Jahresempfang der Hauptverwaltung Hamburg der Deutschen Bundesbank am 24. Februar 2011

Rede der Präsidentin Adelheid Sailer-Schuster

 

 | Rede der Präsidentin Adelheid Sailer-Schuster (kurz)
 | Dr. Andreas Dombret Mitglied des Vorstands der Deutschen Bundesbank
 | Rede der Präsidentin Adelheid Sailer-Schuster (lang)

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich möchte Sie ganz herzlich willkommen heißen zu unserem heutigen Jahresempfang.

Ich freue mich sehr, heute zwei hochkarätige Gastredner begrüßen zu dürfen. Zuerst wird unser Vorstandsmitglied Herr Dr. Dombret das Wort an uns richten. Herr Dr. Dombret gehört dem Vorstand der Deutschen Bundesbank seit Mai 2010 an und ist verantwortlich für die Dezernate Finanzstabilität, Statistik und Risikocontrolling. Vorgeschlagen wurde er für dieses Amt von den Ländern Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern, d.h. Sie haben sozusagen heute hier ein Heimspiel. Aber auch fachlich hätten wir uns mit Blick auf die noch keineswegs überwundene Finanzmarktkrise keinen kompetenteren Referenten wünschen können als Sie, Herr Dr. Dombret. Vielen Dank, dass Sie sich heute, wie bereits mehrfach seit Ihrem Amtsantritt, wieder auf den Weg nach Hamburg gemacht haben.


Ganz herzlich begrüßen möchte ich auch Herrn Reinhard Boll, der am 1. Januar dieses Jahres das Amt des Präsidenten des Sparkassen- und Giroverbandes für Schleswig-Holstein übernommen hat. Herr Boll wird zudem ab dem 1. März dieses Jahres dem Beirat unserer Hauptverwaltung Hamburg angehören. Ich habe mich sehr darüber gefreut, dass Sie uns bereits vor Ihrem offiziellen Amtsantritt die Zusage gegeben haben, heute auf unserem Jahresempfang zu sprechen. Sie vertreten zum einen eine wichtige Säule des deutschen Kreditgewerbes, die derzeit auf Bundesebene für etwa 36 % des Kreditvolumens und der Spareinlagen steht und auch im Wirtschaftsleben der drei Bundesländer Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein eine wichtige Rolle spielt.


Zum anderen wollten wir mit der Einladung an Sie zum Ausdruck bringen, dass wir als Hauptverwaltung Hamburg der Deutschen Bundesbank nicht ausschließlich auf die Stadt Hamburg fokussiert sind. Gerade weil unser Filialnetz in der Fläche in den letzten Jahren zunehmend ausgedünnt wurde und es in Schleswig-Holstein nach 2015 überhaupt keine Bundesbankfilialen mehr geben wird, ist es umso wichtiger, den Dialog mit Vertretern aus Banken, Wirtschaft, Politik und Wissenschaft in allen Regionen unseres Geschäftsbereichs zu intensivieren. Wir tun dies u.a. durch unsere Veranstaltungen „Bundesbank im Dialog“ an unseren Filialstandorten und in der Landeshauptstadt Schwerin. Darüber hinaus wird die Hauptverwaltung Hamburg ab dem kommenden Jahr Preise für herausragende Promotionen und Master- bzw. Diplomarbeiten zu notenbankbezogenen Themen vergeben. Vor zwei Wochen haben wir uns mit den Universitäten der drei Bundesländer auf die Modalitäten verständigt, und ich habe mich sehr gefreut über das positive Echo aller Beteiligten.


Meine Damen und Herren, ich bin mir sicher, dass sich viele von Ihnen schon häufiger gefragt haben, was die Bundesbank überhaupt noch macht, nachdem sie die Zuständigkeit für die Geldpolitik an die Europäische Zentralbank abgegeben hat. Mir persönlich und auch meinen Kolleginnen und Kollegen wird diese Frage jedenfalls häufig gestellt, und dies zeigt mir, dass hier Informationsbedarf besteht, dem wir uns als öffentliche Institution im Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern stellen müssen. Aus diesem Grund haben wir unter dem Titel „Forum Bundesbank“ eine neue, für jedermann zugängliche Veranstaltungsreihe konzipiert, in deren Rahmen wir über die Rolle und die Aufgaben der Bundesbank nach der Einführung des Euro, aber auch über andere aktuelle Themen mit Notenbankbezug informieren möchten. Die Auftaktveranstaltung im Januar hat Herr Dr. Dombret bestritten, der kurzfristig für seinen erkrankten Vorstandskollegen Herrn Thiele eingesprungen ist. Nochmals vielen Dank an dieser Stelle. Auch die zweite Veranstaltung vor wenigen Tagen, bei der es um Änderungen im Bereich der Finanzmarktregulierung ging, war über Erwarten gut besucht. Ich hoffe daher, dass es uns gelingt, das „Forum Bundesbank“ als eigene Marke im Hamburger Veranstaltungskalender zu etablieren. Bis zur Sommerpause sind noch zwei weitere Termine geplant, Einzelheiten können Sie den ausgelegten Prospekten entnehmen.


