ihre ersten beruflichen Schritte in Hamburg absolviert haben. Meine Damen und Herren, auch wenn das Jahr 2012 bereits zwei Monate alt ist, möchte ich doch kurz zurückblicken auf die wirtschaftliche Entwicklung hier im Norden, verbunden mit einem Ausblick auf das, was uns im laufenden Jahr vielleicht erwarten könnte. Sie merken, ich drücke mich bewusst sehr vorsichtig aus. Alle drei Bundesländer können mit den Ergebnissen des abgelaufenen Jahres durchaus zufrieden sein. Dies gilt für Banken und Unternehmen ebenso wie für die öffentlichen Haushalte und den Arbeitsmarkt. Im ersten Halbjahr 2011 – weiter reichen die amtlichen Zahlen auf Länderebene leider nicht – verzeichneten alle drei Länder ein deutliches Wachstum, wenngleich sie aufgrund der vergleichsweise geringen Exportausrichtung unter der gesamtdeutschen Wachstumsrate von 3,9 % blieben. Wesentliche Wachstumsträger waren jeweils das Verarbeitende Gewerbe und der Bausektor. Am kräftigsten fiel das Wachstum mit 3,1 % in Schleswig-Holstein aus. Dies ist insbesondere der Ernährungswirtschaft und dem Maschinenbau zu verdanken, die sich überdurchschnittlich positiv entwickelt haben. Deutlich hinter Schleswig-Holstein zurück blieben Mecklenburg-Vorpommern und Hamburg mit Wachstumsraten von 2,2 % bzw. 2,1 %. In Hamburg ist dies im Wesentlichen auf das zunächst verhaltene Expansionstempo im Dienstleistungssektor zurückzuführen, der in der Hansestadt einen Anteil von rd. 83 % an der gesamten Wirtschaftsleistung hat, gegenüber 71 % im Bundesdurchschnitt. Allerdings dürfte sich diese Entwicklung im zweiten Halbjahr relativiert haben. So wuchs beispielsweise der Seegüterumschlag im Hamburger Hafen 2011 um 9 %. Damit ist es Hamburg gelungen, Antwerpen zu überholen und nach Rotterdam wieder den zweiten Platz unter Europas Häfen zu belegen. Und darauf ist man in Hamburg, ich meine zu Recht, sehr stolz. Auch der Arbeitsmarkt im Norden ist weiterhin in sehr guter Verfassung. In allen drei Bundesländern ist die Arbeitslosigkeit deutlich zurückgegangen. In Mecklenburg-Vorpommern lag sie zu Jahresbeginn auf dem tiefsten Januar-Wert seit der Wende. Dementsprechend angestiegen ist die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung. Diese hat in Hamburg und Schleswig-Holstein um 2½ % zugenommen und liegt damit im Bundesdurchschnitt. In Mecklenburg-Vorpommern stieg die Zahl der sozial-versicherungspflichtig Beschäftigten mit 1 %, unterdurchschnittlich, d.h. hier trägt nach wie vor auch die Abwanderung zum Rückgang der Arbeits-losigkeit bei. Auch bei den öffentlichen Finanzen war die Entwicklung positiv: Die Haushaltskonsolidierung schreitet in allen drei Bundesländern voran. Gratulieren möchte ich insbesondere dem Land Mecklenburg-Vorpommern, das im abgelaufenen Jahr einen Überschuss von 250 Mio. Euro erzielte. Und dies im Jahr einer Landtagswahl! Höhere Steuereinnahmen führen allerdings auch dazu, dass es den Landesregierungen zunehmend schwerer fällt, neue finanzielle Begehrlichkeiten abzuwehren. Bislang ist Ihnen das weitgehend gelungen. Ich kann Sie daher nur ermutigen, den eingeschlagenen Kurs fortzusetzen. Wenn wir eines aus der Krise gelernt haben, ist es die Erkenntnis, dass ohne solide Staatsfinanzen ein nachhaltiges Wachstum nicht möglich ist. Vielleicht kann sich ja auch Hamburg im laufenden Jahr noch dazu entschließen, ebenso wie Schleswig- Holstein und Mecklenburg-Vorpommern, die Schuldenbremse in die Landesverfassung aufzunehmen und damit ein weiteres positives Signal in Richtung Konsolidierung zu setzen. Ganz so gut wie 2011 werden die Wachstumsraten im laufenden Jahr vermutlich nicht ausfallen. Den aktuellen Prognosen zufolge wird im Norden, ebenso wie im übrigen Bundesgebiet, mit einer Abschwächung gerechnet. Aber wenn uns die Schuldenkrise keinen Strich durch die Rechnung macht, sind positive Überraschungen keineswegs aus-geschlossen. Fast alle Unternehmen in unserer Region berichten über gut gefüllte Auftragsbücher und alle Veranstaltungen, die ich seit Jahresbeginn besucht habe, waren durchweg von vorsichtigem Optimismus geprägt, auch wenn man die latenten Risiken im Finanzsektor durchaus im Auge hat. Offensichtlich lassen sich die Unternehmen dadurch aber nicht entmutigen, denn die Bereitschaft zu investieren und neue Mitarbeiter einzustellen, ist nach wie vor hoch. Zu Rezessionsszenarien, wie sie von sogenannten „Top Ökonomen" in den Medien vielfach beschworen werden, besteht zumindest aus deutscher Sicht keinerlei Anlass, (Frau Lautenschläger wird darauf