Schlafqualität und Arbeitsfähigkeit - neue Daten zur Optimierung der Rückenschmerztherapie Priv. Doz. Dr. med. Michael A. Überall
|
|
Rückenschmerzen sind nach den Atemwegserkrankungen die zweithäufigste
Ursache für einen Arztbesuch und gehören in Deutschland zu den häufigsten
Ursachen lang anhaltender Arbeitsunfähigkeit und vorzeitiger Berentung. So
kehren nach einer Arbeitsunfähigkeit von drei Monaten binnen zwei Jahren nur
35% aller Rückenschmerzpatienten wieder an ihren Arbeitsplatz zurück.
Bei der überwiegenden Mehrheit der unter Rückenschmerzen leidenden
Patienten (rund 80 - 90%) sind funktionelle, neuro-muskuläre Störungen Ursache
der Beschwerden, die mit einem erhöhten Ruhe- und Belastungstonus der
betroffenen Muskulatur einhergehen. Da sich diese Störungen den traditionellen
apparativen Verfahren der bildgebenden Differenzialdiagnostik entziehen,
wurden sie lange Zeit fälschlicherweise als sogenannte unspezifische
Rückenschmerzen fehlklassifiziert und nicht selten auch fehlbehandelt.
Das verspannungslösende (muskeltonusnormalisierende) Analgetikum Flupirtin, ein selektiver neuronaler Kaliumkanalöffner (SNEPCO), gehört heute zu den bevorzugten pharmakologischen Ansätzen für eine rationale Behandlung schmerzhafter muskulärer Dysfunktionen / Dysbalancen und stellt eine therapeutisch wertvolle Option für die Erst- und Folgebehandlung akuter wie subakuter und chronischer Rückenschmerzen muskulärer Genese dar. So zeigte Flupirtin (3x100mg/Tag) in einer kürzlich publizierten aktiv im Vergleich mit Tramadol (3x50mg/Tag) kontrollierten multizentrischen Doppelblindstudie bei Patienten mit subakuten Rückenschmerzen bereits nach einer einwöchigen Therapie eine dem aktiven Komparator vergleichbare, statistisch hochsignifikante und klinisch relevante Schmerzlinderung, bei signifikant besserer Verträglichkeit (Li, C. et al. Curr Med Res Opin 2008;24(12):3523-3530). Ein bei subakuten und chronischen Schmerzen weitgehend vernachlässigtes Problem stellen Schlafstörungen dar, die therapeutisch sowohl hinsichtlich ihrer Häufigkeit als auch bezüglich ihrer Einflussnahme auf den Krankheits- und Genesungsprozess bislang nur unzureichend adressiert werden. So schlafen etwa zwei Drittel der Patienten mit subakuten / chronischen Schmerzen verzögert ein, beklagen in hohem Maße nächtliche Wachphasen, einen stark fragmentierten Schlaf, eine reduzierte Schlafeffizienz und einen gestörten Schlafzyklus. Für die Betroffenen sind die Folgen schwerwiegend mit direkten und indirekten Folgen für den Genesungsprozess: fehlende Erholungsphasen in der Nacht, erhöhte Tagesmüdigkeit und zunehmende Erschöpfung. Bisher gibt es nur wenig Untersuchungen zur Objektivierung schmerzbedingter Schlafstörungen und deren Konsequenz auf die Tagesmüdigkeit der betroffenen Patienten. Im Rahmen einer Pilotstudie wurde an drei schmerztherapeutischen Schwerpunkteinrichtungen in Deutschland (Chemnitz, Göppingen und Nürnberg) der Behandlungsverlauf von Patienten mit subakuten / chronischen Schmerzen des Haltungs- und Bewegungssystems über einen Zeitraum von vier Wochen begleitet und unter Verwendung standardisierter Fragebögen sowie spezieller Mikrocomputersysteme zur Registrierung bioelektrischer Hirnstromkurven im häuslichen Bereich hinsichtlich ihres Schlafverhaltens evaluiert. Insgesamt wurden 32 Patienten analysiert, von denen 23 (71,9%) unter Rückenschmerzen, acht (25%) unter Schulter- / Nackenschmerzen und ein Patient unter Prellungsschmerzen nach einem Unfall litten. Fünfundzwanzig Patienten (78,1%) erhielten zum Zeitpunkt der ersten Evaluation bereits eine konventionelle Therapie mit entzündungshemmenden Analgetika, die sich jedoch in keinem Fall als therapeutisch ausreichend erwies und Anlass für den Einsatz einer muskeltonus-normalisierenden Therapie mit Flupirtin retard war. Unter dieser Therapie zeigten 26 Patienten (81,3%) bereits innerhalb der ersten Behandlungswoche eine signifikante und klinisch relevante Schmerzlinderung (wohingegen sich bei sechs Patienten keine nennenswerten Änderungen zeigten). Dies ging mit einer deutlichen Normalisierung der Schlafqualität (Verkürzung der Einschlafdauer, Verbesserung der Schlafeffizienz, Rückgang schmerzhafter Bewegungsstörungen und begleitender Arousalreaktionen, Zunahme der Tiefschlafanteile S3 und S4 auf Kosten der Leichtschlafphasen S1) sowie einer signifikanten Reduktion der Tagesmüdigkeit einher (wohingegen die sechs Patienten ohne signifikante Schmerzlinderung unveränderte, tendenziell sogar zunehmend schlechtere Werte bezüglich Schlafqualität und Tagesmüdigkeit dokumentierten). Insgesamt gingen Schmerzreduktion und Schlafnormalisierung bei den Respondern auf Flupirtin retard Hand-in-Hand und es gelang nachzuweisen, dass die mitunter von Patienten unter Flupirtin berichtete "Müdigkeit" primär Ausdruck einer sich langsam wieder normalisierenden Schlafarchitektur und entsprechenden Nachholphänomenen ist. Für Sie entdeckt und zusammengestellt durch EPS-Schäffler / Körner / Jürgen SteinbachTextzusammenstellung: © Ermasch - Presse - Service, Schäffler |