Am Donnerstag, dem 24. März 2011, werden wir in Hamburg erstmals einen Parlamentarischen Abend veranstalten mit Herrn Dr. Stark, Mitglied des Direktoriums der Europäischen Zentralbank. Dabei wird es um die Lage und die Perspektiven des Euro gehen. Auch daraus soll nach Möglichkeit eine feste Einrichtung werden.


Über eine weitere Initiative möchte ich Ihnen ebenfalls kurz berichten, nämlich über die Einrichtung eines Frauen-Finanz-Forums. Auch wenn ich persönlich der Meinung bin, dass Frauenquoten in Führungsgremien das Problem kurzfristig nicht lösen können, so ist es doch nicht zu leugnen, dass Frauen in der Führungsetage von Finanzinstituten noch seltener sind als in anderen Unternehmen. Die Idee des Frauen-Finanz-Forums ist daher, ein Netzwerk von Frauen aus der zweiten Führungsebene von Finanzinstituten zu etablieren, denn ich glaube, hier haben Frauen durchaus noch Nachholbedarf. Ganz besonders freue ich mich natürlich darüber, dass mit Frau Lautenschläger erstmals seit dem Ausscheiden von Frau Dr. Dingwort-Nusseck im Jahre 1988 wieder eine Frau dem obersten Führungsgremium unserer Bank angehört, und ich weiß, dass Sie diese Freude teilen, Frau Dr. Dingwort-Nusseck. Vielen Dank, dass Sie auch in diesem Jahr wieder bei uns sind.

Soviel zu uns und zu unseren Plänen für dieses Jahr.


Meine Damen und Herren, ich denke, nach den Krisenerfahrungen der vergangenen Jahre haben wir derzeit gute Gründe, mit Optimismus in die Zukunft zu blicken. So hat sich die Wirtschaft in Deutschland im vergangenen Jahr so gut entwickelt wie seit der Wiedervereinigung nicht mehr. Die Wachstumsrate des deutschen Bruttoinlandsprodukts für 2010 in Höhe von 3,6 % ist dafür wohl ein eindrucksvolles Zeichen. So hat die deutsche Wirtschaftsleistung den tiefen Einbruch um die Jahreswende 2008/2009 bereits zum größten Teil wieder aufgeholt. Und auch für das begonnene Jahr 2011 sind die Aussichten weiterhin gut, selbst wenn die Wachstumsrate des Vorjahres sicherlich nicht wieder erreicht werden kann.


Dieser generelle Trend spiegelt sich auch in der Wirtschaftsentwicklung der drei Bundesländer Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein wider, wenn auch mit unterschiedlicher Intensität. So lassen Befragungen der ansässigen Kammern erkennen, dass die Unternehmen in Norddeutschland die aktuelle Geschäftslage deutlich optimistischer einschätzen als bei vorherigen Umfragen, während die bereits seit einiger Zeit recht optimistische Erwartungshaltung weiterhin auf hohem Niveau verharrt.


Auch die Entwicklung des realen Bruttoinlandsprodukts der drei Bundesländer lässt wieder eine positive Tendenz erkennen, auch wenn bislang nur die Zahlen für das erste Halbjahr 2010 vorliegen. Dabei fällt allerdings auf, dass die Wachstumsraten in den norddeutschen Bundesländern deutlich unter dem Bundesdurchschnitt geblieben sind. So betrug der Anstieg des realen Bruttoinlandsprodukts in Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein im ersten Halbjahr des letzten Jahres nur 0,6 %. Hamburg schnitt mit einer Wachstumsrate von 2,3 % um einiges besser ab, während das durchschnittliche Wachstum auf Bundesebene im Vergleichszeitraum rund 3,1 % betrug.


Die Ursachen dieser Wachstumsdifferenzen sind in erster Linie in den Besonderheiten der regionalen Wirtschaftsstruktur in Norddeutschland zu finden. So sind die Länder Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein durch einen hohen Anteil binnenorientierter Wirtschaftszweige, wie Dienstleistungen und Ernährung, gekennzeichnet. Die damit einher-gehende verhältnismäßig geringe Exportabhängigkeit hat sich zwar während der Krise stabilisierend ausgewirkt. Allerdings konnten diese Bundesländer im vergangenen Jahr auch vom Aufschwung nur unterdurchschnittlich profitieren, da dieser vor allem exportgetrieben war.


