Alzheimer-Demenz

– Epidemiologie, Krankheitsbild und die Therapieoption Memantine



Dr. med. Jürgen Rieke - Ergebnisse der Anwendungsbeobachtung
PD Dr. Pasquale Calabrese - Memantine im klinischen Alltag
Prof. Dr. Alexander Kurz - Im Spannungsfeld zwischen Klinik und Praxis

Hintergrundinformation

In Deutschland leiden schätzungsweise 650.000 Menschen an einer Alzheimer-Demenz. Die Diagnose "Alzheimer" ist ein tiefer Einschnitt im Leben der Betroffenen. Nach einem schleichenden Beginn verschlechtern sich die kognitiven Leistungen allmählich immer stärker, so dass die Erkrankten ihr Leben kaum mehr alleine meistern können. Mit einer rechtzeitigen Diagnose und Therapie ist es möglich, diesen kognitiven Abbau zu verlangsamen. So kann die Alltagskompetenz länger erhalten und der Pflegeaufwand verringert werden. Als erste Substanz zur Therapie mittelschwerer bis schwerer Formen der Alzheimer-Demenz steht seit 2002 Memantine von Lundbeck zur Verfügung. Memantine ist ein NMDA-Rezeptorantagonist, der der gestörten Signalübertragung der Nervenzellen entgegenwirkt.

Eine wachsende Herausforderung Fast eine Million Demenzkranke leben in Deutschland. Mit rund zwei Dritteln aller Fälle ist die Alzheimer-Demenz die häufigste Form. Jährlich treten mehr als 200.000 Neuerkrankungen auf, davon 125.000 vom Alzheimer-Typ. Mit zunehmendem Alter steigt die Prävalenzrate steil an: Sind bei den 65- bis 69-Jährigen rund 1,2 Prozent von einer Demenz betroffen, so verdoppelt sich die Krankenziffer im Abstand von etwa fünf Altersjahren und liegt bei den über 90-Jährigen bei über 30 Prozent. Der bedeutendste Risikofaktor einer Demenz ist unbestritten das Lebensalter. Frauen sind aufgrund ihrer höheren Lebenserwartung häufiger betroffen. Bedingt durch die demographische Entwicklung nimmt der Anteil der alten Menschen und damit auch der Demenzerkrankungen in der Bevölkerung zu. Es wird geschätzt, dass sich die Zahl der Krankheitsfälle bis zum Jahre 2050 mehr als verdoppeln wird – eine wachsende Herausforderung für die Gesellschaft und das Gesundheitssystem.

Was bei der Alzheimer-Demenz passiert

Hauptursache der Demenz vom Alzheimer-Typ sind die für die Erkrankung typischen degenerativen Veränderungen in der Hirnrinde und in tiefer gelegenen Hirnstrukturen. Innerhalb und außerhalb der Nervenzellen finden sich pathologische Eiweißablagerungen (Neurofibrillenbündel und Amyloid Plaques), die sich teils über Jahrzehnte hinweg entwickelt haben. Diese Ablagerungen beeinträchtigen die Ausschüttung und Aufnahme der Überträgerstoffe (Neurotransmitter), die den Informationsaustausch zwischen den Nervenzellen steuern. Für höhere Hirnfunktionen wie Lernen und Erinnern spielt der Überträgerstoff Glutamat eine zentrale Rolle.

Glutamat ist der wichtigste exzitatorische Neurotransmitter im zentralen Nervensystem; man geht davon aus, dass es in mehr als 70 Prozent aller erregenden Nervenzellen des Gehirns wirksam ist. Glutamat bindet an den NMDA (N-Methyl-D-Aspartat)-Rezeptor, einen rezeptorassoziierten Ionenkanal. Dieser Kanal ist im Ruhezustand durch Magnesium blockiert. Bei eingehenden Signalen wird verstärkt Glutamat ausgeschüttet, das das Magnesium verdrängt und den Kanal öffnet, so dass Kalzium-Ionen einströmen können. Bei der Alzheimer-Demenz ist die Konzentration des Glutamats im synaptischen Spalt dauerhaft erhöht. Der Rezeptor bleibt aktiviert, und Kalzium-Ionen strömen kontinuierlich in die Zelle. So entsteht ein erhöhtes "Grundrauschen", in dem neu eingehende Signale nicht mehr wahrgenommen werden.

