"Die Sehnsucht nach einem Leben ohne Leiden -
Ein Recht auf Nicht-Leiden?"

(Auszug aus einer Arbeit von Prof. Dr. Dietmar Mieth)

 

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"Die von mir hier aufgeworfenen Fragen haben alle etwas mit dem Thema zu tun, das ich hier vorstellen möchte, mit der "Sehnsucht nach einem Leben ohne Leiden", eine Sehnsucht, die wir alle teilen, die sich freilich in unterschiedlichen geschichtlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen anders ausdrückt und die als biomedizinisches Paradigma ein besonderes Profil aufweist, mit dem wir uns ebenso auseinandersetzen müssen, wie z.B. mit der Formel "Ethos des Heilens". Diese kennzeichnet ja auch einen dynamischen biomedizinischen Konsens, kann aber auch zur Falle werden, wenn damit nichts anderes als die Formel "der Zweck heiligt die Mittel" beschönigt werden soll. Dabei ist die Zeck-Mittel-Relation nicht einmal real, weil die Erreichbarkeit des Zweckes ungewiss, der Gebrauch ethisch bedenklicher Mittel aber gewiss ist. Als jemand, der sich öfter mit Fragen der Sprachpolitik in der Biomedizin auseinandergesetzt hat, sind mir die Methoden der sprachlichen Akzeptanzbeschaffung sehr vertraut. Diesem Verdacht setzt sich der gezielte Gebrauch der Formel "Ethos des Heilens" aus.


Ist eine Formel wie "das Recht, nicht unnötig zu leiden", welche im Europarat entstanden ist, von ähnlicher Bedeutung? Ist gut und richtig, was Leiden verhindert, oder, wie der evangelische Theologe Trutz Rendtorff einmal gesagt hat, was Krankheiten vermeidet? Dies scheint auf den ersten Blick dann plausibel, wenn man den Vorbehalt macht, dass die Mittel zu diesem Ziel ethisch den gleichen Kriterien zu unterwerfen sind wie das Ziel selbst. Aber ob dieses gelingen kann, wenn das Paradigma einmal etabliert ist, muss ebenso in Frage gestellt werden wie gefragt werden muss, was denn die Qualifizierung des Leidens als "unnötig" oder "unnütz" meint. Dies ist jedoch bisher nicht thematisiert worden, weil damit die große Frage nach dem Sinn des Leidens aus dem Hintergrund auftaucht und weil diese Frage noch einmal ein neues Profil dadurch erhält, dass sie lebenspraktisch auf das Individuum bezogen ist. Denn Leid ist ein Begriff, der in gewisser Weise alle umfasst und für alle gleich ist, der aber zugleich für viele, möglicherweise für alle individuell verschieden sein kann. Deshalb ist es schwer, dem Leid begrifflich und vorstellungsmäßig "gerecht" zu werden. Mit "Gerechtigkeit" meine ich hier, Gleiches gleich und Ungleiches ungleich zu sehen und zu behandeln."


Professor Dr. Dietmar Mieth wird beim Kleinwuchsforum einen Vortrag zum Thema "Was ist Leid?" halten, der anschließend in einer Podiumsdiskussion mit Betroffenen und Interessierten besprochen und diskutiert werden wird.


Professor Mieth ist Professor für Theologische Ethik unter besonderer Berücksichtigung der Gesellschaftswissenschaften an der Eberhardt-Karls-Universität am Interfakultären Zentrum für Ethik der Wissenschaften in Tübingen und ist Mitglied der Bioethik-Kommission der Deutschen Bischofskonferenz.






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