sicherlich noch näher eingehen). Nicht zu unterschätzen ist jedoch das Risiko, durch derartige Prognosen eine Abwärtsspirale im Sinne einer „self-fulfilling-prophecy" auszulösen. In unserer Region halte ich diese Gefahr allerdings für eher gering, denn die hiesigen Unternehmen zeichnen sich nach meinen Beobachtungen durch einen ausgeprägten Realitätssinn aus. Der Präsident des Unternehmens-verbandes AGA, Herr Dr. Kruse, hat dies vor kurzem wie folgt auf den Punkt gebracht: „ein Hamburger Kaufmann trägt stets die Sonnenbrille auf der Nase und die Gummistiefel an den Füßen". Ich glaube, diese Charakterisierung trifft keineswegs nur auf die Hamburger Kaufleute zu, sondern auf die Unternehmen hier im Norden insgesamt. Ich kann Ihnen daher nur wünschen, bleiben Sie weiterhin vorsichtig optimistisch und orientieren Sie sich an Tatsachen und nicht an, zumindest teilweise auch interessengeleiteten, Spekulationen und Gerüchten. Lassen Sie mich abschließend nochmals zurück zu unserer Hauptverwaltung kommen, und zwar auf einen Aspekt unserer Tätigkeit, den ich bislang noch nicht erwähnt habe, der aber zunehmend an Bedeutung gewinnt und den wir in den letzten Jahren systematisch ausgebaut haben. Ich meine den Bereich der ökonomischen Bildung. Im Kern besteht sie aus Seminaren für Lehrerinnen und Lehrer aus unserem Hauptverwaltungsbereich, ergänzt um Veranstaltungen und Vorträge für Schülerinnen und Schüler, Studierende sowie weitere interessierte Gruppen. Dass unsere Expertise geschätzt wird, zeigt sich nicht zuletzt am hohen Anteil von „Stammkunden", also denjenigen, die immer wieder zu uns kommen. Das Informationsbedürfnis besteht allerdings nicht nur bei Schülern und Studenten. Frau Lautenschläger wird später in ihren Ausführungen darauf eingehen, dass es sich bei der aktuellen Krise im Kern um eine Vertrauenskrise handelt. Verloren gegangen ist vor allem das Vertrauen in die Finanzmärkte und deren Akteure, d.h. Banken, Hedgefonds, Ratingagenturen u.a. Eine Grundvoraussetzung für die Wiederherstellung von verlorenem Vertrauen in diesem Bereich ist fundiertes Wissen über wirtschaftliche und finanzielle Zusammenhänge. Wie sehr das Wissen um ökonomische Fragen zu wünschen übrig lässt, verdeutlicht u.a. eine aktuelle Studie des Bundes-verbandes deutscher Banken. Um hier nur eine Zahl zu nennen: Lediglich 29 % der Befragten waren in der Lage, auch nur die ungefähre Höhe der aktuellen Inflationsrate anzugeben. Und obwohl die Bundesbank in der Bevölkerung nach wie vor hohes Ansehen genießt, haben die meisten nur sehr vage Vorstellungen darüber, welche Funktion die Bundesbank nach der Einführung des Euro überhaupt noch hat. Der Grad des Nichtwissens ist geradezu erschreckend, wenn es um unsere Aufgaben und Tätigkeiten in der Fläche geht. Dies hat uns bewogen, unsere Aktivitäten in diesem Bereich weiter auszubauen. So haben wir Anfang 2011 unter dem Titel „Forum Bundesbank" eine öffentliche Vortragsreihe gestartet, mit dem Ziel, eine breitere Öffentlichkeit über aktuelle Themen mit Notenbankbezug zu informieren. Als Referenten für diese einmal im Monat stattfindenden Veranstaltungen konnten wir hochrangige Vertreter aus unserer Zentrale in Frankfurt, darunter auch mehrere Mitglieder unseres Vorstands, gewinnen. Das Ergebnis hat uns alle überrascht. Teilnehmerzahlen von bis zu 250 Besuchern sowie die rege und kompetente Beteiligung der Zuhörer an den Diskussionen belegen, dass wir hier offensichtlich in eine „Marktlücke" gestoßen sind. Seit Herbst 2011 haben wir „Forum Bundesbank" auch nach Kiel und Rostock „exportiert". Ein vergleichbares Format wird im April in Flensburg in Kooperation mit der dortigen Fachhochschule starten. In einer weiteren Definition umfasst die ökonomische Bildung auch die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses. Wir haben daher in Zusammenarbeit mit den wirtschaftswissenschaftlichen Fakultäten der Universitäten unseres Zuständigkeitsbereichs einen Wissenschaftspreis ins Leben gerufen. Mit ihm sollen jährlich hervorragende Dissertationen und Abschlussarbeiten prämiert werden, deren Themen einen Bezug zu den Aufgaben der Bundesbank aufweisen. Erstmals werden die Preise am 8. März 2012 im Rahmen einer festlichen Veranstaltung in unserer Hauptverwaltung verliehen. Falls Sie keine Einladung bekommen haben sollten, möchte ich Sie bitten, sich bei uns zu melden. Ich würde mich über Ihr Kommen sehr freuen. Internet: http://www.bundesbank.de/hv/hv_hamburg.php |
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