Als Folge dieser Dauerreizung werden die Nervenzellen geschädigt und sterben schließlich ab. Das macht sich in erster Linie durch Gedächtnisstörungen bemerkbar, zudem nimmt das Denk- und Urteilsvermögen ab. Die Betroffenen können selbst einfachste Alltagstätigkeiten nicht mehr bewältigen. Ihre Körperfunktionen sind eingeschränkt. In fortgeschrittenen Stadien leiden sie an Angstzuständen, Verwirrtheit, Wutausbrüchen und Persönlichkeitsveränderungen bis hin zum Persönlichkeitsverlust – all das stellt eine enorme Belastung für ihre Angehörigen und das gesamte Umfeld dar.

Diagnose und Früherkennung von entscheidender Bedeutung
Je früher eine Alzheimer-Demenz erkannt wird, desto erfolgreicher kann das Fortschreiten durch eine zielgerichtete Therapie verzögert werden.

Realität in Deutschland ist aber, dass oft Jahre vergehen, bevor die Erkrankung festgestellt wird. Häufig werden Gedächtnisprobleme und Verhaltensauffälligkeiten nicht ernst genug genommen – so ist ein Großteil der Betroffenen bei der Diagnose bereits in einem fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung.

Innovative Therapie – auch in fortgeschrittenen Stadien
Als erste und bisher einzige weltweit zugelassene Substanz zur Therapie mittelschwerer bis schwerer Formen der Alzheimer-Demenz steht seit 2002 Memantine zur Verfügung. Als nicht-kompetitiver NMDA-Rezeptorantagonist wirkt Memantine der gestörten Signalübertragung im glutamatergen System entgegen. Indem der Wirkstoff Memantine an den NMDA-Rezeptor bindet, reduziert er den dauerhaften Einstrom von Kalzium-Ionen – das "Grundrauschen" nimmt ab. Trifft ein neues Signal ein, reicht die kurzfristig erhöhte Glutamat-Konzentration wieder aus, um den Rezeptor zu aktivieren; das Signal wird erkannt und kann gezielt weitergeleitet werden. Durch diesen einzigartigen Wirkmechanismus fördert Memantine die Funktion der Nervenzellen und wirkt entsprechend neuroprotektiv.

Wirksam auf mehreren Ebenen

Wie doppelblinde, plazebokontrollierte klinische Studien in Europa und den USA bestätigt haben, ist Memantine bei mittelschwerer bis schwerer Alzheimer-Demenz Plazebo in den drei Beurteilungskriterien Kognition, Alltagskompetenz und Klinischer Gesamteindruck signifikant überlegen. Der Verlauf der Alzheimer-Erkrankung wird durch Memantine günstig beeinflusst. Lern- und Gedächtnisdefizite werden verhindert und kognitive Leistungen verbessert.

Es hat sich gezeigt, dass Patienten, die mit Memantine behandelt wurden, Alltagstätigkeiten besser bewältigen und Gesprächen besser folgen können. Neben dem Gewinn an Lebensqualität ergeben sich daraus auch Vorteile für die Versorgung der Patienten: Wie neuere pharmakoökonomische Studien belegen, reduziert sich der Zeitaufwand für die Betreuung von Betroffenen um knapp 52 Stunden pro Monat, und der Zeitraum der Heimeinweisung kann deutlich verzögert werden. Memantine ist darüber hinaus sehr gut verträglich, gut kombinierbar und vor allem einfach und sicher in der Anwendung.

Ergebnisse einer großen Anwendungsbeobachtung unterstreichen die Wirksamkeit und Verträglichkeit von Memantine in der täglichen Praxis


Im Rahmen des diesjährigen DGPPN-Kongresses in Berlin wurden auf einer Pressekonferenz der Firma Lundbeck die Ergebnisse einer großen Anwendungsbeobachtung zu Memantine vorgestellt. In der Untersuchung wurden Wirksamkeit und Verträglichkeit des NMDA-Rezeptorantagonisten unter realen Praxisbedingungen bei einem für die Alzheimer-Demenz typischen heterogenen, multimorbiden Patientenkollektiv mehr als bestätigt. Memantine führte in allen Wirksamkeitsparametern zu einer Besserung der Symptomatik bei gleichzeitig sehr guter Verträglichkeit. Die Anwendungsbeobachtung stellt damit eine wertvolle und für den behandelnden Arzt praxisrelevante Ergänzung zu den Ergebnissen der plazebokontrollierten klinischen Studien dar.