Für Hamburg hat es sich demgegenüber als Vorteil erwiesen, dass die Hamburger Wirtschaft, entgegen einer weit verbreiteten Vorstellung, eben nicht nur aus dem Hafen besteht, sondern dass auch Handel und Dienstleistungen sowie die Stellung als regionale Metropole einen hohen Anteil an der regionalen Wertschöpfung haben. Der temporäre Einbruch der Hafenwirtschaft wurde daher trotz allem relativ gut verkraftet. Auch die augenblicklichen wirtschaftlichen Perspektiven sind durchaus vielversprechend. Hier kommt der Stadt vor allem der Exportboom zugute, als Folge der Erholung des internationalen Handels.


Besonders erfreulich ist, dass sich der Aufschwung auch auf dem Arbeitsmarkt widerspiegelt, auch wenn der positive Trend in den letzten Monaten jahreszeitbedingt wieder nachgelassen hat. So lag die Arbeitslosenquote in den drei norddeutschen Bundesländern im Januar 2011 bei 10,0 % (gegenüber 10,4 % im Januar des Vorjahres).


Die Verbesserung der wirtschaftlichen Perspektiven bedeutet allerdings nicht, dass die Krise endgültig überwunden ist. Die größten wirtschaftlichen Risiken ergeben sich derzeit aus der Verschuldungssituation der öffentlichen Haushalte, die sich im Zuge der Finanzmarktkrise – auch bedingt durch die Bankenrettungsprogramme und Konjunkturpakete – dramatisch verschlechtert hat. Dies betrifft fast alle Länder der Euro-Zone, und die viel beschworene Euro-Krise ist ja streng genommen keine Krise des Euro, sondern eine Schuldenkrise einiger Mitgliedsländer. Auch in Deutschland liegt die Schuldenquote der öffentlichen Haushalte inzwischen bei über 80 % des Bruttoinlandsprodukts.


Ein erster wichtiger Schritt auf dem Weg zur Konsolidierung der öffentlichen Finanzen wurde bereits im Jahre 2009 getan mit der Verankerung einer Schuldenbremse im Grundgesetz. Auch Schleswig-Holstein ist im vergangenen Jahr diesem Beispiel gefolgt und hat ebenfalls eine Schuldenbremse in der Landesverfassung verankert. In Hamburg gibt es bereits seit 2007 eine Schuldenbremse, die allerdings keinen Verfassungsrang hat. Besonders erfreulich ist, dass auch Mecklenburg-Vorpommern noch vor dem Ende der laufenden Legislaturperiode eine Schuldenbremse in die Landesverfassung aufnehmen will.


Aus Sicht der Bundesbank kann ich hier nur nachdrücklich dazu ermutigen, auf diesem Weg voran zu gehen. Auch wenn natürlich eine Schuldenbremse nicht automatisch zu gesunden Staatsfinanzen führt, bietet sie zumindest die Chance, den Teufelskreis einer stetig zunehmenden und sich selbst verschärfenden Staatsverschuldung zu durchbrechen. Auch die derzeit wieder ansteigenden Steuereinnahmen sind kein Grund, die staatlichen Ausgaben auszweiten. Sie sollten im Gegenteil dazu genutzt werden, den Schuldenabbau zügiger voran-zutreiben, als zunächst geplant.


Eine weitere Herausforderung, der wir uns im Interesse künftiger Generationen stellen müssen, ist der Übergang zu einer möglichst nachhaltigen und ressourcenschonenden Wirtschafts- und Lebensweise. Hier sind Unternehmen und öffentliche Verwaltungen gleichermaßen in der Verantwortung. Hamburg darf ja in diesem Jahr den Titel Umwelthauptstadt Europas führen. Ich freue mich sehr über diese Auszeichnung, denn am Beispiel Hamburgs lässt sich belegen, dass Wirtschaftswachstum und Umweltschutz keine unvereinbaren Gegensätze sein müssen. Gleichzeitig ist diese Auszeichnung natürlich auch ein Ansporn zur Fortsetzung einer auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Wirtschaftspolitik. Das günstige konjunkturelle Umfeld bietet hierfür die besten Voraussetzungen.


Aber Sie wissen natürlich ebenso gut wie ich, dass die Politik zwar die Rahmenbedingungen setzen kann. Eine wesentlich größere Bedeutung kommt der unternehmerischen Initiative zu, die den Willen hat, Zukunft zu gestalten. Gerade in unseren nördlichen Bundesländern mit seinen bedeutenden Hansestädten war dieser Wille seit jeher vorhanden, und ich bin sicher, das wird auch in Zukunft so bleiben.


Trotz aller latenten Risiken haben wir daher gute Chancen gestärkt aus der Krise zu kommen, so dass wir mit verhaltenem Optimismus in die Zukunft blicken können. Das wünsche ich Ihnen und uns allen!




Internet: www.bundesbank.de


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Textzusammenstellung: © Ermasch - Presse - Service, Jürgen Heuer
Fotos: © EPS-Schäffler
Quelle: Deutsche Bundesbank

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