Mit der alternden Gesellschaft nimmt auch der Anteil der Demenzen immer stärker zu. Vor diesem Hintergrund steigt die Notwendigkeit einer spezifischen und vor allem praxistauglichen Therapie. Der nicht-kompetitive NMDA-Rezeptorantagonist Memantine ist das erste und bisher einzige weltweit zugelassene Medikament zur Behandlung der mittelschweren bis schweren Alzheimer-Demenz und basiert auf der Regulierung der pathologisch veränderten glutamatergen Neurotransmission. Die Wirksamkeit von Memantine ist in verschiedenen doppelblinden, plazebokontrollierten Studien belegt. Alzheimer-Patienten in der täglichen Praxis sind jedoch nicht immer mit dem durch strikte Ein- und Ausschlusskriterien stark selektierten Patientenkollektiv klinischer Studien zu vergleichen. Insofern war es das Ziel dieser offenen, multizentrischen Anwendungsbeobachtung (AWB), die Wirksamkeit des NMDA-Rezeptorantagonisten Memantine im Praxisalltag unter naturalistischen Bedingungen zu untersuchen.

AWB spiegelt heterogenes Patientenkollektiv in der täglichen Praxis wider
Insgesamt 1.845 Patienten aus v. a. niedergelassenen allgemeinmedizinischen und neurologisch-psychiatrischen Praxen wurden im Rahmen der AWB über sechs Monate mit 20 mg/Tag Memantine behandelt. Neben der Alzheimer-Demenz wurde bei 74,4 Prozent mindestens eine weitere Begleiterkrankung dokumentiert, dementsprechend lag bei über 60 Prozent der Patienten eine Co-Medikation vor (v. a. Antihypertensiva, Antidiabetika, Antidepressiva, Neuroleptika). Von den anfangs erhobenen Patientendaten konnten 1.580 für die Wirksamkeitsanalyse ausgewertet werden. Nur 60 Patienten (3,3 Prozent) brachen die Behandlung wegen mangelnder Wirksamkeit ab.

Wirksamkeit und Verträglichkeit von Memantine im Praxisalltag mehr als bestätigt
Wirksamkeit und Verträglichkeit wurden sowohl mittels kognitiver Skalen (Mini-Mental-Status-Test, MMST) als auch anhand der ärztlichen Gesamteinschätzung (CGI) untersucht.

Als qualitätssichernde Maßnahme wurde neben einem klinischen Beobachtungsbogen (Nurses Observation Scale for Geriatric Patients, NOSGER) auch ein syndromorientiertes Selbst- und Fremdeinschätzungsverfahren (Explorationsmodul Demenz, EMD) vor und nach dem Beobachtungszeitraum eingesetzt. "Die Ergebnisse der AWB zeigen eindeutig, dass Memantine in allen Wirksamkeitsparametern zu einer Besserung der Symptomatik führte – bei gleichbleibend guter Verträglichkeit", so PD Dr. Pasquale Calabrese von der Ruhr-Universität Bochum auf der Pressekonferenz. Der MMST verbesserte sich signifikant nach sechs Monaten um 2,5 +/- 4,5 Punkte. Beim NOSGER konnte in allen sechs Dimensionen nach drei und sechs Monaten eine Verbesserung zum Ausgangswert beobachtet werden.

Die gute Verträglichkeit von Memantine stellt sich auch in der Globalbeurteilung durch den behandelnden Arzt dar: Bei 63 Prozent der Patienten wurde sie als sehr gut und bei 30 Prozent als gut bewertet. Dies ist umso entscheidender, da gerade die Verträglichkeit einer antidementiven Therapie im Hinblick auf die Co-Morbidität und -Medikation für die Patienten besonders wichtig ist. Durch die Auswertung der Daten wird das heterogene Patientenkollektiv mit den häufigsten Co-Morbiditäten optimal erfasst und die alltägliche Realität in den niedergelassenen Praxen reflektiert.
"Zusammengenommen konnten wir anhand der vorliegenden AWB-Daten zeigen, dass durch die Gabe von Memantine positive Effekte auf die Kognition und die Alltagsfähigkeit zu erreichen sind, was auch in der Globalbeurteilung durch die Ärzte noch einmal bestätigt wurde", so Calabrese.


Herausgeber: Verlag für Didaktik in der Medizin GmbH, Michelstadt


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Quelle: GCI Healthcare

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Layout und Gestaltung: Andreas Schefisch 05.05.2009